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Ziehen Sie die BeraterInnen und ExpertInnen aus Ge-
werkschaften und Arbeiterkammern bei. Lassen Sie Ihr
Material – Bilanzen, Wirtschaftspläne, Vorschaurech-
nungen, Liquiditätspläne – prüfen, damit Sie die Situ-
ation realistisch einschätzen können und wissen, wie
dringend gehandelt werden muss.
Denken sie daran: Sie können zu Ihrer Beratung in
allen Angelegenheiten gemäß § 39 (4) Arbeitsverfas-
sungsrecht die zuständige freiwillige Berufsvereini-
gung oder gesetzliche Interessenvertretung der Arbeit-
nehmer beiziehen!
Wie weit ist die Krise fortgeschritten
Eine Unternehmenskrise bricht nicht über Nacht aus.
Ein Unternehmen wird nicht von heute auf morgen in-
solvent. In fast allen Fällen gibt es schon viele Monate,
manchmal sogar Jahre die ersten Anzeichen und
Symptome, bevor die Krise akut wird. Unternehmens-
krisen durchlaufen fast immer 3 Stadien, beginnend
mit einer Strategiekrise, die in der Folge in eine Er-
tragskrise übergeht und mit der Liquiditätskrise endet.
Die Reihenfolge ist immer dieselbe, sofern nicht recht-
zeitig adäquate Gegensteuerungsmaßnahmen ergrif-
fen werden. Strategiekrisen werden als solche oft nicht
einmal erkannt. Die für alle Beteiligten sichtbare und
oft schmerzhafte Ertrags- und vor allem Liquiditäts-
krise folgt erst später.
Wenn dem Betriebsrat erste Krisengerüchte zu Ohr
kommen, sollte er möglichst rasch feststellen, wie weit
sie bereits fortgeschritten ist. Nur so kann er einschät-
zen, ob es schon 5 vor 12 ist oder ob es noch genü-
gend Zeit für soziale und kreative Maßnahmen gibt.
Je weiter eine Krise fortschreitet, desto mehr gewinnt
sie an Tempo und desto eher verringert sich der Reak-
tionszeitraum und Handlungsspielraum.
Ein Unternehmen macht hohe Gewinne, hat steigende
Umsätze und eine gute Presse und kann trotzdem
ganz langsam in eine Strategiekrise schlittern. Die
Zahlen sind ok, Erfolgspotentiale wie z.B. ein beson-
derer Wettbewerbsvorteil, die Qualität der Produkte
oder ein gutes Markenimage bekommen jedoch erste
Kratzer. Die Zukunftschancen sind beeinträchtigt. Eine
Früherkennung ist dennoch anhand diverser Indika-
toren möglich. Klassische erste Anzeichen sind das
Fehlen neuer Produkte durch Vernachlässigung von
Forschung und Entwicklung, Fehlinvestitionen, eine
nachlassende Produktqualität, ein Ansteigen der Kun-
denbeschwerden bzw. -reklamationen, versäumte Lie-
fertermine, gestiegene Forderungen oder sinkende
Auftragsstände.
Wird in der Strategiekrise nicht gehandelt, folgt früher
oder später die Ertragskrise. Sie ist durch rückläufige
Umsätze, sinkende Gewinne bzw. Verluste oder niedri-
gere Rentabilitäten gekennzeichnet. Eventuelle Ver-
luste zehren am Eigenkapital. Eine Ertragskrise ist im
Zahlenwerk des betrieblichen Rechnungswesens (Ge-
winn- und Verlustrechnung, Bilanz, Kostenrechnung)
durchaus erkennbar. Auch eine sinkende Produktivität,
unausgelastete Kapazitäten, einmalige Erträge wie
Anlagenverkäufe und Rückstellungsauflösungen und
vermehrte Preisnachlässe sind Indikatoren der Er-
tragskrise.
Dauert die Ertragskrise länger an und verfügt das
Unternehmen nur über eine schmale Eigenkapitalaus-
stattung, ist die Liquiditätskrise unausweichlich. Auf-
grund der schlechten Ertragssituation und der unbe-
friedigenden Selbstfinanzierungssituation (niedri-
ger oder negativer Cash Flow) werden die liquiden
Mittel immer knapper. Zu Beginn können „finanzielle
Löcher“ oft noch durch weitere Kreditaufnahmen, Um-
schuldungen und Verpfändungen geschlossen wer-
den.
Wenn Kredite nur mehr gegen erhöhte Sicherheiten er-
folgen, sich die Lieferanten durch Eigentumsvorbehalt
oder Lieferung gegen Barzahlung absichern, Rück-
stände beim Finanzamt und bei den Sozialversiche-
rungen hoch werden, Kurzarbeit droht und Löhne und
Gehälter verspätet ausbezahlt werden, ist die Situation
schon mehr als ernst. Wenn das Unternehmen seinen
laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nach-
kommen kann, Gläubiger das Vertrauen verlieren und
keine weiteren Kredite gewähren bzw. Kredite fällig
stellen, droht die Insolvenz.
Zur genauen Analyse der Liquiditätskrise benötigt man
laufende Finanzpläne, die lückenlos alle zukünftigen
Ein- und Auszahlungen und ihren zeitlichen Anfall auf-
zeichnen, um die „Zahlungslücke“ zu erheben. Um
den Weiterbestand des Unternehmens zu gewähr-
leisten, muss jedenfalls die Zahlungsfähigkeit gesi-
chert werden, sonst droht Insolvenz.
Die besondere Gefahr an der momentanen Finanzkrise
ist, dass auch an sich gesunde Unternehmen durch
die sehr restriktive Kreditvergabepolitik der Banken in
Liquiditätsschwierigkeiten kommen können, dass sie
laufende Aufwendungen oder notwendige Investitio-
nen nicht finanzieren können.
Maßnahmen zur Sicherung der Liquidität können von
den Eigentümern durch Gesellschafterzuschüsse bzw.
IFAM-TIPP
AK-BILANZBERATUNG FÜR
BETRIEBS- UND AUFSICHTSRÄTE
Abteilung Betriebswirtschaft, AK Wien
01 501 65-2650 oder 2362