wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 12
Ernst Gruber, M.Arch.
ist Mitarbeiter von
wohnbund:consult,
Studium Grafik- und
Kommunikations design,
Studium Architektur
in England, Deutschland
und Wien. Er ist Coautor der
* AK Stadtpunkte Nr 25
„Leist baren Wohnraum
schaffen – Stadt
weiter bauen“
KONFLIKTMANAGEMENT
Fingerspitzengefühl ist gefragt
Wenn auf bereits bebauten Flächen zusätzlicher Wohnraum geschaffen wer-
den soll, bleiben Konflikte meist nicht aus. Was kann getan werden, um für alle
Beteiligten gute Lösungen zu finden? Von Ernst Gruber
geplanten Ablauf und die Maßnahmen
anschaulich und ehrlich zu kommunizieren.
Vor allem der Bezirkspolitik graut mittlerwei-
le vor geschönten Bildern. Es gilt, auf die
größten Ängste bei Veränderungen einzuge-
hen, wie vor Verbauung der Aussicht oder
Verlust an Grünraum und Kfz-Abstellflächen.
Auch die Angst vor unbekannten Zuziehen-
den sowie vor mehr Lärm sind häufig
genannte Sorgen.
Als annähernd ebenso wichtig wie die früh-
zeitige Information der BewohnerInnen
schätzen WohnbauexpertInnen kontinuierli-
chen Dialog ein. Dieser soll am besten vor
Ort stattfinden. Für die Kommunikation soll-
ten externe BegleiterInnen eingesetzt wer-
den, weil sie neutral sind.
Die Wohnqualität für alle verbessern
Werden Ausbaumaßnahmen begleitend
umgesetzt, kann dies die Wohnqualität für
alle insgesamt verbessern. So verfährt man
häufig bei größeren Wohnanlagen aus den
80ern, die in die Jahre gekommen sind. Ein
Großteil der MieterInnen jener Anlagen
wohnt dort von Anfang an. Oft leben sie
alleine oder zu zweit in ihren ursprünglichen
und recht großen Familienwohnungen. Sie
bekommen Veränderungen auch bei gerin-
gen Erhöhungen der Wohnkosten
Die Meinungen von 86 WohnbauexpertIn-
nen aus einer aktuellen AK Befragung*
decken sich weitgehend: Die BewohnerIn-
nen möglichst früh zu informieren gilt für
den erfolgreichen Umgang mit Projekten
der Bestandsentwicklung bzw der Nach-
verdichtung als wichtigster Punkt.
Soll in der Stadt möglichst konfliktfrei auf
bereits bebauten Flächen zusätzlicher
Wohnraum geschaffen werden, setzt das
einen sensiblen Umgang mit den Betroffe-
nen voraus. Nichts ist schlimmer, als von
Veränderungen in der Nachbarschaft oder
am eigenen Haus aus den Medien zu erfah-
ren. Schnell werden aus Befürchtungen
Gerüchte, die sich nur schwer aus der Welt
schaffen lassen.
Objektives Recht und Rechtsempfinden
Woran soll man sich orientieren, um Wohl-
wollen für die Umsetzung zu sichern? Mit
dem geschriebenen Recht allein kommt
man nicht weit, denn rein juristisch gese-
hen besteht kaum eine Verbindlichkeit, die
BewohnerInnen über Veränderungen zu
informieren, selbst wenn diese ihr direktes
Wohnumfeld betreffen. MieterInnen haben
auf das Bauen bezogen überhaupt keine
Rechte. Bei den Betroffenen wiegt das
umso schwerer, je länger sie bereits in der
Gegend wohnen und in ihr verwurzelt sind.
Hier verläuft die Bruchlinie zwischen objek-
tivem Recht und subjektivem Rechtsemp-
finden. Deshalb ist genau hier Fingerspit-
zengefühl gefragt.
Wichtig ist ein offener Umgang aller Betei-
ligten miteinander. Dazu gehört, den
Zusammengefasst
Schafft die Stadt möglichst
konfliktfrei zusätzlichen Wohn-
raum in bereits verbauten
Gebieten, setzt das einen sen-
siblen Umgang mit den Betrof-
fenen voraus. Für konstruktive
Lösungen ist es notwendig, die
bestehenden MieterInnen früh
zu informieren und den Prozess
zwischen den Beteiligten zu
moderieren. Dafür sollten exter-
ne Be gleiterInnen eingesetzt
werden, da diese einen neutra-
len Standpunkt einnehmen.
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Thema
Nachverdichtung
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Ein ständiger Infopoint in
der Hauffgasse 37–47. Für
die nötige Akzeptanz bei
AltmieterInnen muss der
Dialog schon früh beginnen.
Information
Ein früher Beginn der Information wird von fast
allen Befragten (97 Prozent) als das Wichtigste
für den Erfolg bei Nachverdichtungs pro jekten
gesehen. 93 Prozent wollen kontinuierlich über
den Ablauf informiert werden und dass
Maßnahmen anschaulich dargestellt werden.
Fast 100 %