1 8. Jahrgang (1 992), Heft 4 Wirtschaft und Gesellschaft
nen sich dennoch für Österreich einige Entwicklungslinien
ziemlich deutlich ab. Von den über 100.000 ausländischen Ar
beitskräften, die seit 1990 in Österreich zusätzlich beschäftigt
wurden, kam der überwiegende Teil nach wie vor aus den tra
ditionellen Herkunftsländern Jugoslawien und Türkei. Die
größten Auswirkungen hat diese Zuwanderung auf die Ostre
gion mit dem Ballungsraum Wien, dessen Bevölkerung bis
1989 zurückging und dessen Wirtschaft unterdurchschnittlich
wuchs.
Zum einen wanderten dringend benötigte Krankenschwe
stern, Putzfrauen und junge, kräftige Bauhilfsarbeiter ein,
zum anderen natürlich auch Computertechniker und Lagerar
beiterinnen, die den schon Ansässigen Konkurrenz machen
und die auf eine schrumpfende Bevölkerung ausgerichtete In
frastruktur mitbenützen, womit das, was wir heute an Aus
einandersetzungen und Anfeindungen erleben, erklärbar ist.
Diffuse Ängste kristallisieren sich an den Ausländern, sie wer
den zu Sündenböcken gemacht für das eigene Unvermögen,
die anstehenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Pro
bleme zu lösen. Es ist heute müßig, die Frage zu stellen, ob es
sinnvoll war, so viele zusätzliche Arbeitskräfte in so kurzer
Zeit im Ausland anzuwerben. Jetzt muß die Infrastruktur aus
gebaut und die Integration gefördert werden. In Zukunft muß
die Zuwanderung so reduziert werden, daß die ausreichende
Versorgung mit Schulen, Wohnungen und anderen Infrastruk
tureinrichtungen sichergestellt werden kann und die gesell
schaftliche Akzeptanz nicht in Gefahr gerät.
Um es deutlich zu sagen: private und öffentliche Dienstge
ber sollten nur im Rahmen einer integrierten, alle Aspekte
berücksichtigenden Ausländerpolitik zusätzliche Arbeits
kräfte aus dem Ausland beschäftigen. Bedauerlicherweise
scheint es so zu sein, daß gerade die am besten integrierten,
über ihre Rechte und das Österreichische Lohnniveau infor
mierten Ausländer als Arbeitskräfte von manchen Unterneh
mern gar nicht so sehr gesucht sind.
Die Regeln, nach denen Ausländer ein- oder zuwandern und
sich in unserem Land aufhalten dürfen, müssen sich an der
Realität der Migrationsprozesse orientieren. Konzepte, die
sich schon in der Vergangenheit, hier und anderswo, als rea
litätsfern und unrealisierbar erwiesen haben, kommen als
Problemlösungen nicht in Frage. Maßnahmen der Ausländer
politik sollten konsistent und ohne innere Widersprüche sein.
Die verantwortlichen Politiker müssen die vereinbarten
Schritte auch in der Öffentlichkeit vertreten, denn Unglaub
würdigkeit ist dem Integrationsprozeß abträglich.
Die Beschäftigung in den Grenzgebieten der Ostregion ist
zwischen 1989 und 1992 wesentlich stärker gestiegen als in
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