13 infobrief eu & international Ausgabe 2 | Mai 2015
wien.arbeiterkammer.at
Faires Lobbying durch ein neues Transparenzregister?
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Das neue Transparenz
register sorgt
derzeit nur für wenig
Transparenz.
den Interessen- und Lobbyingorga-
nisationen Zeit gegeben, ihre Eintra-
gungen zu aktualisieren. Die meisten
Organisationen sind dem nachge-
kommen. Mehr als 1.000 Lobbying-
Firmen haben es jedoch offensicht-
lich vorgezogen aus dem Register
auszuscheiden, anstatt genauere
Angaben über ihre Aktivitäten zu
machen. Waren gegen Ende April
noch fast 8.500 Organisationen im
Register enthalten, sind es nunmehr
nur noch rund 7.200.
Leider sind jedoch auch bei den Orga-
nisationen, die ihre Angaben erneuert
haben, Informationen ungenau be-
ziehungsweise gar nicht angegeben.
Insbesondere betreffend den Einträ-
gen zu Mitgliedschaften bei Sachver-
ständigen- und ExpertInnengremien
der Kommission dürfte es, egal ob
es sich um Unternehmens-, Arbeit-
nehmerInnen- oder Nichtregierungs-
Organisationen handelt, einigen Ver-
besserungsbedarf geben. Zwar gehen
einige Organisationen mit positivem
Beispiel voran und geben an, in wel-
chen Gremien der EU-Kommission sie
sitzen. So beispielsweise UNI Euro-
pa, ein Europäischer Gewerkschafts-
verband im Dienstleistungssektor (in
zwei ExpertInnengruppen vertreten),
der landwirtschaftliche Europäische
Dachverband COPA (in 37 Kommis-
sionsgruppen) oder EUROCOMMER-
CE, ein europäischer Dachverband
für den Handel (in 27 Kommissions-
gremien). Weniger konkret ist es bei
BUSINESSEUROPE (die Vereinigung
der Industriellen auf EU-Ebene), die
lediglich auf eine Seite der Kommissi-
on5 verweist. Erst eine aufwändigere
Recherche ergibt, dass BUSINESS-
EUROPE derzeit offenbar in 46 Gre-
mien vertreten ist.
Zahlreiche europäische wie nationale
Verbände geben an, in keinen Bera-
tungsgruppen vertreten zu sein. Eine
Recherche im ExpertInnenregister
der Kommission6 zeigt aber rasch,
dass dem nicht so ist. Viele geben
auch an, weniger als 10.000 Euro
im Jahr für ihre Lobbying-Aktivitäten
einzusetzen, obwohl sie etliche Per-
sonen dafür beschäftigen und über
ein Büro in Brüssel verfügen. Des
Weiteren behaupten viele der einge-
tragenen Organisationen nur an zwei
oder drei konkreten Initiativen der
Kommission interessiert und aktiv zu
sein. Geht man aber auf die Home-
page dieser Verbände, sind Berichte
und Positionen zu zahlreichen aktu-
ellen EU-Themen zu finden, auch hier
sind damit Zweifel angebracht.
Transparenzregister ist weiter-
hin eine große Baustelle n Zusam-
menfassend ist also festzustellen,
dass das neue Transparenzregister
derzeit noch eine einzige Baustelle
ist: Viele Angaben sind mangelhaft.
Verantwortlich dafür sind zu einem
großen Teil die registrierten Organi-
sationen, die die geforderten Infor-
mationen vorenthalten. Eine Beur-
teilung darüber, ob beispielsweise
ExpertInnengremien der Kommission
ausgewogen bzw fair besetzt sind,
ist daher mangels Daten bislang nur
zu erahnen und in konkreten Einzel-
fällen zu belegen.
Trotz punktueller Verbesserungen
bleiben beim überarbeiteten Trans-
parenzregister noch wesentliche
Lücken bestehen. Vor allem die Tat-
sache, dass es sich um ein Register
handelt, das man auf freiwilliger Ba-
sis ausfüllen kann, ist eine enorme
Schwäche. Zwar sind nun rund 7.200
Organisationen im Transparenzre-
gister eingetragen, grundsätzlich ist
es aber beispielsweise nach wie vor
möglich, Termine mit EU-Abgeordne-
ten wahrzunehmen, auch wenn man
nicht im Register erfasst ist. Ziel
muss es sein, ein verpflichtendes
Transparenzregister zu schaffen, bei
dem die Einträge von der Kommissi-
on regelmäßig überprüft werden. Zu
einem solchen Register bekennt sich
seit kurzem auch die Kommission.
Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker will bis Ende des Jahres ei-
nen entsprechenden Vorschlag ver-
öffentlichen, der neben der Kommis-
sion und dem EU-Parlament auch
den Rat umfassen soll.
Die Kommission wird auch eine Lö-
sung dafür finden müssen, lückenlos
darzustellen, wie sie zu ihren Legisla-
tivvorschlägen gekommen ist. Denn
aus heutiger Sicht ist offensichtlich:
Bei Themen wie beispielsweise dem
CETA- und dem TTIP-Handelsabkom-
men, dem EU-Kaufrecht oder dem
„Bürokratieabbau“-Programm REFIT
hat sich die Kommission offenbar
nur an den Wünschen der Wirtschaft
orientiert. Forderungen von Arbeit-
nehmerInnen- oder KonsumentIn-
nenorganisationen sowie der Zivilge-
sellschaft wurden schlicht negiert.
Frank Ey n AK Wien
frank.ey@akwien.at
1) Amtsblatt der Europäischen Gemein-
schaften, Nr. C 63/2 vom 5.3.1993
2) ALTER-EU, http://www.alter-eu.
org/what-is-the-problem.
3) https://www.tagesschau.de/
wirtschaft/ttip-127.html
4) http://ec.europa.eu/transparencyregister/
public/homePage.do?redir=false&locale=de
5) http://ec.europa.eu/transpa-
rency/regexpert/index.cfm
6) http://ec.europa.eu/transpa-
rency/regexpert/index.cfm