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institutionellen Trägheit, zumal – wie Dwora Stein (INTV) es formuliert – „es unglaublich
schwer ist – gerade für politische Institutionen, die auch so eine Tradition haben –,
eingetretene Pfade […] zu verlassen“. In der Perspektive mancher zeichnet für diese
Trägheit nicht zuletzt der Umstand verantwortlich, dass die in der Vergangenheit erzielten
Erfolge und der mit einer Veränderung befürchtete Verlust des erreichten
Wohlstandsniveaus das Beschreiten neuer Wege hemme (vgl. Schneider INTV).
Das Fehlen eines integralen Ansatzes in Bezug auf Fragen von Wachstum und Wohlstand
habe auch das Fehlen eines wirtschaftspolitischen Gesamtkonzepts zur Folge. So meint
etwa Johannes Schweighofer (INTV): „Dass man da irgendwie einigermaßen einen
konsistenten Rahmen hätte, an dem man sich orientiert – das ist nicht der Fall.“ Dafür
verantwortlich zeichne auch der Umstand, dass im Bereich der wissenschaftlichen
Politikberatung durch Beiräte bzw. Gremien einschlägige Einrichtungen mit einem solch
weit gefassten Auftrag in Österreich fehlen und es in bestehenden Einrichtungen wie dem
Fiskalrat diesbezüglich wenig Spielraum gebe. Dies sei mit ein Grund dafür, dass
wissenschaftliche Debatten häufig nicht zu Politik und Verwaltung vordringen, da diese
hier in der Regel „nur registriert [werden], wenn das sozusagen irgendwo medial
aufschlägt oder wenn es die Wissenschaft an uns heranträgt“ (Bernhofer INTV).
(4.3.3) Lösungsoptionen
Angesichts der mit divergierenden Interessenlagen und damit assoziierten
Machtasymmetrien verbundenen Hürden sei auf einer grundlegenden Ebene zu
akzeptieren, dass – wie Johannes Schweighofer (INTV) es formuliert – „politische
Auseinandersetzungen geführt werden müssen“. Zu diesem Zweck sei eine politische
Debatte über Indikatoren und deren Entwicklung sowie – darauf aufbauend – über
gesellschaftliche Zielsetzungen und damit verbundene Konflikte bzw. Synergien
vonnöten.67 Denn wenn erst einmal ökonomische, soziale und ökologische Zielsetzungen
als prinzipiell gleichrangig etabliert seien, brauche es laut Markus Marterbauer (INTV) eine
„Debatte auch über […] Werte: ,Was ist in der Gesellschaft wichtig?‘ Zumindest diese
67
Margit Schratzenstaller (INTV) kritisiert diesbezüglich etwa mit Blick auf die Europa 2020-Strategie, dass
hinsichtlich der hier festgeschriebenen ökonomischen, sozialen und ökologischen Ziele „niemand von
Trade-offs und Synergien [redet] und dass die einzelnen Ziele nicht so einfach zusammen zu bringen
sind“.