KOMMENTAR
Sozialpartner:
Missverstanden und bedroht
Gunther Tichy
Sozialpartnerschaft – das ist derzeit ein heiß umkämpftes Thema. Zur
Einführung in die Diskussion drei Zitate zur Charakterisierung der gegen-
wärtigen Diskussion:
„Österreichs Sozialpartner leben von den Taten der Vergangenheit. Seit
der Erhebung in den Verfassungsrang 2008 sind sie nur noch durch gegen-
seitiges Blockieren und das Verhindern von Reformen aufgefallen. Nach der
FPÖ sind auch ÖVP und sogar Teile der SPÖ von einer notwendigen Re-
form des Kammerwesens überzeugt. … Finanzminister Hans-Jörg Schelling
hatte gar schon im Mai die Sozialpartnerschaft für tot erklärt: ‚Sie weiß es nur
noch nicht.‘ Und ÖVP-Chef Sebastian Kurz richtete im Wahlkampf deshalb
den Sozialpartnern aus, dass sie sich künftig auf ihre Kernaufgaben – etwa
Kollektivvertragsverhandlungen – fokussieren und die Finger von der Politik
lassen sollten. … Die 3,64 Millionen AK-Mitglieder zahlten zuletzt 433 Millio-
nen Euro an Beiträgen. Die Wirtschaftskammer nahm zuletzt 541 Millionen
Euro von ihren 506.000 Mitgliedern, darunter 60 Prozent Ein-Personen-Un-
ternehmen, ein. … Teure Funktionärsversorgung …“ (Arbeit und Soziales:
Wozu brauchen wir die Sozialpartner noch?, in: FPÖ NFZ, 3.11.2017).
Oberösterreichs FP-Chef Manfred Haimbuchner ergänzte im Gespräch
mit den OÖ Nachrichten (28. Oktober 2017):
„Die Kammern waren in den vergangenen Jahren eine Partnerschaft zur
Standortschädigung.“
Soweit die Politiker; das dritte Zitat stammt von einem Journalisten:
„Jetzt müssen die Sozialpartner ihre Existenzberechtigung beweisen. Wir
leben in einer Zeit, die eine moderne Sozialpartnerschaft bitter nötig hätte.
Wenn sie allerdings so weiterfuhrwerkt, dann ist ihr nicht mehr zu helfen. …
Allein schon die Inszenierung der Kollektivvertragsverhandlung erinnert an
die Löwinger Bühne (…). Jahr für Jahr dieselbe Leier. Bis hin zum Paprika-
hendl, das am Abend serviert wird. … Die Metaller haben auch nach der fünf-
ten Lohnrunde nichts zusammengebracht. … Anstelle der Automatisierung
ist es die Digitalisierung, die ganze Branchen verändern, vernichten und ge-
44. Jahrgang (2018), Heft 2 Wirtschaft und Gesellschaft
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