ll/ßMt tymt das atefie iVokdm?
Sanfte, hellgrüne Hügel, blü¬
hende Pfirsichbäume und weite
Flächen frisch gefurchter, satt¬
brauner Ackerschollen — das ist
die frühlinghafte Kulisse des Bur¬
genlandes.
Und was ist dahinter?
Auf der Landstraße begegnen
uns zwei Männer; sie ziehen jeder
einen mit Dürrholz beladenen
wackeligen Karren. Ob denn Holz¬
klauben im Frühjahr nicht eine
Frauenarbeit sei, fragen wir;
,,Frauenarbeit?" Die beiden schau¬
en uns fragend an.
Diese beiden Spezialmaurer würden lieber Schornsteine und Hochöien bauen
als im „Herrschaitswald“ Klaubholz zu sammeln.
6000 burgenländische Wanderarbeiter sind noch immer arbeitslos
aller arbeitslosen burgenländi¬
schen Bauarbeiter aber sind Wan¬
derarbeiter. Wenn die Bausaison
nicht rechtzeitig einsetzt, ist ihre
Existenz bedroht.
In der Gegend von Güttenbach
und Punitz und südlich davon in
Kukmirn und Groß-Mörbisch sind
beinahe 20 Prozent der Bevölke¬
rung Wanderarbeiter. Ihre heuer
so lange währende Arbeitslosig¬
keit hinterläßt im wirtschaftlichen
Leben dieses Gebietes deutliche
Spuren. Aber auch im Raum von
Oberwart bis Güssing, im Strem¬
bachtal, im unteren Lafnitztal und
Österreichs, auf der man nicht den
Fleiß und die Kenntnisse des bur¬
genländischen Wanderarbeiters
rühmen hörte.
Wohl gäbe es im Burgenland
selbst noch viele Projekte, um
einen Teil der Arbeitslosen zu be¬
schäftigen. Die Nord-Süd-Verbin¬
dung vom Neusiedler Bezirk bis
Jennersdorf ergäbe für viele
Straßenbauarbeiter eine jahrelange
Verdienstmöglichkeit. Wohn- ‘und
Siedlungsbauten sind wie überall
dringend notwendig. Und was ge¬
schieht? Die burgenländische Lan¬
desregierung, die Arbeiterkammer
und der Gewerkschaftsbund haben
alle ihre Kräfte eingesetzt, um
Österreichs Feind Nummer eins,
die Arbeitslosigkeit, zu bekämp¬
fen und damit auch das Problem
ihrer Sorgenkinder, der Wander¬
arbeiter, zu lösen.
Ein arbeitsloser Wanderarbeiter
baut sich ein Häusl?
Frau .lüg stellt einen Augen¬
blick die zwei vollen Schutlkübel
nieder. „Fünf Jahr bau'n wir schon
„Wenn ein Wanderarbeiter ein¬
mal acht Monate arbeitslos ist,
bleibt ihm sonst nichts übrig als
Holzklauben", sagen sie und zie¬
hen verdrossen ihre Karren wei¬
ter.
Brot zu verdie¬
nen. Zu Hause
aber bestellt die
Frau den kleinen
Acker, füttert ein
In Mörbisch am See hängt vor
einem Gasthaus ein buntge¬
schmückter Kranz aus Tannen¬
reisig. „Sautanz ist, und einen ori¬
ginal Mörbischen gibt’s", ver¬
sichert uns der Wirt. Unser Be- ---~ —
such aber gilt den arbeitslosen Paar Hasen oder
Wanderarbeitern in Mörbisch, und eine Ziege und
die haben, so wie wir derzeit, kein verdingt sich,
Interesse für einen „blumigen wenn's gar nicht
Heurigen und ein fettes Göderl". mehr reicht, al
Sie sehen nur mit Bangen, daß
die Tage immer länger werden
und ihre Hände, die gewohnt sind,
Kamine, Schmelzöfen und Schorn¬
steine zu bauen, noch imnTer fei¬
ern müssen.
Die sonderbare Verteilung der
rund 358.000 Hektar großen Agrar¬
fläche des Burgenlandes ist noch
ein Grund für das notwendige
große Wandern der burgenländi¬
schen Arbeiter. Abgesehen vom
Heideboden und dem Seewinkel
besitzt das Burgenland kein auf
ausgeprägter wirtschaftlicher
Grundlage beruhendes Bauerntum.
Ungefähr 43 000 landwirtschaft¬
lichen Zwerg-, Klein- und Mittel-
im Neuhauser Hügelland schnürt betrieben mit weniger als 2 bis
ein Zehntel oder, besser gesagt, 20 Hektar stehen nur 1118 Gro߬
mußte ein Zehntel der Bevölke- bauern gegenüber. 326 Großgrund¬
rung im Frühjahr den Ranzen besitzer aber besitzen fast ein
schnüren, um sich und der Fa- Drittel der gesamten burgenländi-
mihe, in alle Himmelsrichtungen sehen Agrarfläche. Nur ein gerin-
wandernd, in sechs bis acht Mo- ger Teil der burgenländischen Ar-
aaten das tägliche
Hilfsarbeiterin
auf einem land¬
wirtschaftlichen
Gut.
„Im vorigen Jahr war ich längst
schon in Donawitz", sagt uns ein
grauhaariger Spezialmaurer. „Sind
die Herren vielleicht von einer
Baufirma?", fügt er fragend hinzu,-
und als er erfährt, daß wir „nur"
von der Zeitung sind, geht er ent¬
täuscht weiter.
Warum der
burgenländische
Arbeiter wan¬
dern muß, um le¬
ben zu können?
Das ist einfach
erklärt: Für die
rund 42.000 Ar¬
beiter und Ange¬
stellten des Bur¬
genlandes kön¬
nen trotz der Ini-
Fünf Jahre bauen Frau Jilg und ihr
M.inn schon an ihrem „Haus“. Jeder
Ziegel ist vom Munde abgespart.
an dieser Keusch n", sagt sie und
wischt sich mit der Schürze den
Schweiß vom Gesicht. „Seit fünf¬
zehn Jahren hab‘ ich noch kein
neues Kleid! kriegt, und jeder
Ziegl, den S da sehen, ist buck-
stäblich vom Mund abgespart."
Fast alle Wanderarbeiter in diesem burgenländischen
Dort sind arbeitslos. Sie haben nur ein Gesprächsthema:
„Wann gibt es endlich Arbeit?"
Von den ungefähr 12.000 Ar- llcli uel 1IU
beitslosen des Burgenlandes sind tiative aller maß-
uber 6000 gewerbliche und land- gebenden Stellen
wirtschaftliche Wanderarbeiter, nur 30.000 bis 32.000 Arbeitsplätze beiter kann daher in der Land-
^ereUrum POoT beSeZrlWTn auf^acht werden. Mehr als Wirtschaft Unterkommen
bereits um 2000 mehr auf ihre Ar- io.OOO Arbeiter müssen also, wenn In Sigleß hinter Mattersburg
beitsplatze in allen Bundesländern sie leben wollen Beschäftigung in sind die Spezialmaurer zu Hause
SrndieRaus 8ewa ber - ,,Tcuer der Fremde suchen. Die Burgen- Als wir am Nachmittag hinkom:
will die Bausaison nicht richtig in lander sind begehrte Arbeitskräfte men, bemerken wir einige Bau-
„ chwung kommen. Zwei Drittel Es gibt kaum eine Großbaustelle arbeiter in Arbeitskleidung. Gott
Heiß brennt schon die Sonne
auf die weiten Ebenen des Burgen¬
landes. Bald werden die Kirschen
reif sein und die Ananas blühen,
aber immer noch haben tausende
Wanderarbeiter ihre Hände im
Schoß liegen. Die Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit wird als oberstes
Gebot der österreichischen Wirt¬
schaftspolitik bezeichnet; die bur¬
genländischen Wanderarbeiter und
mit ihnen zehntausende Arbeits¬
lose sehen dem Ausgang dieses
Kampfes mit Sorge und Hoffnung
entgegen.
Franz Nekula-Berton
Seife 4 Nr. 189 , SOLIDARITÄT
Eigentümer und Herausgeber Österreichischer
Gewerkschaftsbund Verleget Verlag des
Österreichischen Gewerkschattsbundes Chef¬
redakteur-. Fritz Klenner Verantwortlicher
Redakteur: Karl Franta Für die Bildbeilage
verantwortlich Fritz Konir Gestaltung der
Bildbeilage: August Makart Alle Wien t.,
Hohenstauiengasse 10—12 Druck Waldheim-
Eberle, Wien, VII., Seidengasse 3—11.
sei Dank, hier ist also die Ar¬
beitslosigkeit schon etwas einge¬
dämmt: „Ganz im Gegenteil",
sagt uns der Bürgermeister, der
selbst viele Jahre ein Wander¬
arbeiter war. „Fast alle unsere
Spezialmaurer sind noch arbeits¬
los. Was Ihr da bau'n seht, wird
das Häusl vom Jilg-Leo,- der ist
delogiert word'n. Bei uns hilft ein
Arbeitsloser dem andern, sonst
hätt wahrscheinlich noch keiner
eine Unterkunft."
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