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9. Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses
Unabhängig davon, ob dem Vertragsmodell oder dem Auslobungsmodell im Einzelfall
der Vorzug gegeben wird, ist in einem nächsten Schritt zu prüfen, ob es sich in
con creto um einen Arbeitsvertrag iSd § 1151 ABGB handelt, immerhin wird eine Ar-
beitsleistung gegen Entgelt erbracht. Dies gilt insofern auch für das Auslobungsmodell,
bei dem die nächstverwandte Vertragsart festzustellen und eine analoge Anwendung
der Bestimmungen vorzunehmen ist.
Die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, ist deshalb besonders entscheidend, da
der Arbeitsvertrag gem § 1151 ABGB nach wie vor den Angelpunkt des Arbeitsrechts
darstellt und eine Subsumierung unter diesen Tatbestand gravierende Rechtsfolgen mit
sich bringen würde.500
9.1 Grundsätzliches zum Arbeitsvertrag
Gerade aber die Abgrenzung des Arbeitsvertrags von anderen Vertragstypen hat immer
schon Schwierigkeiten bereitet. Die Anknüpfung von entscheidenden Rechtsfolgen an
einen konkreten Tatbestand ist durch die enorme Vielfalt an verschiedensten Ausge-
staltungen von Vertragsverhältnissen über die menschliche Arbeitskraft – auf Basis der
Privatautonomie – äußerst schwierig. Schon früh hat sich deshalb der Gesetzgeber dafür
entschieden weder einzelne mögliche Kombinationen an verschiedenen Merkmalen
als eigene Rechtsinstitute besonders zu regeln, noch allgemeine Grundsätze für alle
Erscheinungsformen der Verträge über die Arbeitskraft zu begründen, sondern die Ab-
leitung der Rechtsfolgen den Parteien zu überlassen.501
Aus diesem Grund ist es heute allgemein anerkannt, dass es sich beim ArbeitnehmerIn-
nenbegriff um einen Typusbegriff handelt, der sich seinem Wesen nach jeder Defini-
tion entzieht.502
500 Vgl Pfeil in Schwimann, ABGB Praxiskommentar3 § 1151 ABGB Rz 1 ff; zum Arbeitsvertrag
siehe Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsvertrags in rechtsvergleichender und rechtspolitischer
Sicht (1971); Kietaibl, Arbeitsrecht I8 17 ff; Rebhahn in ZellKomm2 § 1151 ABGB; Schrammel in
Fenyves/Kerschner/Vonkilch (Hrsg), Großkommentar zum ABGB – Klang Kommentar3 (2012)
§ 1151; Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I4 48 ff; Marhold/Friedrich,
Österreichisches Arbeitsrecht2 (2012) 11 ff; Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 1 ff; Rebhahn in
Kleteèka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1151 Rz 1 ff (Stand Juni 2014, rdb.at); Löschnigg, Arbeits-
recht11 158 ff; Tomandl, ZAS 2008, 100 ff;
501 Tomandl, ZAS 2008, 100 ff; Tomandl, Wesensmerkmale 20 ff.
502 Tomandl, ZAS 2008, 101; Kietaibl, Arbeitsrecht I8 23; Pfeil in Schwimann, ABGB Praxiskom-
mentar3 § 1151 ABGB Rz 14. Siehe zum Abgrenzungsstreit Typusbegriff/bewegliches System:
Tomandl Wesensmerkmale 74 FN 157; Krejci in Rummel, ABGB3 § 1151 Rz 61; Ostheim, Ar-
beitsrechtliche Aspekte des Beweglichen Systems in Bydlinski et al, Das bewegliche System im
geltenden und künftigen Recht (1986) 199 ff; Pfeil in Schwimann, ABGB Praxiskommentar3
§ 1151 ABGB Rz 14; zum beweglichen System siehe Bydlinski, Juristische Methodenlehre und
Rechtsbegriff2 (1991) 529 ff; Ostheim, Arbeitsrechtliche Aspekte des Beweglichen Systems in
Bydlinski et al, Das bewegliche System im geltenden und künftigen Recht (1986) 199 ff; Strasser,
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