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Zunächst ist festzuhalten, dass auch wenn das voraussichtliche Guthaben aufgrund der
Vorschaurechnung (Basis-Szenario) nicht € 870 Mio sondern € 845,8 Mio betragen wird, die
gesetzlich festgelegten Kennzahlen für eine Zuschlagssenkung vorliegen.
Die Reduzierung des IESG-Zuschlages erfolgt allerdings zu einem denkbar ungeeigneten
Zeitpunkt.
Die wirtschaftliche Entwicklung ist in Zeiten der Pandemie noch volatiler als sonst und ist
gerade für 2022 und 2023 kaum einschätzbar. Die zahlreichen Förderungen für Unternehmen,
verbunden mit Kurzarbeit, haben bisher eine Pleitewelle verhindert. Ob diese Förderungen
aber längerfristig wirksam sind oder in welchem Ausmaß dadurch strukturelle Schwächen
verdeckt werden und so Pleiten nur aufgeschoben wurden, kann bis dato niemand
einschätzen.
Die Omikron-Variante des Corona-Virus hat die Prognosen weiter erschwert.
Im Hinblick auf die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist seit 2006 ein
Absinken der Zahlen bemerkbar. Großinsolvenzen bzw die Finanzkrise 2009 und 2010 haben
die Zahlen der Betroffenen punktuell stark in die Höhe getrieben. Die Ausgaben des IEF sind
starken, unvorhersehbaren Schwankungen unterworfen.
Seit 2007 wurden die IESG-Beitragssätze regelmäßig gesenkt: von 0,7 % im Jahr 2007 auf
0,2 % im Jahr 2020.
Die niedrigen Antragstellerzahlen 2021 sind das Ergebnis einer außergewöhnlichen
Entwicklung, die insbesondere auf die schon erwähnten pandemiebedingten Förderungen
zurückzu- führen ist. Es erscheint unwahrscheinlich, dass diese niedrigen Zahlen erhalten
bleiben. Auch die IEF-Vorschaurechnung geht von einem Anstieg auf das „Vor-Pandemie-
Niveau“ aus.
Schon jetzt ist ein Ansteigen der Eröffnungen feststellbar: Alleine in Wien konnten im
November 2021 187 Insolvenztatbestände gemäß IESG erfasst werden. Das sind um 28 Fälle
mehr als im November 2019. Auch die Anzahl der von einer Insolvenz betroffenen Be-
schäftigten, also die Firmengröße scheint zu steigen. Im November gab es neben einer
Vielzahl an kleineren Betrieben 2 Betriebe mit mehr als 100 und 3 Betriebe mit über 50 Be-
schäftigten.
Eine Studie von EcoAustria betrachtet die Eigenkapitalentwicklung der österreichischen
Unternehmen. EcoAustria prognostiziert für 2022 eine Steigerung der Unternehmen mit
negativem Eigenkapital um 13,1 % und 2023 um weitere 18,6 %.
Nicht nur das Auslaufen oder die Reduktion von betrieblichen Förderungen, sondern die an
sich noch immer unkalkulierbaren Rahmenbedingungen werden die Unternehmen vor immer
größere Herausforderungen stellen. Gerade seriöse, größere Unternehmen werden auch den
Weg in die Insolvenz über Eigenantrag in Betracht ziehen müssen.