IFAM INFO
INSTITUT FÜR AUFSICHTSRAT-MITBESTIMMUNG · NR. 3 – AUGUST 2007 · http://ifam.wien.arbeiterkammer.at
Wirtschaftskriminalität ist ein
scheinbar zunehmend in den Fokus
der allgemeinen Öffentlichkeit ge-
langendes Problem, das es für
Unternehmen allerdings immer
schon gegeben hat. Jüngste An-
kündigung des Bundesministeriums
für Justiz, eine eigene, sogar wei-
sungsfreie Sonderstaatsanwalt-
schaft für Korruptionsdelikte einzurichten, ist nur ein
weiteres deutliches Zeichen dafür, dass Wirtschaftskri-
minalität und im besonderen Korruption nicht mehr auf
die leichte Schulter genommen wird. Was aber bedeu-
tet ein Fall von Wirtschaftskriminalität, der ja in der
breiten Wahrnehmung immer nur „den anderen pas-
siert“, für die Arbeitnehmer des betroffenen Unterneh-
mens? Wie können Betriebsräte in ihrer eigentlichen
Funktion aber auch als Vertreter im Aufsichtsrat davon
betroffen sein?
Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sich durch
Wirtschaftskriminalität (Fraud) neben dem eigentlichen
wirtschaftlichen Schaden auch noch zusätzliche, neue
Drohpotentiale auftun. Vor allem der Bereich Korrup-
tion war lange Zeit für den privaten Sektor der Wirt-
schaft kein besonderes Problem. Vielmehr wurde und
wird ein gewisses Maß an Korruption in manchen
Branchen fast als Teil des Geschäftsmodells angese-
hen. Tatsächlich gibt es – genau so wie für Beamte –
auch für den privatwirtschaftlichen Sektor klare ge-
setzliche Regelungen. Wenn man somit die Ankündi-
gung der Justizministerin richtig interpretiert, so will
man offenbar insgesamt dem wirtschaftlichen Übel der
Korruption auf den Leib rücken. Was das heißen kann,
zelebrieren uns derzeit unsere deutschen Nachbarn
mit Unternehmen wie Siemens oder VW vor.
Nicht selten spült ein größerer Fall von Wirtschaftskri-
minalität auch gleich eine Reihe weiterer „Unzuläng-
lichkeiten“ mit hoch. Dies wird – oft von einem neuen,
frisch ausgetauschten Management – zum willkom-
menen Anlass genommen, gleich Maßnahmen einzu-
führen und durchzusetzen, die oft mit dem Anlass-
fall nur sehr am Rande etwas zu tun haben. Hier kann
man also als Betriebsrat ziemlich rasch gefordert wer-
den, sich aber argumentativ in einer schwierigen Situ-
ation wieder finden. Unter der Devise der Bekämpfung
von Wirtschaftskriminalität und im Speziellen Korrup-
tion kommt es häufig zu nicht unwesentlichen Ein-
griffen in die Privatsphäre der Mitarbeiter (Über-
wachung) oder einem unverhältnismäßigen „Durch-
greifen“ in ganzen Abteilungen. Hier ist der Betriebsrat
gefordert, für eine Ausgewogenheit zwischen dem
Notwendigen und Nützlichen auf der einen Seite und
überbordender Begehrlichkeiten auf der anderen Seite
zu finden.
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT ALS RISIKO FÜR
ARBEITSPLÄTZE UND AUFSICHTSRÄTE
MATTHIAS KOPETZKY