22. Jahrgang (1996), Heft 3 Wirtschaft und Gesellschaft
mäßige Verhinderung marktwirtschaftlicher Zustände in der GAP zu
beseitigen.
5.2 Die Gleichschaltung der Bauern beenden
Angesichts des hohen emotionalen Gehalts, welcher Diskussionen
über die Zukunft der Landwirtschaft in der Regel eigen ist, muß auch im
Bereich der GAP und ihrer künftigen Entwicklung die "Politik der Ge
fühle" beachtet werden. Viele Menschen - auch wenn sie nicht im land
wirtschaftlichen Bereich tätig sind - verbinden mit der Landwirtschaft
die Sicherung der Ernährung und die Bewahrung der natürlichen Le
bensgrundlagen. Die ländliche Idylle - so kann man in Diskussionen
über agrarische Themen jedenfalls in Österreich immer wieder feststel
len - übt eine beträchtliche Anziehungskraft auf viele Menschen aus und
wird weitgehend mit "den Bauern" identifiziert. Die Agrarvertretung
hat es bisher geschickt verstanden, dieses undifferenzierte Bauernbild zu
formen und zu verstärken und damit den Eindruck zu erwecken, daß
"die Bauern" schlechthin positive Leistungen für die Gesellschaft er
bringen und daher entsprechend zu unterstützen seien.
Diese Gleichschaltung aller in der Landwirtschaft Tätigen ist indes
ungerechtfertigt. Sowohl die ökonomischen Unterschiede innerhalb der
in der Landwirtschaft Beschäftigten als auch die unterschiedlichen Pro
duktionsweisen lassen es nicht angezeigt erscheinen, von "den Bauern"
zu sprechen. Ein Bergbauer in einer extremen Erschwerniszone, der im
Schweiße seines Angesichts· händisch steile Hänge mäht, lebt in einer
ganz anderen Situation als ein großer Ackerbauer in einer Gunstlage.
Eine Biobäuerin, die hochwertige Nahrungsmittel herstellt und die
natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden und Wasser schont, ist nicht
gleichzusetzen mit einem Betrieb, der in Kombination von intensiver
Schweinemast und Maisanbau beträchtliche Erosionsprobleme hervor
ruft und das Grundwasser belastet (39).
Es gibt also "die Bauern" nicht, und daher ist es auch eine sachlich
nicht zu rechtfertigende Vereinfachung, davon zu sprechen, daß "die
Bauern" unsere Landschaft pflegen, "die Bauern" daher öffentliche
Sympathie und Unterstützung verdienen. Genau diese Gleichschaltung
aller Bauern in einem konstruierten Bauernbild , welches allen in der
Landwirtschaft Tätigen taxfrei positive Beiträge zu Wirtschaft und Um
welt attestiert, ist ein wesentliches Hindernis für eine grundlegende Re
form der GAP Diese sollte nach Auffassung des Verfassers auch dadurch
gekennzeichnet sein, daß nur jene Berufstätigen in der Land- und Forst
wirtschaft in den Genuß öffentlicher Unterstützung kommen sollten, die
tatsächlich Leistungen für die Gesellschaft erbringen, welche über den
Markt nicht ausreichend abgegolten werden können. Solche Leistungen
werden wohl etwa bei Bergbauern und Biobauern vorliegen, nicht aber
beispielsweise bei jenen, die intensive landwirtschaftliche Produktions
methoden zu Lasten der Umwelt betreiben.
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