Lebenslanges Lernen und gerimg Qualifizierte
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4. LEBENSLANGES LERNEN UND GERING QUALIFIZIERTE
Wie bereits ausgeführt hat die Bildungsexpansion und das damit zusammenhängende
Ansteigen des allgemeinen Bildungsniveaus, nicht nur die Zahl der gering Qualifizier-
ten verringert und ihre Zusammensetzung verändert sondern auch deren Wahrnehmung.
Damit wird darauf hingewiesen, dass strukturelle Veränderungen in der Erstausbildung
Auswirkungen auf die Bewertungen von Abschlüssen und die Wahrnehmungen von
Personengruppen auf dem Arbeitsmarkt durch entscheidende Akteure, wie etwa die
Beschäftigter, haben. Hinzu kommt aber, dass auch Veränderungen in den gesellschaft-
lichen Diskursen über Bildung stattgefunden haben und auch diese Effekte auf die
Wahrnehmung bestimmter Ressourcen und Personengruppen ausüben. Die entschei-
dende Veränderung ist dabei mit der Diskussion über das Entstehen einer sog. „Wis-
sensgesellschaft“ und davon abgeleitet auf einer konkreteren Ebene über das „lebens-
lange Lernen“ als zentrale Anforderung an alle Beschäftigten entstanden. In diesem
Abschnitt geht es daher darum, nachzuzeichnen, was das „lebenslange Lernen“ von
früheren Konzepten der beruflichen und allgemeinen Bildung unterscheidet, welchen
Stellenwert gering qualifizierte Personengruppen in diesen Konzepten einnehmen und
welche Auswirkungen dieser Diskurs auf diese Gruppe hat.
4.1. Charakteristika von „Lebenslangem Lernen“ – was ist neu?
Im Kern impliziert das Konzept des „lebenslangen Lernen“, wie schon der Begriff nahe
legt, die Festlegung, dass berufliche und/oder allgemeine Bildung (wobei der Schwer-
punkt auf ersterem liegt) nicht auf abgegrenzte Phasen der beruflichen Biographie
beschränkt bleiben kann, sondern kontinuierlich über die gesamte Lebenszeit zu
erfolgen hat. Ein breiter gesellschaftlicher Konsens herrscht diesbezüglich darüber, dass
diese Anforderungen sich gewissermaßen zwingend aus dem gesellschaftlichen
Strukturwandel, der technologischen Entwicklung sowie der Veränderung der internati-
onalen Arbeitsteilung ergeben. Entsprechende Veränderungen der beruflichen Aus- und
Weiterbildungssysteme in Richtung „lebenslanges Lernen“ erscheinen in diesem Lichte
als zentrale Herausforderungen zur erfolgreichen Bewältigung des Wandels, zur
Aufrechterhaltung der (internationalen) Wettbewerbsfähigkeit und zur Sicherstellung
von Wirtschaftswachstum (vgl. etwa Biffl 2007: 6). Obwohl auch soziale und demo-
kratiepolitische Aspekte genannt werden, wird die Notwendigkeit zu lebenslangem
Lernen doch weitgehend aus einem allgemeinen Ansteigen der Qualifikationsanforde-
rungen in der Arbeitswelt sowie deren raschem Wechsel abgeleitet. In einer zunehmend
flexibilisierten Arbeitswelt müssen demnach auch die Erwerbstätigen bildungsmäßig
flexibel bleiben, um den Ansprüchen gerecht zu werden.
Ausgehend von den Definitionen der EU-Kommission wird das Konzept in den
einzelnen Mitgliedsländern umgesetzt. Zu Beginn der Ausarbeitung bildeten die Säulen
Beschäftigungsfähigkeit, Unternehmergeist, Anpassungsfähigkeit und Chancengleich-
heit die Basis des Konzepts und damit lag auch definitorisch der Schwerpunkt auf der