Nicht zuletztArbeit&Wirtschaft 3/2013 45
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paren ist selbstverständlich. Plant
man den Ankauf neuer Geräte oder
Einrichtungsgegenstände oder will
man etwas für die Ausbildung der
Kinder zurücklegen, so wird man vom
laufenden Einkommen nicht alles ausge-
ben und einen Teil für die Zukunft spa-
ren. So weit, so gut. Aus gesamtwirtschaft-
licher Sicht kann sich die Sache allerdings
oft anders darstellen.
Wenn alle privaten Haushalte mehr
sparen, dann geht die Konsumnachfrage
zurück, damit sinken die Produktion
von Gütern und Dienstleistungen und
das dabei erzielte Einkommen. Letzt-
endlich werden die Haushalte bei einem
geringeren Einkommen weniger sparen
können als beabsichtigt. Kommt zum
Sparen der Haushalte auch der Versuch
der Unternehmen zu sparen, also die
Kosten zu senken, und das Bestreben
des Staates zu sparen, also das Budgetde-
fizit zu verringern, dann wird es gesamt-
wirtschaftlich bedenklich: Das Ergebnis
ist ein Einbruch des Wohlstandes und
der Beschäftigung, wie derzeit in Grie-
chenland, Spanien, Portugal und ande-
ren Ländern zu beobachten.
Ausweitung der Investitionen
Das Sparen der Haushalte kann nur ge-
lingen, wenn die Unternehmen auf eine
Ausweitung der Investitionen, also zu-
sätzliche Ausgaben setzen: Sind ihre Ab-
satzerwartungen positiv und nehmen sie
Kredite auf, um zu investieren, dann bil-
det das jenen notwendigen Sog an Gü-
ternachfrage, der Beschäftigung und Ein-
kommen schafft und höhere Ersparnisse
der Haushalte ermöglicht.
Ähnlich stellen sich die Bedingungen
für den Erfolg der Sparanstrengungen
in den südeuropäischen Krisenländern
dar. Nur wenn Deutschland, Österreich
und Co ihre Nachfrage nach Gütern
und Dienstleistungen ausweiten, steigen
Nachfrage und Produktion in Grie-
chenland, Spanien und Co so stark,
dass die Budgetkonsolidierung gelingen
kann, ohne zu Massenarbeitslosigkeit
zu führen.
Weniger sparen, mehr konsumieren
Bei hoher Arbeitslosigkeit und gesamt-
wirtschaftlicher Unterauslastung ist es
sinnvoll, wenn die Haushalte insgesamt
weniger sparen und mehr konsumieren.
Bei den unteren Einkommensgruppen ist
der Spielraum allerdings unmittelbar ge-
ring, da ohnehin kaum gespart und das
gesamte Einkommen für die notwendi-
gen Konsumgüter ausgegeben wird. Ganz
anders sieht es am oberen Ende der Ver-
teilung aus: Hier wird oft der überwie-
gende Teil des Einkommens gespart und
noch dazu risikoreich auf den internati-
onalen Finanzmärkten veranlagt.
Eine Umverteilung von den Beziehe-
rinnen und Beziehern hoher Vermögens-
einkommen zugunsten der unteren und
mittleren Einkommensgruppen verrin-
gert so insgesamt die Ersparnisse, erhöht
die Konsumnachfrage und führt zu
mehr Einkommen und Beschäftigung.
Ohne griffige Steuern auf Vermögensbe-
stände, Vermögenseinkommen und den
Finanzsektor ist diese gesamtwirtschaft-
lich notwendige Umverteilung nicht zu
erreichen.
Fortschrittliche Antworten gesucht
Viele sozial Schwächere können dringen-
de Konsumbedürfnisse mangels Einkom-
men nicht befriedigen. Eine Erhöhung
des Konsums führt hier zu einem Wohl-
standsgewinn. Insgesamt kann es aber
kein sinnvolles Ziel einer emanzipatori-
schen Wirtschaftspolitik darstellen, nur
auf einen möglichst hohen Verbrauch an
Gütern und Dienstleistungen zu drän-
gen, ohne die Frage zu stellen, was und
wie produziert und verbraucht wird.
Gerade bei einem hohen Niveau des
Wohlstandes rücken neue Themen in
den Vordergrund: Wie sind die Ein-
kommen und Konsummöglichkeiten in
der Gesellschaft verteilt? Wie kann die
Produktion so organisiert werden, dass
der Ressourcenverbrauch verringert
wird? In welcher Form wollen wir den
Wohlstand nutzen, nur über höhere Re-
aleinkommen und mehr materiellen
Konsum oder auch über mehr Freizeit?
Das sind die Fragen, auf die fortschritt-
liche Antworten zu suchen sind.
Sparen, Konsum und Wohlstand
Nicht zuletzt
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rm Markus Marterbauer
Leiter Abteilung Wirtschaftswissenschaft
und Statistik der AK Wien