BÜCHER
Das Werk
Oskar Langes
Jiri Kosta
Der Name Oskar Langes wird im
deutschsprachigen Raum meist nur mit
seinem zweibändigen Lehrbuch der
Politischen Ökonomie (Frankfurt a. M./
Wien, o. J.), der bislang nicht übersetz¬
ten Studie »On the Economic Theory
of Socialism« (Minneapolis 1938) und
dem seinerzeit erschienenen Sammel¬
band »Entwicklungstendenzen der mo¬
dernen Wirtschaft und Gesellschaft«
(Wien 1964) verbunden. Es ist daher
ein um so verdienstvolleres Unterfan¬
gen von Haiina Jaroslawska (Univer¬
sität Bremen), daß sie nun in deutscher
Übersetzung eine Reihe hierzulande
unbekannter Arbeiten zusammen mit
der vielzitierten Arbeit zur ökonomi¬
schen Theorie des Sozialismus heraus¬
gegeben hat.* Um es gleich vorwegzu¬
nehmen: der interessierte Leser wird
in diesem Buch eine Fülle tiefgehen-
* Oskar Lange, ökonomisch-theoretische
Studien, herausgegeben von Haiina
Jaroslawska, mit einem Vorwort von
W. Brus, Europäische Verlagsanstalt,
Frankfurt a. M.— Köln 1977, 394 Seiten.
der, anregender und vielfach auch neu¬
artiger Gedanken und Informationen
finden.
Der sinnvoll geordnete Band enthält
vier aufeinanderfolgende Themen¬
kreise: Der erste von ihnen umfaßt
drei Aufsätze zur Frage der Bedeu¬
tung der marxistischen und der tradi-
tionell-westlichen Wirtschaftstheorie.
Im folgenden Abschnitt (drei Studien)
wird eine Analyse des amerikanischen
Wirtschaftssystems mit ökonomischen
und gesellschaftlichen Reformvorschlä¬
gen verknüpft. Die ökonomische Theo¬
rie des Sozialismus, ein kurzer Essay
vom Jahre 1965 und schließlich ein
konkretes, für westliche Industrielän¬
der gedachtes Sozialismuskonzept bil¬
den den Kernteil des Buchs. Den Band
beschließen drei Aufsätze, in denen
die Grundzüge und Reformdiskussio¬
nen osteuropäischer Planungssysteme
— vor allem des sowjetischen und des
polnischen — dargestellt werden.
Die Hauptgedanken des Aufsatzes
Marxsche Ökonomie und moderne
Wirtschaftstheorie (1935) heben als
gravierenden Vorzug der Marxschen
ökonomischen Theorie seine auf die
soziologisch-institutionelle Analyse zu¬
rückzuführende Prognosefähigkeit her¬
vor; dies habe sich in der Vorhersage
der langfristigen Konzentrationspro¬
zesse (»Akkumulationstheorie«) erwie¬
sen. Die Überlegenheit dieser Theorie
beruhe jedoch nicht »auf den von
Marx verwendeten Kategorien«, ins¬
besondere der Arbeitswertlehre. Hin¬
sichtlich der Lösung von »Alltagsphä¬
nomenen einer kapitalistischen Wirt¬
schaft« — etwa im Bereich der Preis-
bildungs- oder der Geldpolitik — muß
jedoch die moderne »bürgerliche« (die¬
ses Wort wird auch von Lange immer
nur in Anführungszeichen gesetzt)
Ökonomie herangezogen werden. An¬
sonsten wird auch für die Sozialismus¬
theorie — ein Gedanke, der später
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