Die am gesamtwirtschaftlichen Zahlungsspielraum orien
tierte Einkommenspolitik verstetigt die Löhne, die für die
Unternehmer wichtigste Planungsgröße, und macht sie kalu
lierbar, senkt mithin das Risiko. Ung?bremste Verteilungs
kämpfe um das Sozialprodukt, in deren Gefolge erhebliche
Faktorpreisverzerrungen und kosteninflatorische Tendenzen
eintreten, werden verhindert. Auf Gewerkschaftsseite wirkt
die Erfahrung, daß die Arbeitnehmer mittelfristig die Abgel
tung der Inflation und die Beteiligung am Produktivitätsfort
schritt erreichten, verstetigend: Nichtjede günstige Konjunk
turlage muß durch überhöhte Lohnforderungen genützt wer
den, der Konsum kann längerfristig im Sinne der Dauere1n
kommenshypothese geplant werden. (In Österreich tritt die
Hartwährungspolitik als wichtiges, die Erwartungen stabili
sierendes Politikelement hinzu.)
Integrierte Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen mit
konsensualen Ergebnissen tragen somit zur Bildung stabiler
und positiver Erwartungen der Unternehmer bei und schla
gen sich daher auch im Investitionsniveau und im Wirt
schaftswachstum nieder.
Fragmentierte Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen
Länder mit fragmentierten Verhandlungssystemen schnei
den, sowohl was die makro- als auch was die mikroökonomi
sche Arbeitsmarktflexibilität betrifft, im OECD-Bereich am
schlechtesten ab. Welche Faktoren sind für den negativen
Einfluß dieser institutionellen Strukturen ausschlaggebend?
Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften, die
jeweils nur einen kleinen Bruchteil aller Unternehmungen
bzw. Arbeitnehmer erfassen, sind als "Verteilungskoalitio
nen" (M. Olson), als rentensuchende Sonderinteressengrup
pen zu qualifizieren. Sie streben die Umverteilung von Ein
kommen und Vermögen zugunsten ihrer begrenzten Klientel
an und unterliegen keinen Anreizen, die sozialen Kosten ihrer
Handlungen zu berücksichtigen. Die britischen Berufsge
werkschaften der siebziger Jahre beispielsweise kontrollier
ten jeweils das Angebot bestimmter, von einem Wirtschafts
zweig benötigten spezialisierten Qualifikationen, wobei letz
tere jeweils nur einen kleinen Prozentsatz der Arbeitnehmer
schaft ausmachten. Jede dieser Gewerkschaften besaß einen
nur geringen Einfluß auf die Profitabilität der betreffenden
Unternehmungen, auf die Preisentwicklung usw. , und hatte
daher kaum Anreiz, Lohnmoderation zu üben, ineffiziente
Verfahren und restriktive Praktiken zu eliminieren.
In fragmentierten Verhandlungssystemen fühlen sich mit
hin weder Arbeitgeberorganisationen noch Gewerkschaften
318