33 infobrief eu & international Ausgabe 3 | Juni 2016
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zu unterbinden, insbesondere durch
die Entwicklung regionaler Zertifi-
zierungssysteme sowie die Formu-
lierung von Gesetzesvorlagen. Im
Rahmen dieser Initiative wurde ein
Zertifizierungsmechanismus entwi-
ckelt. Dieser umfasst u.a. die Aus-
stellung von Zertifizierungen für Roh-
stoffe, die Prüfung der Minen durch
nationale Behörden und die Nach-
vollziehbarkeit der Lieferkette in den
Mitgliedsländern. Die Umsetzung der
Zertifizierung sowie von anderen Re-
formen im Bergbausektor in der DRC
geht jedoch nur sehr langsam vor-
an. Gründe dafür sind u.a. fehlende
staatliche Kompetenzen und Struk-
turen, unzureichende finanzielle Mit-
tel, die prekäre Sicherheitslage, z.T.
nicht adäquate Gesetzesgrundlagen
sowie Interessenkonflikte zwischen
einflussreichen Akteuren.
Konfliktmineraliengesetzgebung
in den USA n Eine Vorreiterrolle
Rohstoffsektor: EU-Verordnung zu Konfliktmineralien
zur Umsetzung der OECD-Leitlinien
spielten die USA. 2012 trat Artikel
1502 des Dodd-Frank Act in Kraft,
das börsennotierte Unternehmen
verpflichtet, jährlich zu ermitteln,
ob ihre Produkte „Konfliktminerali-
en“ enthalten. Als solche gelten laut
Gesetz derzeit Tantal, Zinn, Wolfram
und Gold aus der DRC und den Nach-
barländern. Unternehmen, deren
Produkte „Konfliktmineralien“ ent-
halten, müssen einen Bericht über
alle Maßnahmen vorlegen, die sie für
die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten
getroffen haben sowie eine Bestäti-
gung durch unabhängige Überprü-
fungen erbringen. Rund 80% der
Unternehmen machten in der zwei-
jährigen Übergangsfrist von der Be-
zeichnung „conflict undeterminable“
Gebrauch und haben bisher noch
keine Informationen veröffentlicht.
Eine Bewertung der vorhandenen
Berichte zeigt die zentrale Bedeu-
tung von Metallhütten (Schmelzen),
da diese den Knotenpunkt zwischen
unverarbeiteten Rohstoffen und ih-
rer Weiterverarbeitung bilden. Rund
um dieses Gesetz sind verschiedene
Industrieinitiativen entstanden, die
Rohstoffe vor Ort zertifizieren.
EU-Konfliktmineralienverord-
nung n Auf EU-Ebene haben Vor-
bereitungen für eine Verordnung zu
Konfliktmineralien 2014 begonnen.
Die EU importierte 2013 rund 16%
der weltweit gehandelten Menge von
Zinn, Tantal, Wolfram und Gold. Zu-
meist gelangen diese Mineralien
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Wissen
Der Begriff „Konfliktmineralien“
wurde durch den Krieg im Osten
der Demokratischen Republik
Kongo (DRC) geprägt, der zu
den blutigsten Kriegen seit dem
Zweiten Weltkrieg zählt.
Die DRC ist eines der rohstoffreichs-
ten Länder der Welt und blickt seit
der Kolonialisierung auf eine Ge-
schichte zurück, in der die Ausbeu-
tung von verschiedenen Rohstoffen
von zentraler Bedeutung ist. Nach
dem Ende des Kalten Krieges hatte
der Langzeit-Diktator Mobuto sei-
ne Bedeutung als Verbündeter des
Westens verloren und wurde 1997
nach dem ersten Kongokrieg vom
Oppositionsführer Laurent Kabila abge-
setzt. In den 1990er-Jahren war es im
Osten der DRC zunehmend zu Unruhen
und Konflikten gekommen, insbeson-
dere nach dem Genozid in Ruanda, als
über eine Million Menschen von Ruanda
in die DRC flohen. 1998 brach im Osten
der DRC der zweite Kongokrieg aus, in
den praktisch alle Nachbarländer invol-
viert waren und dessen Ursachen viel-
fältig und komplex sind.4
Nachdem dieser Krieg zu Beginn weit-
gehend abseits öffentlicher Aufmerk-
samkeit verlief, kam es Anfang der
2000er-Jahre zu einer zunehmenden
medialen Berichterstattung über die
Rolle von illegalen Rohstoffeinnahmen
bei der Finanzierung verschiedener
Konfliktparteien. Dies war vor allem
ein Ergebnis von Kampagnen von
Nichtregierungsorganisationen, die
eine Verbindung zwischen beliebten
Elektronikprodukten und dem Krieg
herstellten.5 Genau während der
Zeit des Krieges sind aufgrund des
Elektronik-Booms und spekulativer
Aktivitäten die Preise von bestimm-
ten Mineralien, die in dieser Region
vorkommen, insbesondere Tantal,
aber auch Wolfram, Zinn und Gold,
stark gestiegen6.6 Der Abbau dieser
Mineralien stellte auch eine wichti-
ge Einnahmequelle für unterschied-
liche Kriegsparteien dar. Auch wenn
der Krieg formal 2003 beendet wur-
de, ist die Region weiterhin von Un-
ruhen und Konflikten gekennzeich-
net.
Entstehung des
Begriffs „Konfliktmineralien“
In den letzten Jahren
ist das öffentliche
Bewusstsein für die
Verantwortung von
Unternehmen für die
Gestaltung ihrer
Lieferkette gestiegen.