Akt Studie, t0 1
1. Über diese Studie
Die vorliegende Studie fokussiert auf kreative Handlungen in verschiedenen Feldern des Alltags – etwa im
Bereich der Bildung, der Freizeit oder des zivilgesellschaftlichen Lebens – und daraus entstehende Risiken
in einer rechtlichen Ordnung, die für Laien nicht mehr nachzuvollziehen ist.
Ursache dieser Unübersichtlichkeit ist, dass sich die gesellschaftliche Realität der kulturellen Alltagsproduk-
tion und die des Urheberrechts weit voneinander entfernt haben. Viele Formen der bereits alltäglichen Medi-
ennutzung werfen für Laien nicht beantwortbare Fragen auf. Was ist erlaubt? Warum ist etwas verboten?
Was wird toleriert? Und wie lange noch?
Die Studie nimmt explizit die Perspektive der Handelnden ein. Entsprechend wird keine juristische Beurtei-
lung vorgenommen, das liegt weit außerhalb des Alltagshorizonts1. Entsprechend wird, sofern nicht explizit
ausgewiesen, auch auf juristische Fachterminologie verzichtet. Die Studie weist vielmehr auf Problemfelder
hin, in die wünschenswertes Alltagshandeln, oftmals sehr zum Erstaunen und Entsetzen der Akteure, die mit
besten Intentionen vorgehen, führen kann.
Die angeführten Fälle sind Illustrationen typischer Vorgänge, die schon oft zu Problemen geführt haben. Die
Beispiele machen deutlich wie eine mündige Nutzung von Medien und einer technologischen Umwelt zuun-
gunsten des öffentlichen Interesses eingeschränkt wird. Jedes dieser Beispiele gibt es in einer Vielzahl von
Variationen, die oft auch die Grenzen nationaler Gesetzgebung überschreiten. Dazu gibt es zahlreiche Son-
derfälle, undurchschaubare Ausnahmeregelungen für Einzelfälle, nicht nachvollziehbare Ermessensgrenzen
und vielfach nicht ausjudizierte komplexe Zusammenhänge. Ob der Einzelne bei diesen Vorgängen zum
Kulanz- oder Härtefall wird ist im Kontext dieser Studie unerheblich.
Diese Situation hat zur Folge, dass diese Handlungen entweder unterbleiben oder das Risiko einer gerichtli-
chen Verfolgung mit sich bringen. Vielfach erfüllt allein die Androhung einer gerichtlichen Verfolgung ihren
Zweck, denn für den Laien ist die Relevanz einer solchen Drohung oft nicht abzuschätzen. In allen Fällen
wird das kreative Potential der Menschen behindert.
Gerade weil diese Details vielfach nicht einmal von spezialisierten Juristen umfassend zu klären sind, bedarf
es klarer verständlicher Regelungen zum Schutz der Öffentlichkeit und der individuellen Teilnahme am kultu-
rellen Leben. Es ist eine politische Aufgabe, diese Problemfelder anzugehen.
Damit das geschehen kann, reicht es nicht, an der bestehenden Konstruktion des Urheberrechts einige De-
tails anzupassen. Vielmehr stehen wir vor einer grundsätzlichen Frage: Wollen wir die Kreativität und Kom-
munikationsfähigkeit breiter Bevölkerungsschichten befördern?
Sollte die Antwort mit JA ausfallen – und wir sind überzeugt, dass wir als Gesellschaft dieses Potential för-
dern müssen – dann stehen größere Reformen am Urheberrecht an. Die Notwendigkeit dafür ins Blickfeld zu
rücken und politische Perspektiven für die Diskussion zu entwickeln ist das Ziel der Studie. Rechtliche Um-
setzungen, zu der auch angemessene Vergütungsmechanismen für AutorInnen und KünstlerInnen gehören,
werden hier nicht behandelt.
1 Siehe dazu die Broschüre „Geistiges Eigentum & Verbraucherschutz“. (August 2012)
http://wien.arbeiterkammer.at/online/neue-broschuere-zum-urheberrecht-69271.html