Zwei Drittel der Bevölkerung der
Erde, hauptsächlich im Fernen Osten,
Mittelasien und Afrika, haben einen
erschreckend niederen Lebensstan¬
dard, und zwar dort, wo es keine
oder nur schwache Gewerkschaften
gibt. Trotz aller Bemühungen aber
können auch die Gewerkschaften in
diesen Gegenden keinen richtigen
Wohlstand für die arbeitenden Men¬
schen erreichen, da es überall an
technischen Hilfsmitteln und an dem
nötigen Kapital für die Steigerung'der
Produktion fehlt, Die Bevölkerung
dieser Gebiete wächst aber jedes Jahr
um 23 bis 25 Millionen, und die Ver¬
suche, dieses Elendsproblem auf
charitativer Grundlage zu lösen, sind
längst gescheitert.
Man wird, anstatt das Geld in sinn¬
losen Prestigekriegen zu verpulvern,
Kapital und Maschinen in diese Län¬
der stecken müssen, um der dortigen
Bevölkerung und der ganzen Welt die
brachliegenden Werte dieser frucht¬
baren Gebiete zu erschließen.
SIraßenbau zum Haupthafen von Malta. Auf der Landkarte nimmt sich die
Insel Malta als ein winziger Fleck aus, aber sie ist ein wichtiger strategischer
Stützpunkt und dadurch eine Stätte emsiger Arbeit. Malta, das am dichtesten
bevölkerte Land der Frde, hat praktisch keine andere Existenzgrundlage als
die Arbeitskraft seiner Bevölkerung. Auf einel1 Bodenfläche von nur
315 Quadratkilometer wohnen über 300.000 Menschen. Bei dieser Bevölke¬
rungsdichte würde Amerika 11,5 Milliarden Einwohner haben. Der Wert
der Einfuhrgüter auf dieser arbeiterreichen Insel ist zehnmal größer als der
Wert des Exports. Die Folge sind schlechte Arbeitsbedingungen und-miedrige
Löhne. Der „Arbeiterverband“, der 70 Prozent der Malteser Arbeitnehmer
vertritt, hat daher alle Hände voll zu tun, um die ständigen Angriffe der
Unternehmer aut die sozialen Rechte der Arbeiter abzuwehren. f. n.
Dieser indianische Bauer bearbeitet seinen spärlichen Boden mit urwelllichen
Werkzeugen. Der Ertrag ist dementsprechend gering. Von Techn!k und Gewerk¬
schaft, ha! er keine Ahnung, weil er und seine Familie Analphabeten sind.
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Oh sie in Texas nach Ol bohren oder in Hamburg Schiffe laden, ob sie in Südilorida Gurken
ziehen oder in den Stahlwerken von Pennsylvania Bleche walzen — ihrer Hände und ihres
Geistes Arbeit sind der Pulsschlag der Welt. Hunderte Millionen Arbeiter und Angestellte, die
sich des Wertes ihrer Arbeit bereits bewußt sind, haben daher durch die Gewerkschaften ihre
berechtigten Ansprüche an den Erträgnissen ihres Fleißes längst geltend gemacht. Der Erfolg ist
in vielen Ländern der Welt aber noch unbefriedigend. Es fehlt neben dem guten Willen einzelner
Unternehmer auch an einer auf liberalen Grundsätzen aufgebauten internationalen Wirt¬
schaftspolitik und einer großzügigen Anwendung aller technischen Behelfe, um auch den kulturell
weniger entwickelten Völkern ihren Anteil an den Bedarrsgütern zu sichern.
Gewisse Lander haben hunderttausende Arbeitslose, weil es an Land fehlt. Andere verfügen
über Millionen Hektar unkultivierten Bodens, weit es an Arbeitskräften fehlt. Indische Plan¬
tagenarbeiter gehen in Lumpen gekleidet mit ihren primitiven Ackergeräten kilometerweit zu
ihren Arbeitsstätten, und in vielen europäischen Ländern werden Texlil- und Maschinenfabriken
zugesperrt, weil man für ihre Erzeugnisse keine Käufer findet. Um der sozialen Gerechtigkeit und
des wirlschaftlichen Aufstieges willen werden die verantwortlichen Männer in den maßgebenden
Ländern nicht umhin können, den Pulsschlag der Welt — die Arbeit — auf das notwendige,
normale Maß zu bringen. Die freien Gewerkschaiten der ganzen Welt werden sie dabei unterstützen.
Aus seinen Augen leuchtet der Stolz des selbstbewußten
organisierten Arbeiters. Auf den riesigen brasilianischen
Plantagen konnten die Gewerkschaiten bereits festen
Fuß fassen. Die drei Millionen zählenden Gewerkschaits-
gruppen Brasiliens haben aus Lohnsklaven freie Arbeiter
gemacht