Full text: Infobrief EU & International - Oktober 2020 (3)

seite 12 | infobrief eu & international 3/2020 kompromissorientiertere andere Richtung, die national viel Spielraum lässt. Wir wagen die These, dass aus progressiver Sicht eher der Spielraum das Problem sein könnte, als seine Einengung: Wenn etwa eine konserva- tive Regierung ihre Flug- und Automobilbran- che fördert, statt in den ökologischen Umbau zu investieren, werden die EU-Mittel wohl trotzdem fließen – zumindest dann, wenn kosmetische Korrekturen wie eine e-An- triebs-Mindestquote für Autobauer oder eine Reduktion von Kurzstreckenflügen verlangt wird. Und wenn eine neoliberale Regierung fragwürdige Arbeitsmarktreformen (wie zB degressives Arbeitslosengeld oder „Mobili- tätsprämien“ bei gleichzeitig höherem Druck Arbeit anzunehmen) einreicht, wird das ebenso akzeptiert werden wie eine progres- sive Ausweitung aktiver Arbeitsmarktpolitik. Vieles wird also von den sogenannten Auf- bau- und Resilienzplänen abhängen, die die Mitgliedstaaten nun bei der Europäischen Kommission vorlegen sollen. Progressive Kräfte sollten die Programme daher nicht als neoliberales Konstrukt ad acta legen, sondern auf europäischer wie nationaler Ebene aktiv für eine sozial-ökologische Ausrichtung kämpfen und Vorschläge für die konkrete Verwendung der hunderten zu- sätzlichen Milliarden machen. Wenig erfreuliches Ergebnis bei Eu-Haushaltsrahmen 2021 – 2027 Statt 1.279 Mrd. Euro wie die Kommission es noch im Mai 2018 vorgeschlagen hat, einigte sich der Europäische Rat im Juli 2020 nun auf ein Volumen für den nächs- ten siebenjährigen EU-Finanzrahmen von rund 1.074 Mrd. Euro.2 Das entspricht einer Mittelkürzung um mehr als 16 Prozent des ursprünglichen Betrags. Ganz wesentlich ist zudem die Frage, wofür die Fördermittel ein- gesetzt werden: Nur wenige fortschritte in der sozial- und Beschäftigungspolitik Bei den auf sozial- und beschäftigungspoli- tische Ziele fokussierte Programme teilt sich Freud und Leid: Beim Europäischen Sozialfonds Plus, der unter anderem die Bekämpfung von Ar- beitslosigkeit und Armutsbekämpfung zum Ziel hat, gibt es eine herbe Enttäuschung: Laut Ratsbeschluss soll dieser auf nur mehr 87,3 Mrd. Euro statt ursprünglich vorgese- hener 101 Mrd. Euro für die nächsten sieben Jahren massiv gekürzt werden.3 Mit dem im EU-Konjunkturprogramm neu geschaffenen Programm REACT-EU, wer- den jedoch zusätzliche Mittel für Beschäfti- gungsmaßnahmen für junge Menschen, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Kurzar- beitsregelungen zur Verfügung gestellt. In Summe hat sich der Rat hier auf ein Mittel- volumen von 47,5 Mrd. Euro geeinigt. Die Mittel sollen aber auch für Selbständige und für kleine sowie mittlere Unternehmen ver- wendet werden. Letztlich werden die mit der Durchführung des Programms zuständigen Ministerien darüber entscheiden, welcher Mittelumfang tatsächlich für Beschäfti- gungsmaßnahmen verwendet werden wird Ebenfalls neu ist der Just Transition Mecha- nismus. Das Programm soll unter anderem den Übergang zu Berufen mit niedrigen Schadstoffemissionen wie CO2 fördern. Im Unterschied zur Europäischen Kommission, die ein Mittelvolumen von 40 Mrd. Euro (insbesondere im Rahmen des Konjunktur- pakets) vorgeschlagen hat, enttäuscht die Einigung der Staats- und Regierungschefs: Sie sehen nunmehr lediglich 17,5 Mrd. Euro vor. Zumindest jedoch ein Etappenerfolg ist, da zahlreiche Organisationen wie die Arbeiterkammer bereits seit Jahren die Es ist nun ent- scheidend, dass die Aufbau- und Resilienzpläne zielgerichtet und insbeson- dere für eine Arbeitsmarkt- offensive ver- wendet werden. Eu-Budget: Österreichische Bundesregierung legt fehlstart hin
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