Arbeit&Wirtschaft 9/201414 Schwerpunkt
G
ute Verhandlungen: Günter Klam-
mer ist Betriebsratsvorsitzender bei
Rappold-Winterthur Technologie
GmbH in Villach. Die Firma stellt
Schleifscheiben in sämtlichen Variationen
her, etwa für die Flex. Allerdings auch
Scheiben mit bis zu 2,20 Meter Durch-
messer.
Mehr als verdoppelt
Klammer vertritt etwa 300 Arbeiter, 65
davon sind Zeitarbeiter. „Wir sind heuer
in einer Abteilung von einem Zweischicht-
in einen Dreischicht-Betrieb übergegan-
gen“, erklärt Klammer. Stolz ist er, dass
die interne Nachtschichtzulage zweiein-
halbmal so hoch ist, wie es der Kollektiv-
vertrag vorsieht. Auch die Leiharbeiter
kommen in den Genuss dieser Zulage.
Der Betriebsratsvorsitzende handelte ge-
schickt und in der richtigen Minute:
„Wenn die Firma schnell von zwei auf drei
Schichten wechseln will, dann muss man
den Zeitpunkt nutzen, um diese Anliegen
durchzubringen.“ Bei den Zeitarbeitern
konnte er argumentieren, dass sie für die
gleiche Arbeit auch das gleiche Geld ver-
dienen sollten. Mitunter wechseln Zeitar-
beiter auch zur Stammbelegschaft über.
„Mit 1. November ist wieder jemand über-
nommen worden, ich habe ihn gleich für
die Gewerkschaft angeworben“, zeigt sich
der Betriebsratsvorsitzende froh.
Seit 25 Jahren ist Günter Klammer
bereits im Betrieb tätig, seit 2011 gehört
das Unternehmen zum amerikanischen
3M-Konzern.
Das Betriebsratsgremium funktio-
niert reibungslos. Die Hauptagenden er-
ledigt Klammer, seit 2012 freigestellt,
mit seinem Stellvertreter. Um sechs Uhr
morgens ist er schon in der Firma, geht
selten vor 15 Uhr nach Hause. „Ich kann
damit zwei Arbeitsschichten abdecken
und kriege mit, was in der Firma pas-
siert.“ Wenn jemand etwas braucht, kann
er auch außerhalb der Arbeitszeiten je-
derzeit anrufen.
Zu seinen größten Erfolgen zählt der
Betriebsratsvorsitzende, dass der Metall-
Industrie-Kollektivvertrag in der Firma
angewendet wird. Denn die Rappold-
Winterthur Technologie GmbH gehört
eigentlich dem Fachverband der Steinke-
ramik an. Klammer: „Bis jetzt haben wir
es geschafft, Abstufungen in diesen billi-
geren Kollektivvertrag zu verhindern.“
Immer wieder wurden besagte Abstufun-
gen von der Geschäftsführung angespro-
chen, doch vergangenes Jahr hat sich die
Chefetage sogar schriftlich zum Metall-
Industrie-Kollektivvertrag bekannt.
Unterstützt wird Klammer von der
Fachgewerkschaft PRO-GE – das Ver-
hältnis ist sehr gut. Die PRO-GE stellte
etwa einen Experten, der Klammer bera-
ten hat, als das Prämien-System in der
Firma umgestellt wurde. „Es ist immer
gut, wenn noch jemand von außen
draufschauen kann. Der Experte hat
auch Erfahrungen mit anderen Betrieben
und kann schon mit Lösungsvorschlägen
kommen.“ Nun wird ein Großteil des al-
ten Prämien-Systems mit dem Fixlohn
abgegolten. „Je länger ich im Geschäft
bin, desto größer ist das Netzwerk, auf
das ich zugreifen kann“, weiß Klammer.
„Mit jeder Aufgabe wächst man und liest
sich natürlich auch in die Thematik ein.“
Meist läuft der Kontakt über den be-
treuenden Gewerkschaftssekretär, doch
Klammer kennt mittlerweile bereits viele
ExpertInnen in den verschiedensten Be-
reichen. Ein Betriebsrat oder eine Be-
triebsrätin sollte Diskussionsfreudigkeit
und Verhandlungsgeschick mitbringen.
Die Bereitschaft dazuzulernen ist äußert
wichtig. Über Kurse lässt sich Wissen
aufbauen, viel Input kann man bei Ge-
werkschaftsseminaren einholen und re-
ger Gedankenaustausch entwickelt sich
vor allem bei Konferenzen, wo sich Be-
triebsrätInnen treffen. „Der Austausch
mit Betriebsräten aus anderen Firmen ist
ex trem wichtig – etwa Ortsgruppe, Lan-
desvorstand. Am Ende dieser Veran-
staltungen können wir mit den anderen
Betriebsräten diskutieren“, freut sich
Klammer.
Erfolg im Kleinen
Bis zur Wirtschaftskrise 2008 ist die Fir-
ma Flowserve in Brunn am Gebirge – am
Standort werden Pumpen, etwa zur Öl-
förderung, erzeugt und weltweit verkauft
– ständig gewachsen. Die Angestellten
führen die Entwicklung, aber auch die
Auftragsabwicklung und Akquirierung
durch. Bei Flowserve sind 200 Angestell-
te und 80 Arbeiter tätig. Als es während
der Krise um Stellenabbau ging, wählte
die Belegschaft einen aktiveren Betriebsrat
– Angestelltenbetriebsratsvorsitzender
wurde Martin Culver. Erfolge gelingen
dem gebürtigen Briten und seinem Team
durch kleine, gezielte Schritte. Ein Ziel
ist, Klarheit zu schaffen, damit einzelne
Dinge vergleichbar werden. „Wir versu-
Gelebte Vielfalt
Rundschau bei drei Betriebsräten, die Ungewöhnliches und Fortschrittliches
in ihrer Firma durchgesetzt haben.
Christian Resei
Freier Journalist