(Fortsetzung von Seite 1)
Nicht stehen bleiben!
Es darf auf die Dauer keinen
sozialrechtlichen Unterschied
zwischen arbeitenden Menschen
geben. Wir dulden kein Kasten¬
wesen und lehnen es entschie¬
den ab, daß Teile der arbeiten¬
den Bevölkerung schlechter be¬
handelt werden als andere. Wo
noch ein derartiges Unrecht be¬
steht, werden wir es mit aller
Kraft zu beseitigen suchen!
Ein solches Unrecht ist es bei¬
spielsweise, wenn ein Angestellter
bei SOprozentiger Berufsunfähig¬
keit die Invalidenrente bekommt,
ein Arbeiter aber erst bei 662/'3pro-
zentiger Arbeitsunfähigkeit! Eben¬
so ist es ein Unrecht, wenn die Be¬
schäftigten in der Privatindustrie
in ihren Pensionsansprüchen
schlechter gestellt sind als die
öffentlich Angestellten.
Wer in einem Alter von 65 Jah¬
ren beziehungsweise bei Frauen
mit 60 Jahren, gleich lange Ar¬
beitszeiten aufweist, muß auch
gleiche Anspruchsrechte auf eine
Pension besitzen! Allerdings wird
sich diese Forderung nicht sofort
verwirklichen lassen, sondern erst
dann, wenn die Sozialversiche¬
rungsinstitute den erhöhten finan¬
ziellen Aufwand bestreiten kön¬
nen.
Schließlich sei nochmals darauf
hingewiesen, daß eines der bren¬
nendsten Probleme die Arbeits¬
beschaffung und Berufsausbildung
für unsere Jugend darstellt! An
diesem Problem dürfen wir keines¬
wegs vorübergehen.
In Kürze werden um 40.000 Vier¬
zehnjährige mehr die Schule ver¬
lassen, als es im Vorjahr der Fall_
war. Wir müssen diese heran-
wachsende Generation in unser
Wirtschaftsleben einführen. Es
geht nicht an, daß sie sich selbst
und den schlechten Einflüssen der
•Straße überlassen werden!
Die Regierung hat sich 'erfreu¬
licherweise eingehend mit dieser
Frage beschäftigt und hat auch
einige wichtige Maßnahmen zu
deren Lösung beschlossen.
Das allein ist aber noch nicht
genug! Es muß auch noch die
gesamte Öffentlichkeit mithel¬
fen, damit unserer Jugend der
Weg in den Beruf und damit ins
Leben erleichtert wird!
Der österreichische Gewerk-
schaftsbund wird so wie bisher die
hier angeführten Forderungen und
auch alle übrigen berechtigten
Forderungen der organisierten Ar¬
beiterschaft unseres Landes kraft¬
voll vertreten. Die Zeit schreitet
fort, wer stehen bleibt, befindet
sich auf dem Rückschritt. Die
österreichische Gewerkschafts¬
bewegung war jedoch stets die
stärkste Triebkraft des sozialen
Fortschritts und wird es auch in
alle Zunkunft bleiben!
Meldet Quartiere für das
Gewerkschaftstreffen!
Für die von auswärts kommenden Teil¬
nehmer am Gewerkschaftstrefien, welches
bekanntlich vom 29. August bis 6. Sep¬
tember in Wien stattfindet, werden geeig¬
nete Unterkünfte benötigt. Die Wiener
Kollegen werden ersucht, Quartiere, die sie
diesen Gästen zur Verfügung stellen kön¬
nen, an die Festleitung des Gewerkschafts¬
treffens in Wien, L, Hohenstaufengasse 10,
zu melden. Nähere Einzelheiten sind von
der Festleitung, Telephon A 16-5-10,
Klappe 371, zu erfragen, wo auch die
entsprechenden Anmeldeformulare erhält¬
lich sind.
Treffpunkt Wien
Jeder Abschiedsgruß unserer Kol¬
leginnen und Kollegen aus den Bun¬
desländern im vorigen Jahr nach dem
Gewerkschaltstag in Leoben, Bruck
a. d. Mur und Kaptenberg klang in den
Wunsch aus: „Aul Wiedersehen 1953
in Wien!“ Und nun ist es bald so
weit.
Festiug
Wien rüstet zum 3. Gesamtöster¬
reichischen Gewerkschaltstreflen. ln
der großen Zedlitzhalle im 1. Be¬
zirk herrscht bereits ein Getriebe wie
vor einer großen Premiere. Bild¬
hauer, Maler, Architekten und Hand¬
werker arbeiten tieberhalt an den 70
symbolischen Gruppen und Wagen
des riesigen Festzuges, der den
sozialen Aufstieg des arbeitenden
Menschen vom peitschengetriebenen
Sklaven zum gleichberechtigten freien
Bürger zeigen wird.
ln der zentralen Festleitung wer¬
den die letzten Termine für das ge¬
samte umfangreiche Programm fest¬
gesetzt, Sparmarken ausgegeben,
Quartiere eingeteilt, Künstler ver_"
pflichtet und die zahllosen admini¬
strativen Vorarbeiten geleistet, die
eine Veranstaltung im Ausmaß des
3. Gesamtösterreichischen Gewerk-
schattstretiens ertorderl. „Es muß
alles klappen vom 29. August bis
6. September“, das ist die Parole, die
jedep Mitarbeiter immer wieder an¬
spornt, sein Bestes zu geben.
Wir sprechen mit Professor Slama,
dem die künstlerische Gestaltung des
Gewerkschaltstreftens obliegt. Er
steckt Hals über Kopf in Arbeit, aber
die wenigen Bemerkungen, die er
allein über den Festzug macht, lassen
uns das Ausmaß der einzelnen Ver¬
anstaltungen ahnen: „Seit dem Mar¬
kart-Festzug im Jahre 1879 und dem
Festzug anläßlich der Weltausstellung
im Jahre 1873 hat Wien noch keine
ähnliche Veranstaltung gesehen.
Aber nicht eine sinnlose Prachtent¬
faltung wird den fast drei Kilometer
langen Festzug am Gewerkschafts¬
treffen sehenswert machen, sondern
das überwältigende, farbenfrohe und
lebendig gestaltete Thema des sozia¬
len Aufstieges der arbeitenden Men¬
schen:"
Musikwettbewerb
Aus der Fülle des überaus reich¬
haltigen Festprogramms sei auch auf
den Musikwettbewerb der
Betriebskapellen hingewiesen.
Die Wiener Arbeiterkammer hat
Preise in der Höhe von zusammen
47.500 Schilling zur Verfügung ge¬
stellt. Die prämiierten Musikkapellen
?— sei es nun Blasmusik oder Streich¬
orchester — erhalten überdies ein
Diplom der Arbeiterkammer. Jede
Betriebskapelle, die sich an diesem
Wettbewerb beteiligt, hat ein Musik¬
stück nach freier Wahl mit einer
Höchstdauer von zehn Minuten vor¬
zutragen. Die aus Fachleuten zu¬
sammengesetzte Jury wird die Preise
zuerkennen, doch werden natürlich
auch die musikbegeisterten Zuhörer
ihr Urteil abgeben.
Wenn man sich bei den Vorberei¬
tungsarbeiten darüber ein Bild macht,
was während des Gewerkschafts-
treifens in Wien los sein wird, dann
muß man wirklich das Versprechen
halten, das man zu Pfingsten des vori¬
gen Jahres in der Steiermark Freun¬
den gab, und zu einem frohen Wieder¬
sehen kommen! l-n-
Schändliche Anbiederung
In der Pfingstausgabe der „Presse"
erschien folgendes Inserat:
GEWERKSCHAFTS GEGNER,
28 Jahre, ledig, sucht Ver¬
trauensstellung (Kassa,
Kartei, Parteienverkehr
usw.) in seriöser Firma.
Unter .Ehrlich und gewis¬
senhaft 86.661* an die
.Presse*. Wien, Univer-
sitätsstraße 5.
BÜROKRAFT ?»hre. per-
Der junge Mann, der auf diese
Weise eine Stellung sucht, empfiehlt
sich als „Gewerkschaftsgegner" — was
ebenso neuartig wie bedenklich ist. Fs
ist kein Zufall, daß dieses Inserat
gerade in einer Zeitung erscheint, die
aus ihrer feindseligen Einstellung
gegenüber der organisierten Arbeiter¬
schaft nicht einmal mehr ein Hehl
macht. Wer sich aber von einem sol¬
chen Inserat einen besonderen Erfolg
verspricht, der beweist damit nicht nur
ein beachtliches Maß an eigener Cha¬
rakterlosigkeit, sondern schätzt auch
die Unternehmerschaft sehr gering ein.
Die Bedeutung der Gewerkschaiten
für die Sicherung der Arbeitsruhe und
damit für eine geordnete Wirtschaft
überhaupt, wird heute selbst von vie¬
len Unternehmern anerkannt. Nur pri¬
mitivste Rückständigkeit unter den
Unternehmern erblickt in der Gewerk¬
schaft von vornherein den „Feind".
Die Anbiederung als Gewerkschafts¬
gegner appelliert an eine solche
Rückständigkeit und ist eine Schande
für jeden, der diese Charakterlosig¬
keit als Empfehlung ansieht.
Die überwiegende Mehrheit der
österreichischen Arbeiter und Ange¬
stellten verachtet solche Kriecher¬
naturen, die dem Unternehmer ihre
Gewerkschaftsfeindlichkeit versichern
und sich im gegebenen Falle auch
gerne als Streikbrecher hergeben wür¬
den. Sie sind Verräter an den Lebens-
inleressen der arbeitenden Menschen
und sollen als solche behandelt
werden.
Sie geben klein bei
In der Parlamentsdebatte über das
Energieanleihegesetz hat bekanntlich
der Herr Abgeordnete Dr. Stüber
dem Gewerkschaftsbund den Vorwurf
gemacht, von dem „gehorteten Mil-
lionenschalz" nichts für die arbeit¬
schaffende Energieanleihe herzugeben.
Hätte er geschwiegen, so wäre er ver¬
mutlich ein Weiser geblieben, denn
es sollte ja seiner Aufmerksamkeit
nicht entgangen sein, daß der Ge-
werkschaftsbimd im Juli 1949 5 Mil¬
lionen Schilling für die Aufbauan¬
leihe gezeichnet hat.
Und was die Energieanleihe betrifft,
so haben wir auch nicht auf die Rat¬
schläge des Herrn Stüber gewartet.
An einem der ersten Tage, an dem
eine Anleihezeichnung möglich war,
hat das Präsidium des Gewerkschafts¬
bundes im Hinblick auf die Notwen¬
digkeit der Arbeitsbeschaffung eben¬
falls 5 Millionen Schilling zur Ver¬
fügung gestellt.
Herr Stüber hat aber in seiner Rede
auch behauptet, die Gelder des Ge¬
werkschaftsbundes würden dazu ver¬
wendet, den Wahlkampf der Soziali¬
stischen Partei zu finanzieren. Auf
unsere Erwiderung in der „Solidari¬
tät" vom 11. Mai hat sich nun ein
Herr Bundesrat Schuh berufen ge¬
fühlt, mil viel Wortgepränge die Be¬
schuldigungen des Abgeordneten
Stüber zu bekräftigen. In dem Wo¬
chenblatt „Der Unabhängige“ ver¬
öffentlichte er am 23. Mai einen eben¬
so langen wie langweiligen Artikel,
um unter anderem zu beweisen, daß
tatsächlich der „Millionenschatz des
Gewerkschaftsbundes“ zu Wahl¬
kampfzwecken herangezogen wurde.
Dieser „Beweis" besteht lediglich
aus t*er im Zeichen höchster Erregung
vorgebrachten Feststellung, daß von
„roten Betriebsräten" Wahlfondsmar¬
ken der SPÖ verkauft wurden. Dies
ist aber natürlich keine Angelegen¬
heit des Gewerkschaftsbundes und
seiner Finanzverwaltung, sondern
Sache einer politischen Fraktion. Kein
sozialistischer Betriebsrat wird es
sich von einem Herrn Stüber oder
einem Herrn Schuh verbieten lassen,
Wahlspenden einzukassieren. Das
gleiche Recht haben ja übrigens auch
Betriebsräte und Funktionäre anderer
Fraktionen.
Das ist also das Ende der Behaup¬
tung, die der Abgeordnete Dr. Stüber
aulgestellt hat. Hätte er die gleiche
Behauptung am Biertisch gemacht, so
hätte ihm das schlimmstenfalls eine
„Runde" gekostet, so aber mußte sein
eigenes Blättchen klein beigeben und
er selbst ist blamiert. Es bleibt jetzt
nur abzuwarten, ob er seine Parla¬
mentsrede vom 22. April revidieren
wird.
ERSPARNISSE
OBER DIE MAN IMMER VERFÖGEN KANN UND
DIE SICHER ANGELEGT SIND, ERWIRBT MAN
DURCH ZEICHNUNG DER WERTGESICHERTEN
ENERGIE-ANLEIHE 1953
SIE IST DIE BESTE GELDANLAGE, BRINGT HOHE
ZINSEN, STEUERBEGÜNSTIGUNG, HOHE GE¬
WINSTCHANCEN UND SICHERT DIE ZUKUNFT
Arbeiter und Angestellte
versichern bei der
Städtischen
Versicherungsanstalt
Wien, I., Tuchlauben 8
Tel.: U 28-5-90
Geschäftsstellen im ganzen Bundesgebiet
SOLIDARITÄT Nr. 192 Seite 3