BÜCHER
KONTINUITÄT UND WANDEL DER
SOZIALPARTNERSCHAFT
Rezension von: Emmerich Talos
(Hrsg.) , Sozialpartnerschaft - Konti
nuität und Wandel eines Modells,
Verlag für Gesellschaftskritik, Wien
1993, 3 1 5 Seiten, öS 298,-.
Schweden und Österreich bildeten -
zumindest bis vor kurzem - "die" klas
sischen Beispiele für korporatistische
Systeme. In Schweden gehen die Wur
zeln bis in die dreißiger Jahre (Saltsjö
baden - Abkommen 1938), in Öster
reich bis in die unmittelbare Nach
kriegszeit (ständige Wirtschaftskom
mission, Lohn- und Preisabkommen,
schließlich 1 957 Gründung der Pa
ritätischen Kommission) zurück.
Die Wissenschaft benötigte einige
Jahrzehnte, bis endlich in der zweiten
Hälfte der siebziger Jahre Politologen
wie Schmi tter und Lehmbruch eine
wissenschaftliche Debatte einleiteten,
"in deren Verlauf der Korporatismus
begriff entwickelt und auf seine
Brauchbarkeit untersucht wurde"
(S. 285). Was dabei nach seither ver
gangenen knapp zwanzig Jahren der
Korporatismusforschung etwas ver
wundert, ist die Tatsache, daß aus der
heutigen Sicht einer Reihe von Vertre
tern dieser Wissenschaft der Anfang
vom vielfach propagierten Ende kor
poratistischer Systeme zeitlich etwa
mit dem Anlaufen der Korparatismus
debatte zusammenfällt.
Ebenso wie in der Makroökonomie
in den achtziger Jahren der Keynesia
nismus und jede Form staatlicher Ein-
griffe - wie sich bald darauf zeigte, et
was voreilig - abgeschrieben wurden,
so wurde der Korparatismus in dieser
Zeit des öfteren bei lebendigem Leibe
zu Grabe getragen: "Corporatism did
not last" , meinte Dahrendorf, Schmit
ter verkündete das wahrscheinliche
Ende des Korparatismus (S. 2 8 5), und
Gerlieh vermutete ein baldiges Ende
auch der Österreichischen Sozialpart
nerschaft (S. 286).
Es wäre wohl überzogen, von einer
mittlerweile eingetretenen Renais
sance der gestaltenden Politik und der
Verbände zu sprechen. Tatsache ist al
lerdings, daß bei der Suche nach Re
zepten zur Bekämpfung der Arbeitslo
sigkeit in Europa zunehmend eine Ab
kehr vom Partikularismus gefordert
und die Notwendigkeit konzertierter
Aktionen betont wird.
Erfreulicherweise handelt es sich bei
der vorliegenden Publikation nicht um
eine der so modern gewordenen hämi
schen Abrechnungen mit der Öster
reichischen Sozialpartnerschaft: "Bei
allen Veränderungen ist - wie der vor
liegende Band untermauert - weder
ein Ende der Sozialpartnerschaft in
Sicht, noch generell ein Niedergang
des Korparatismus konstatierbar"
(S. 1 1) . Vielmehr werden in 15 Beiträ
gen - größtenteils mit kritisch-besorg
tem Grundton - Veränderungen wirt
schaftlicher und sozialer Rahmenbe
dingungen aufgezeigt, die nicht als
"Sargnägel" , sondern als Herausfor
derungen charakterisierbar silid, wel
che für die Sozialpartnerschaft bewäl
tigbar erscheinen.
Im einleitenden Beitrag von Talos
wird die historische Entwicklung der
spezifisch Österreichischen Ausprä
gung der Sozialpartnerschaft skiz
ziert, mit ihren Wurzeln in der Form
zahlreicher Beiräte und Kommissio-
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