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und Westbahnhof die 1.200 zukünftigen BZW-MitarbeiterInnen ausgewählt wurden
(Post Geschäftsbericht 2002:55). Dies bestand unter anderem aus dem Einsatz eines
spezielles Computerprogramms, mit dem die Fähigkeiten der KandidatInnen getestet
wurden. Das Ergebnis war allerdings, dass MitarbeiterInnen mit Erfahrung im Umgang
mit Computern ausgewählt wurden, während Beschäftigte mit langjähriger Betriebs-
erfahrung aber schlechten Computer-Kenntnissen unberücksichtigt blieben. Wie ein
Personalvertreter berichtet:
„Die Heidi [Name geändert, C.H.], meine Sekretärin, hat drüben einige Damen zu
sich geholt, und hat ihnen ein paar Spiele am Computer gezeigt, damit sie die
Scheu vor der Maus verlieren. ... Das ganze Auswahlverfahren war völlig unnötig.
Das waren Postler mit 20 Jahren Betriebserfahrung. Die haben ein wahnsinniges
Know-how. ... Hier heraußen haben wir dann drei bis vier Monate gebraucht, um
sie wieder an ihren früheren Platz zurück zu bringen.“ (Interview 8)
Ein anderes Beispiel:
„Wir hatten einen Werkstattmeister... der den Gruppenleitertest nicht bestanden
hat und dann in eine Abteilung gesteckt wurde, um Briefe zu sortieren. Der hat
früher [am Westbahnhof] das Be- und Entladen der LKWs organisiert. Nach einem
halben Jahr haben sie ihn angefleht, er möge rauskommen und ihnen das Be- und
Entladen organisieren.“ (Interview 8)
Die massiven Probleme, die bei der Inbetriebnahme des BZW auftraten, sind deshalb
nach Ansicht der Personalvertretung nicht zufällig entstanden. Das Management habe
geglaubt, auf viele Jahre Erfahrung und betriebliches Know-how verzichten zu können
und hätte damit einen beinharten Schiffbruch erlitten. Diese Vorgangsweise steht
übrigens im krassen Widerspruch zur Eigendarstellung der Post, wo unter anderem
festgestellt wird, dass das „Human Capital“ für die Zukunft des Unternehmens nicht
verkannt werden dürfe.
„Sowohl der wirtschaftliche Erfolg als auch der überwirtschaftliche Wert der Ös-
terreichischen Post AG wird letztlich durch das tägliche Handeln der Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter bestimmt.“ (Post Geschäftsbericht 2002:9)
Jene MitarbeiterInnen, die durch die Umstrukturierungen ihren Arbeitsplatz verlieren,
werden in der „post.jobline GmbH“ zwischengeparkt. Dabei handelt es sich um eine Art
postinterne Personalreserve. Bevor eine neue MitarbeiterIn aufgenommen wird, muss
zuerst bei der „jobline“ nachgefragt werden, ob sich dort jemand für diese Stelle
interessiert. Aufgrund eines unternehmensweiten Versetzungsschutzes konnten Post-
MitarbeiterInnen bis vor kurzem nur freiwillig versetzt werden (eine Änderung des
Versetzungsschutzes durch den Gesetzgeber wurde bereits mehrfach in Aussicht
gestellt). MitarbeiterInnen in der „jobline“ sind verpflichtet einen regulären Dienst zu
verrichten, ohne wirklich eine Aufgabe zu erfüllen. Das kann ziemlich frustrierend sein.
Dazu kommen nach Angaben der Personalvertretung zum Teil erhebliche
Einkommensverluste durch den Wegfall von Zulagen (Interview 8).
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