seite 12 | infobrief eu & international 3/2020
kompromissorientiertere andere Richtung,
die national viel Spielraum lässt. Wir wagen
die These, dass aus progressiver Sicht eher
der Spielraum das Problem sein könnte, als
seine Einengung: Wenn etwa eine konserva-
tive Regierung ihre Flug- und Automobilbran-
che fördert, statt in den ökologischen Umbau
zu investieren, werden die EU-Mittel wohl
trotzdem fließen – zumindest dann, wenn
kosmetische Korrekturen wie eine e-An-
triebs-Mindestquote für Autobauer oder eine
Reduktion von Kurzstreckenflügen verlangt
wird. Und wenn eine neoliberale Regierung
fragwürdige Arbeitsmarktreformen (wie zB
degressives Arbeitslosengeld oder „Mobili-
tätsprämien“ bei gleichzeitig höherem Druck
Arbeit anzunehmen) einreicht, wird das
ebenso akzeptiert werden wie eine progres-
sive Ausweitung aktiver Arbeitsmarktpolitik.
Vieles wird also von den sogenannten Auf-
bau- und Resilienzplänen abhängen, die die
Mitgliedstaaten nun bei der Europäischen
Kommission vorlegen sollen. Progressive
Kräfte sollten die Programme daher nicht
als neoliberales Konstrukt ad acta legen,
sondern auf europäischer wie nationaler
Ebene aktiv für eine sozial-ökologische
Ausrichtung kämpfen und Vorschläge für
die konkrete Verwendung der hunderten zu-
sätzlichen Milliarden machen.
Wenig erfreuliches Ergebnis bei
Eu-Haushaltsrahmen 2021 – 2027
Statt 1.279 Mrd. Euro wie die Kommission
es noch im Mai 2018 vorgeschlagen hat,
einigte sich der Europäische Rat im Juli
2020 nun auf ein Volumen für den nächs-
ten siebenjährigen EU-Finanzrahmen von
rund 1.074 Mrd. Euro.2 Das entspricht einer
Mittelkürzung um mehr als 16 Prozent des
ursprünglichen Betrags. Ganz wesentlich ist
zudem die Frage, wofür die Fördermittel ein-
gesetzt werden:
Nur wenige fortschritte in der
sozial- und Beschäftigungspolitik
Bei den auf sozial- und beschäftigungspoli-
tische Ziele fokussierte Programme teilt sich
Freud und Leid:
Beim Europäischen Sozialfonds Plus, der
unter anderem die Bekämpfung von Ar-
beitslosigkeit und Armutsbekämpfung zum
Ziel hat, gibt es eine herbe Enttäuschung:
Laut Ratsbeschluss soll dieser auf nur mehr
87,3 Mrd. Euro statt ursprünglich vorgese-
hener 101 Mrd. Euro für die nächsten sieben
Jahren massiv gekürzt werden.3
Mit dem im EU-Konjunkturprogramm neu
geschaffenen Programm REACT-EU, wer-
den jedoch zusätzliche Mittel für Beschäfti-
gungsmaßnahmen für junge Menschen, zur
Schaffung von Arbeitsplätzen und Kurzar-
beitsregelungen zur Verfügung gestellt. In
Summe hat sich der Rat hier auf ein Mittel-
volumen von 47,5 Mrd. Euro geeinigt. Die
Mittel sollen aber auch für Selbständige und
für kleine sowie mittlere Unternehmen ver-
wendet werden. Letztlich werden die mit der
Durchführung des Programms zuständigen
Ministerien darüber entscheiden, welcher
Mittelumfang tatsächlich für Beschäfti-
gungsmaßnahmen verwendet werden wird
Ebenfalls neu ist der Just Transition Mecha-
nismus. Das Programm soll unter anderem
den Übergang zu Berufen mit niedrigen
Schadstoffemissionen wie CO2 fördern. Im
Unterschied zur Europäischen Kommission,
die ein Mittelvolumen von 40 Mrd. Euro
(insbesondere im Rahmen des Konjunktur-
pakets) vorgeschlagen hat, enttäuscht die
Einigung der Staats- und Regierungschefs:
Sie sehen nunmehr lediglich 17,5 Mrd. Euro
vor. Zumindest jedoch ein Etappenerfolg
ist, da zahlreiche Organisationen wie die
Arbeiterkammer bereits seit Jahren die
Es ist nun ent-
scheidend, dass
die Aufbau- und
Resilienzpläne
zielgerichtet
und insbeson-
dere für eine
Arbeitsmarkt-
offensive ver-
wendet werden.
Eu-Budget: Österreichische Bundesregierung legt fehlstart hin