beizustellen257. Diese Feststellung des OGH ist zu allgemein. Es ist denkbar, dass eine ab-
solute Abhängigkeit der einzelnen Arbeitsverhältnisse nicht anzunehmen ist. Es ist zu prü-
fen, ob im Einzelfall die geschlossene Beschäftigung der ganzen Gruppe den wesentlichen
Vertragsinhalt darstellt. Dies wird bei einer Kapelle mit hohem künstlerischen Rang gege-
ben sein. In diesem Fall wird es entscheidend sein, ob von der Gruppe ein vollwertiger Er-
satz beigestellt werden kann. Bei anderen Gruppen ist es sicherlich denkbar, dass die Arbeit
ohne das ausgeschiedene Mitglied ausführbar ist. In diesem Fall wird dem Arbeitgeber zu-
zumuten sein, die Arbeitsverhältnisse der übrigen Mitglieder aufrechtzuerhalten, ebenso wie
dies der Gruppe zugemutet werden muss, wenn ein Mitglied kündigt oder austritt. Voraus-
setzung ist, dass nach der Vertrags- und Interessenlage noch von „Erfüllung“ gesprochen
werden kann.
Dies schließt selbstverständlich die Stellung eines Ersatzmannes nicht aus. Aus der bloßen
namentlichen Anführung der Kapelle im Vertrag kann noch nicht gefolgert werden, dass der
Austausch von Mitgliedern verboten gewesen sei bzw dass eine Verpflichtung der Kapellen-
mitglieder zur ausschließlich persönlichen Dienstleistung bestanden habe. Solches müsste
im Vertrag ausdrücklich vereinbart werden258.
Bedauerlicherweise hat der OGH derartige Erwägungen auch bei einer Gruppe von freien Handels-
vertretern untereinander oder bei einem Vertragsverhältnis, bei dem ein Angestellter vereinbarungsge-
mäß im Team mit anderen zusammenzuarbeiten hat, unterlassen. Die vorzeitige Lösungsmöglichkeit
wird gegenüber allen Mitgliedern bejaht, wenn nur ein Mitglied einen entsprechend wichtigen Grund
gesetzt hat und kein vollwertiger Ersatz angeboten wird (OGH 18. 2. 1964, 4 Ob 11/64, Arb 7900).
Die eben angesprochene Auffassung des OGH setzt dieser allerdings auch bei der Auflösung
aus wichtigem Grund durch den Arbeitnehmer fort: So ist bei Gruppenarbeitsverhältnissen
demnach für die Beurteilung des Vorliegens eines Austrittsgrundes auch das Verhalten des
Arbeitgebers gegenüber anderen Gruppenmitgliedern heranzuziehen259.
4.4. Sachlicher Bezugsrahmen
4.4.1. Arbeitsstätte, Betriebsstätte, Arbeitsstelle, Arbeitsplatz
Begriffe wie „Arbeitsstätte“, „Betriebsstätte“, „Arbeitsstelle“ und „Arbeitsplatz“ finden sich
vor allem im Arbeitnehmerschutzrecht. § 2 Abs 3 ASchG unterscheidet zB „Arbeitsstätten
in Gebäuden“ und „Arbeitsstätten im Freien“ und stellt diese den „Baustellen“ und den
„auswärtigen Arbeitsstellen“ gegenüber. Baustellen iS des ASchG und des BauKG sind zeit-
lich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen, an denen Hoch- und Tiefbauarbeiten
durchgeführt werden. Als auswärtige Arbeitstellen werden alle Orte außerhalb von Ar-
beitsstätten bezeichnet, an denen andere Arbeiten als Bauarbeiten durchgeführt werden260.
§ 2 Abs 3 ArbIG definiert die Betriebsstätte als örtlich gebundene Einrichtung, in der regel-
4.4.
224
Betrieb/Unternehmen/Konzern
257 OGH 11. 1. 1955, 4 Ob 120/54, Arb 6143; OGH 10. 12. 1963, 4 Ob 121/63, Arb 7852.
258 Zur Typologie von Gruppenarbeitsverträgen und der daraus resultierenden Differenzierung der Beendigungs-
möglichkeiten vgl Petrovic, Zur Einzelauflösung bei Gruppenarbeitsverträgen, ZAS 1985, 171.
259 OGH 29. 8. 2002, 8 ObA 130/02d, DRdA 2003, 360 mit Bespr v Mayr = ARD 5377/1/2003.
260 Vgl ua VwGH 11. 9. 2013, 2013/02/0047, ARD 6376/10/2013.
4/189
4/190