BERICHTE UND DOKUMENTE
Sozioökonomische
Charakteristika
der Millionärshaushalte
in Österreich1
Stefan Humer, Mathias Moser,
Matthias Schnetzer
1. Einleitung
Der Quantifizierung von Einkom-
mens- und Vermögensungleichheit
wurde in den vergangenen Jahren zu-
nehmendes Interesse im wissen-
schaftlichen Diskurs zuteil. Dabei gibt
es nur vereinzelt Untersuchungen über
die soziodemografische und sozioöko-
nomische Struktur der hinter der Ein-
kommens- und Vermögensverteilung
stehenden Personen bzw. Haushalte.
Dies hat in nicht unerheblichem Aus-
maß mit der mangelnden Datenverfüg-
barkeit zu tun, die für solche Analysen
notwendig sind. Der „Household Finan-
ce and Consumption Survey“ (HFCS),
der im Auftrag und unter Koordination
der Europäischen Zentralbank (EZB) in
15 Ländern des Euroraums um das
Jahr 2010 herum durchgeführt wurde,
ändert die Möglichkeiten diesbezüglich
in weiten Teilen. Zusätzlich zur sehr
peniblen Erfassung von Informationen
zu Art und Höhe verschiedener Ein-
kunftsarten und Vermögensgegen-
ständen, liefert dieser Datenbestand
auch Angaben zu einer Reihe von per-
sonen- und haushaltsspezifischen
Charakteristika.2
Wie auch in vielen anderen Ländern
ist in Österreich Vermögen im Ver-
gleich zu Einkommen stärker konzen-
triert. Auf Basis der HFCS-Daten ergibt
sich ein Gini-Koeffizient der Gesamt-
einkommen von 0,42, während der
Gini der Nettovermögen (Vermögen
abzüglich Schulden) bei 0,76 liegt. Ob-
wohl diese Differenz aufgrund der
Nichtlinearität des Gini-Koeffizienten
nicht direkt interpretierbar ist, zeigt die
Größenordnung des an sich wenig rea-
giblen Gini eine deutlich extremere Un-
gleichverteilung von Vermögen auf.
Eine andere Darstellungsform für die
Verteilung der Nettovermögen findet
sich in Abbildung 1. In dieser Grafik
(eine sogenannte „Pen’s Parade“) sind
die Haushalte nach ihrem Vermögens-
besitz sortiert und dessen durch-
schnittlicher Wert pro Perzentil aufge-
tragen. Zwei Eigenschaften werden
deutlich sichtbar: Die unteren 40% be-
sitzen nahezu keine nennenswerten
Vermögensgegenstände, und auch in
den folgenden Perzentilen steigt der
durchschnittliche Vermögenswert nur
in geringem Ausmaß. Erst am oberen
Rand der Vermögensverteilung ist eine
deutlichere Dynamik zu erkennen, wo-
bei das oberste Prozent hier mit einer
sprunghaften Zunahme nochmals eine
Ausnahmeposition einnimmt.
Im Rahmen dieses Artikels befassen
wir uns im Speziellen mit jenen Privat-
haushalten in Österreich, deren Netto-
vermögen im Jahr 2010 mehr als eine
Million Euro betrug. In den HFCS-
Daten trifft dies auf ca. 113 Beobach-
tungen3 zu, die für rund 170.000 Haus-
halte oder einem Anteil von 4,6% in der
Grundgesamtheit stehen. Es handelt
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40. Jahrgang (2014), Heft 4 Wirtschaft und Gesellschaft