(Fortsetzung von Seite 1)
Zum Jahreswechsel
Setzung schon erwachsen sind und
noch immer entstehen.
Im neuen Jahr drückt uns vor
allem die Sorge um das Schicksal
von ungefähr zweihunderttausend
Arbeitslosen und deren Familien.
Kann man diese Menschen ein¬
fach ihrem Schicksal überlassen?
Abgesehen von dem Umstand, daß
sich eine so verarmte Volkswirt¬
schaft, wie es die österreichische
ist, meiner Meinung nach den
Luxus nicht leisten kann, Hundert¬
tausende von arbeitswilligen und
arbeitsfähigen Menschen nicht zu
beschäftigen, muß auch um der
Arbeitslosen selbst willen eine
Möglichkeit gefunden werden,
diese ehestens wieder in den Pro¬
duktionsprozeß einzuschalten. Man
unterschätze auch die politischen
Gefahren nicht, die unserer Re¬
publik aus einer dauernden Mas¬
senarbeitslosigkeit erwachsen!
Die Frage der Arbeitsbeschaf¬
fung wird gelöst werden müssen,
wenn wir unserem Staat auch in
Zukunft eine geordnete Ent¬
wicklung sichern wollen!
Gewiß, die Schaffung der hiefür
erforderlichen Mittel wird noch
manche Sorge bereiten, aber wenn
sich einmal die Erkenntnis der
Notwendigkeit der Arbeitsbeschaf¬
fung durchgesetzt hat, so wird
auch für die Beistellung der finan¬
ziellen Mittel ein Weg gefunden
werdeB-körrrrFfT Ijier vorzusorgen,
wird wohl die dringendste Auf¬
gabe aller verantwortlichen Fak¬
toren im kommenden Jahr sein!
Ein brennendes Problem unserer
Wirtschaft ist die Frage der
Produktivitätssteigerung
Infolge der geringen Produkti¬
vität ist unser lebensnotwendiger
Export gefährdet und die Kosten
der Lebenshaltung sind höher als
sie sein müßten.
Der Gewerkschaftsbund erkennt
die Notwendigkeit der Produktivi¬
tätssteigerung, aber er ist sich
auch der Tatsache bewußt, daß es
erforderlich ist, die Früchte der
Produktivitätssteigerung vor allem
der Volksgemeinschaft zu sichern.
Nicht erhöhte oder zumindest nicht
ausschließlich erhöhte Profite, son¬
dern billige Preise sollen das
Resultat der Produktivitätssteige¬
rung sein. Damit fördern wir den
Export und erhöhen zugleich auch
den Lebensstandard der arbeiten¬
den Menschen. Wir steigern da¬
durch den Konsum und schaffen
neue Arbeitsgelegenheiten.
Um dieses Ziel zu sichern, ist
das Mitspracherecht der Ge¬
werkschaften bei allen Ma߬
nahmen, welche der Produkti¬
vitätssteigerung und der Ver¬
wendung der aus ihr resultieren¬
den Gewinne eine allgemeine
Fröhliche Weihnachten!
Aus Ungarn erreicht uns die Nach¬
richt, daß „auf Wunsch der Arbeiter¬
schaft" der z weiteWeihnacht s-
feiertag abgeschafft worden
sei. In der Tschechoslowakei wurde
schon im Jahre 1951 keine Weih¬
nachtsremuneration mehr ausbezahlt
und in Ostdeutschland mußte man
diesmal darauf verzichten. Alles
natürlich „auf Wunsch der Arbeiter¬
schaft", die sich in den Volksdemo¬
kratien nichts sehnlicher wünscht, als
möglichst viel schuften zu dürfen und
möglichst wenig Geld dafür nehmen
zu müssen.
volkswirtschaftliche Notwendig¬
keit.
Unsere Herren „Wirtschafts¬
führer'' werden sich dazu beque¬
men müssen, ihren alten, über¬
lebten Standpunkt, „Herr im Haus"
zu sein, aufzugeben! Die Arbeiter
und Angestellten sind zumindest
ein ebenso wichtiger Wirtschafts¬
faktor als sie und deshalb werden
sie bei der Ausgestaltung der Be¬
triebe ihr Mitspracherecht geltend
machen!
Es wird aber auch dem
Ausbau der Sozialpolitik
alle Aufmerksamkeit zuzuwenden
sein. Vor allem gilt es, die Exi¬
stenz der Renteninstitute zu
sichern und die Hunderttausende
von Alters-, Invaliden-, Witwen-
und Waisenrentnern der Sorge
um den ungeschmälerten Weüer-
bezug ihrer Renten zu ent¬
heben, und letzten Endes ist
auch die Novellierung des Anti¬
terrorgesetzes nach der vom
Gewerkschaftsbund gewünschten
Richtung hin eine unabweisliche
Notwendigkeit geworden. Die
Herren der Bundeswirtschafts¬
kammer werden trotz aller Sophi¬
sterei nicht imstande sein, die Tat¬
sache, daß das Antiterrorgesetz in
Das klingt wie ein spätes Echo, denn
im Mai 1952, als sie die Mög¬
lichkeit gehabt hätte, im Einverständ¬
nis und unter MITwirkimg der Ge¬
werkschaften und Betriebsräte das
Problem der Produktivitätssteigerung
zu lösen, da haben weder die Bundes¬
kammer der gewerblichen Wirtschaft
noch die Vereinigung österreichischer
Industrieller Lust gehabt, im Interesse
der bestimmt notwendigen Produk¬
tionssteigerung etwas „durchzufüh¬
ren" noch „einzuleiten".
Man hat zu allen Bemühungen der
Gewerkschaften und d-es Produk¬
tivitätszentrums trotzig geschwie¬
gen. Rationalisierungsmallnahmen
unter Kontrolle der Gewerkschaf¬
ten? Nicht daran zu den¬
ken! So was macht man in eige¬
ner Regie! Man erinnert sich ja
noch an die Zeit vor der großen
Wirtschaftskrise in der ersten Repu¬
blik; da konnte man lustig drauflos
rationalisieren — bis jeder Dritte
arbeitslos war.
Wir kennen diese lockende Melo¬
die, die nun neuerlich aus der Bundes¬
wirtschaftskammer ertönt. . .
Produktivitätssteigerung? Ja! Aber
im Einvernehmen mit den
seiner jetzigen Fassung ein Aus¬
nahmegesetz gegen die Gewerk¬
schaften ist, nicht aus der Welt
schaffen können. Das Gesetz muß
und wird geändert werden!
Es wäre gewiß wünschens¬
wert, daß die Herren unserer
Industrie und der Handelskam¬
mern so viel Einsicht aufbrin¬
gen, um diese notwendige Ma߬
nahme kampflos durchzuführen.
Sollte es aber an dieser Einsicht
fehlen, so ist der Gewerkschaffs¬
bund entschlossen, mit gewerk¬
schaftlichen Mitteln entspre¬
chend nachzuhelfen!
Eine Fülle neuer Aufgaben liegt
auch im kommenden Jahr vor uns,
sie werden gelöst werden müssen
im Interesse des ganzen österrei¬
chischen Volkes! Je früher und je
reibungsloser sie gelöst werden
können, desto besser für die All¬
gemeinheit. Der Gewerkschafts¬
bund ist willens, so wie in der
Vergangenheit auch im kommen¬
den Jahr das Seine dazu beizu¬
tragen. Hoffen wir, daß auch die
übrigen Wirtschaftsfaktoren das
gleiche Verständnis für die Not¬
wendigkeiten unseres Volkes auf¬
bringen!
Gewerkschaften und den
Betriebsräten. Denn jede Stei¬
gerung der Produktivität ist nur dann
von Nutzen, wenn sie mit einer Ver¬
billigung der Erzeugnisse verbunden
ist und damit erhöhten Export und
Vollbeschäftigung garantiert.
Rationalisierungsmaßnahmen? Ja!
Aber nur, wenn die Ergebnisse der
erhöhten Produktivität auch der All¬
gemeinheit und den Arbeitnehmern
zugute kommen, und wenn unter Pro¬
duktivitätssteigerung nicht Ausbeu¬
tung und Außerachtlassung der not¬
wendigen Sicherheitsvorkehrungen
bei der Arbeit verstanden werden.
Die Arbeiter und Angestellten
haben kein richtiges Vertrauen mehr
zu den Rationalisierungsaposteln aus
industriellen Kreisen. Deswegen ist
und bleibt die Forderung des öster¬
reichischen Gewerkschaftsbundes im
Interesse der Allgemeinheit und ihrer
Mitglieder:
Gleichberechtigte Mitarbeit bei
der Produktivitätssteigerung.
An dieser Tatsache ändern auch
die Fanfaren aus der Bundeswirt¬
schaftskammer nichts und wenn sie
noch so verlockend oder drohend
klingen.
U/okUi itH fasdiih# ? Natürlich wieder zu
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am Samstag, den 7. Februar 1953, in allen Söien des
Wiener Konzerthauses, Wien, III., Lothringerstraße 20.
Beginn 21,00 Uhr Ende 5,00 Uhr früh
Es spielen: Das große Ballorchester Eduard Macku,
Charly Kaufmann mit seinem großen Tanzorchester,
Othmar Rauscher mit seinem Orchester, eine original
Bauernkcpelle, Tanzkapelle Leo Wentl, die fünf Har¬
monias. — Barmusik, Schrammelmusik. — Kabarett-
einlagcn beliebter Künstler. Zahlreiche Überraschun¬
gen. — Unter den Besuchern wird ein Motorroller
(Marke Löhner) verlost. Jede Eintrittskarte gilt als Los!
Heuer nur e i n Ball!
Der Kartenvorverkauf hat be¬
reits begonnen! Sichern Sie
sich Ihre Karten rechtzeiiig!
Karten zum Preise von S 25,—
sind im Verlag des österrei¬
chischen Gewerkschaftsbundes,
Wien, I., Hohenstaufengasse 10,
2. Stock, Telephon A 16-5-80,
Klappe 371, sowie in allen
Gewerkschattssekretariaten er¬
hältlich.
Warnung!
Die Bundeswirtschaftskammer gibt der Öffentlichkeit kund und
zu wissen, daß sie eine große Propagandaaktion durchführen will und Ma߬
nahmen einleiten wird, um eine Steigerung der Produktivität in
den Betrieben zu erzielen.
UriWdieiäk
Kultur nur für Besitzende?
In einem Wiener Kino wird gegen¬
wärtig der schon lange erwartete
amerikanische Farbfilm „Vom Winde
verweht" gezeigt. Dieser Film, der
fast vier Stunden lang in einer ge¬
radezu atemberaubenden Spannung
vor dem Zuschauer abläuft, ist eine
große Kulturleisiung.
Während normale Eintrittskarten
zwischen 2,80 und 5,70 Schilling
kosten, verlangt die amerikanische
Verleihfirma Metro-Goidwyn-Mayer
bei diesem Film Eintriltspreise von
10 bis 25 Schilling! Die doppelte
Länge des Fiims hätte nur doppelte
Eintriltspreise gerechtfertigt, keines¬
wegs aber eine derartige Erhöhung.
Der Film wurde bereits 1939 ge¬
dreht, doch durfte er im Dritten Reich
nicht aufgeführt werden. Nun aber
wurde die Hitlerdiktatur abgelöst
durch ein Diktat der Preistreiber, das
es dem arbeitenden Menschen ebenso
unmöglich macht, diesen kulturell
wertvollen Film zu sehen.
Fadenscheinige,,überparfeilichkelt“
In zahlreichen österreichischen
Kinos war in den letzten Wochen ein
Werbefilm des österreichischen Ge-
werkschaiisbundes zu sehen. Dieser
Film hat allgemein Anklang gefunden
und hat vielen arbeitenden Menschen
anschaulich und leicht faßlich vor
Augen geführt, welchen Wert ihre ge¬
werkschaftliche Organisation hat und
wie notwendig es ist, der Gewerk¬
schaft als Mitglied anzugehören.
Es muß daher großes Befremden er¬
regen, daß sich in Vorarlberg fünf
Kinobesitzer geweigert haben,
diesen Werbefilm, natürlich gegen
entsprechende Bezahlung, vorzufüh¬
ren. Sie berufen sich bei ihrer unver¬
ständlichen Weigerung auf einen ein¬
stimmigen Beschluß der Vorarlberger
Kinobesitzer, keinerlei Filme „politi¬
schen Charakters" voriühren zu
lassen.
Man hängt sich also das faden¬
scheinige Mäntelchen der „Uberpartei¬
lichkeit" und politischen „Unab¬
hängigkeit" um und betreibt auf diese
Weise erst recht eine reaktionäre
Politik — gegen die überparteiliche
Interessenvertretung der österreichi¬
schen Arbeiter und Angestellten.
Eine üble Neujahrsbotschalt
Unter Berufung auf den Ablauf eines
Teiles des Paragraphen 5 des Zollüber¬
leitungsgesetzes hat der Finanzminister
für eine große Zahl von Waren mit Wir¬
kung vom 1. Jänner 1953 die bestehende
Zollfreiheit bzw. Zollermäßigung ganz
oder teilweise aufgehoben. Belastet werden
Zucker, Eier, Obst, Gemüse, Gewürze,
Textilien, Leder, chemische Produkte und
viele andere Erzeugnisse.
Der Staatshaushalt wird hiedurch gün¬
stigstenfalls Mehreinnahmen von 100 Mil¬
lionen Schilling erzielen, aber die üblen
Folgen für die Volkswirtschaft werden
ganz unverhältnismäßig größer sein. Durch
die Aufrechnung der Handelsspannen auf
die neuen Einstandspreise werden die
Konsumenten mehr als 100 Millionen
Schilling mehr bezahlen müssen.
Durch die Erhöhung des Preisniveaus
von Importlebensmitteln und importierten
Industrieprodukten wird die österrei¬
chische Landwirtschaft und die öster¬
reichische Industrie in die Lage versetzt,
ihre Preise ebenfalls auf dieses Niveau
hinaufzutreiben.
Es ist zu erwarten, daß die Handels¬
partner Österreichs auf diese überfalls¬
artige Zollerhöhung mit für uns sehr
empfindlichen Gegenmaßnahmen antworten
werden, die Zollerhöhung wird die Sub¬
ventionsmöglichkeit, die die Importeure
von weniger lebenswichtigen Waren
Exporteuren lohnintensiver Waren bieten,
verkleinern, damit den Export dieser
lohnintensiven Waren herabsetzen und
die Beschäfligungsmöglichkeit verringern.
Schließlich wird die USIA, die sich der
Zollbelastung entziehen kann, den Haupt¬
profit an der ganzen Zollerhöhung haben.
SOLIDARITÄT Nr. 181 Seite 3