Bundesministerium für Justiz
Museumstraße 7
1070 Wien
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2021-0.723.419SV-GSt Monika
Weißensteiner
DW 12408 DW 12695 11.11.2021
Bundesgesetz, mit dem ein Sterbeverfügungsgesetz erlassen und das
Suchtmittelgesetz sowie das Strafgesetzbuch geändert werden
Die Bundesarbeitskammer (BAK) bedankt sich für die Übermittlung des Entwurfs eines
Bundesgesetzes, mit dem ein Sterbeverfügungsgesetz erlassen und das Suchtmittelgesetz
sowie das Strafgesetzbuch geändert werden soll. Die BAK erstattet dazu folgende
Stellungnahme:
Einleitend muss die sehr kurze Begutachtungsfrist von nur drei Wochen kritisiert werden, dies
insbesondere im Hinblick auf den sehr sensiblen Regelungsgegenstand der Straffreistellung
der Suizidassistenz und vor dem Hintergrund, dass die Erforderlichkeit einer Neuregelung seit
dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom Dezember 2020 bekannt war. Eine
gründliche Auseinandersetzung mit den sich stellenden verfassungsrechtlichen und
strafrechtlichen Fragen, aber auch arbeitsrechtlichen, medizinischen und pflegepolitischen
sowie verfahrensrechtlichen Themen ist in dieser Zeit kaum möglich. Bei dem im Vorfeld vom
Justizministerium durchgeführten Dialogforum war keinesfalls eine umfassende Beteiligung
gewährleistet.
Der vorliegende Entwurf soll das Erkenntnis des VfGH (G 139/2019 vom 11.12.2020), in dem
der Gerichtshof aus Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG das Recht auf freie Selbstbestimmung
in Bezug auf die Gestaltung des Lebens und die Entscheidung über (den Zeitpunkt für) ein
menschenwürdiges Sterben abgeleitet hat, umsetzen. Laut VfGH geht es bei der
verfassungsrechtlichen Beurteilung des § 78 2. Tatbestand StGB nicht um eine Abwägung
zwischen dem Schutz des Lebens des Suizidwilligen und dessen Selbstbestimmungsrecht.
Steht unzweifelhaft fest, dass die Selbsttötung auf einer freien Selbstbestimmung beruht, so
ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Hilfe eines Dritten bei der Selbsttötung zuzulassen.