5.2. Die umweltrelevanten Bestimmungen des StGB
Grundsätzlich soll sich nämlich das Justizstrafrecht auf die Ahn-
dung solcher Verhaltensweisen beschränken, die das Zusammenleben
in der Gesellschaft so schwer stören, daß die strengere (und verfah-
rensaufwendigere) Verfolgung im Strafprozeß angemessen ist; eine
gerichtliche Strafwürdigkeit wird also nur dort angenommen, wo sie
erforderlich ist, um den besonderen Unrechtsgehalt der Tat auszu-
drücken oder um erhöhte generalpräventive Wirkung zu erzielen.
Unter dem Titel der Entkriminalisierung erfolgte daher im Rahmen
der Strafrechtsreform 1974 die Verweisung zahlreicher Bagatellde-
likte in das Verwaltungs strafrecht. Andererseits erwies es sich freilich
auch notwendig, im Hinblick auf die geänderten "organisatorischen,
technischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge der Gegenwart"
(ErläutRV 30 Blg. NR 13. GP) auch schwerwiegende Verstöße gegen
die fOr verschiedene Lebensbereiche geltenden Sicherheits- und Ord-
nungsvorschriften neu mit Strafe zu bedrohen.
Straf tatbeStände stehen oft in einem akzessorischen Verhältnis zu
außerstrafrechtlichen Vorschriften (insb. des Verwaltungsrechts),
welche die rechtliche Ordnung verschiedener Lebensbereiche besor-
gen. In diesem Sinne Oberläßt auch das Umweltstrafrecht alle Einzel-
heiten der Regelung umweltrelevanter Vorgänge und Sachverhalte
den besonderen Umweltschutzgesetzen; darunter fällt auch die Ent-
scheidung darüber, in welchem Umfang Umweltbelastungen als "so~
ziales Risiko" von der Gesellschaft in Kauf genommen werden mUs~
sen. Im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung kann daher das
Strafgesetz keine Strafbarkeit normieren, wenn umweltbelastende
Verhaltensweisen nach anderen Vorschriften erlaubt oder (z. B.
durch Verleihung einer Berechtigung) genehmigt sind.
Das Österr. StGB 1974 enthält besondere Umwelts traf tatbestände
im Abschnitt uber "gemeingefährliche strafbare Handlungen". Im
Vordergrund stehen die §§ 180, 181 zur Ahndung von Verunreini-
gungen der Gewässer und der Luft. Ergänzend kommen auch noch
die Bestimmungen betreffend die Gefährdung durch Kernenergie
oder ionisierende Strahlen (§§ 171, 172), die (allgemeine) Gemeinge~
fährdung (§§ 176, 177), die Gefährdung von Menschen durch uber-
tragbare Krankheiten (§§ 178, 179) und die Gefährdung des Tier-
und Pflanzenbestandes (§§ 182, 183) als Umweltdelikte in Betracht.
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