seite 33 | infobrief eu & international 3/2020
sozial nachhaltigen Wirtschaft und Gesell-
schaft zu steuern. Auch brauchen Beschäf-
tigte, ihre Familien und ganze Regionen
in diesem Prozess neue Perspektiven und
Einkommensmöglichkeiten. Diese müssen
geschaffen und aktiv gestaltet werden. Die
Politik ist hier eindeutig in der Verantwor-
tung und darf sie gerade in dieser drängen-
den Situation nicht auf eine „unsichtbare
Hand“ des Marktes abschieben.
Abseits dessen stellt sich auch die Frage
der Verteilung. Personen mit niedrigeren
Einkommen sind den Auswirkungen des
Klimawandels, zum Beispiel über die Zu-
nahme an Hitzetagen und Tropennächten in
Städten, in ihren oftmals kleinen und unsa-
nierten Wohnungen, stärker ausgesetzt. Es
braucht daher Maßnahmen, die verteilungs-
politischen Aspekte mitdenken. Erst wenn
wir begreifen, dass Klimaschutz auch ein
Schutz unserer Lebensperspektiven in all
ihren Facetten ist, wird uns die Dringlichkeit
unseres Handelns bewusst.
Ann Pettifor versucht deshalb einen um-
fassenden Lösungsweg zu skizzieren. Sie
schlägt einen „Green New Deal“ – eine Neu-
gestaltung der wirtschaftlichen Spielregeln
gepaart mit offensiven Investitionen – vor.
Investitionen in die thermische Sanierung,
erneuerbare Energien und arbeitsmarktpo-
litische Maßnahmen zur Qualifizierung und
Umschulung sollen die Basis für eine Umo-
rientierung unserer Wirtschaft bieten. Neben
globalen und individuellen Strategien oder
die Veränderung des eigenen Konsumver-
haltens braucht es nach Pettifor auch be-
sonders koordinierte nationale politische
Strategien.
In Summe ist das Buch eine eloquente An-
klage gegen Ausreden und Verzögerungst-
aktiken und der Aufruf, endlich zu tun, was
getan werden kann. Detailfragen bleiben
zwar noch, zumindest vorerst, unbeantwor-
tet. Klar wird aber, dass wir zur Bewältigung
der Klimakrise einen neuen „Moonshot“-Mo-
ment brauchen. Der „Green New Deal“ kann
ein solcher sein.
Michael Soder, AK Wien
michael.soder@akwien.at
Die Politik ist
eindeutig in der
Verantwortung
und darf sie
gerade in dieser
drängenden
Situation nicht
auf eine „un-
sichtbare Hand“
des Marktes
abschieben.
Buchempfehlung
Ann Pettifor
Green New Deal. Warum wir können,
was wir tun müssen
Hamburger Edition, Hamburg, 2020
Zur Autorin:
Ann Pettifor ist eine britisch-südafrika-
nische Ökonomin. Sie ist Direktorin des
Think-Tanks „Policy Research in Macroe-
conomics” (PRIME) und Fellow der New
Economics Foundation.
Buchbesprechung: Green New deal