Thomas Piketty war interessierten Fachkreisen schon vor der Publikati-
on seines Buches „Capital in the Twenty-First Century“ aufgrund einschlä-
giger Untersuchungen zu Vermögens- und Einkommensdaten bekannt.
Somit stellt das Buch eine Zusammenfassung und Popularisierung seiner
empirischen Belege für ökonomische Ungleichheit in mehreren Ländern
dar, welche das Resultat jahrelanger Datenrecherche sind. Sein Augen-
merk liegt dabei auf der langfristigen Entwicklung von Vermögen und Ein-
kommen, deren Verteilung über die letzten 150 Jahre einen „U-förmigen“
Verlauf annimmt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts nähert sich die Un-
gleichheit von Vermögen und Einkommen wieder dem Niveau am Vor-
abend des 1. Weltkriegs an, während in der Phase nach dem 2. Weltkrieg
bis in die 70er-Jahre hinein beide Größen wesentlich egalitärer verteilt
waren. Die Einkommens- und Vermögensverteilung bleibt – wie Piketty
immer wieder betont – eine politische Frage, die sich nicht auf ökonomi-
sche Automatismen einschränken lässt. Entsprechend entwickelt er am
Ende des Buchs Forderungen zur höheren Besteuerung von Vermögen
und Einkommen sowie zur Reform des Mindestlohnes und wohlfahrts-
staatlicher Maßnahmen.5
Wann immer die Bedeutung von Massenmedien hervorgestrichen wer-
den soll, wird mit gewisser Regelmäßigkeit das folgende Zitat bemüht:
„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wis-
sen, wissen wir durch die Massenmedien.“6 Die Weiterführung in Luh-
manns Text findet schon weit weniger oft Verwendung: „Andererseits wis-
sen wir so viel über die Massenmedien, daß wir diesen Quellen nicht
trauen können.“7 In dieser Ambivalenz und Widersprüchlichkeit manifes-
tiert sich eben genau die zentrale Relevanz der Medien: Vermittlungsrolle
zu haben, darin aber parteilich, einseitig, selektiv und unvollkommen zu
sein.
Für das hier behandelte Thema ist prinzipiell festzuhalten, dass Medien
das Verständnis des Ausmaßes und der Berechtigung von Ungleichheit
formen, und damit auch die Wahrnehmung zur Notwendigkeit von Umver-
teilungspolitik. Solch eine Realitäts„konstruktion“ nennt ein führender Ver-
treter der Politischen Ökonomie der Medien: „[…] the mass media play a
central role in shaping public tolerance of different forms of inequality“.8
Somit spielen Medien nicht nur oder vorrangig für die Weitergabe von In-
formation eine zentrale Rolle, sondern sind eben auch meinungsbildend,
was die Akzeptanz von Verteilungsmaßnahmen zur Verringerung von Un-
gleichheit anbelangt.
Nach Ausbruch der globalen Finanzkrise waren viele verwundert, ja ge-
radezu geschockt, dass die Massenmedien der ihnen im öffentlichen Dis-
kurs häufig zugeschriebenen Rolle (nicht zuletzt in ihrer Selbstwahrneh-
mung) des „Wachhunds“, Krisenanzeichen zu erkennen und zu
benennen, so wenig nachgekommen sind. Die Rolle der „vierten Gewalt“
Wirtschaft und Gesellschaft 44. Jahrgang (2018), Heft 2
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