und nicht aus Menschen bestehen.
Sie wählen solche Zeiten immer
dazu, um den Versuch zu machen,
Breschen in die sozialen Rechte
der Arbeiter und Angestellten zu
schlagen.
Vom Lehrlingsschutz bis zum Ar¬
beitsgericht und vom Achtstunden¬
tag bis zur Urlaubsreise — wach¬
sam und umsichtig greifen die Ge¬
werkschaften in den Alltag aller
Werktätigen ein. Trotzdem gibt es
viele Arbeiter und Angestellte, die
sonst nichts tun, als einmal in der
Woche oder im Monat ihren Bei¬
trag hinzulegen, und zwar in einer
Art, als hätten sie sich damit einer
lästigen Verpflichtung zu entledi¬
gen — und es gibt leider noch
immer eine stattliche Anzahl, die
nicht einmal das tut.
Wie können wir nun unsere Ver¬
bundenheit mit der Gewerkschaft
zum Ausdruck bringen?
überall dort, wo hämische Be¬
merkungen das Ansehen der Ge¬
werkschaften schmälern wollen,
dürfen wir uns nicht schweigend
abwenden, denn Schweigen heißt
in solchen Fällen zustimmen. Wer
seine Gewerkschaft widerspruchs¬
los herabwürdigen läßt, würdigt
sich selbst herab. Wir müssen
ferner Anteil nehmen an allem,
was unsere Organisation betrifft.
Jeder Angriff von Unternehmer¬
seite auf die Gewerkschaften ist
ein Angriff auf unsere sozialen
Rechte und auf unsere Lebenslage.
Wir müssen werben für unsere
Gewerkschaft, denn jedes neue
Mitglied bedeutet einen Kämpfer
mehr für unsere gemeinsamen
Ziele. Und wir müssen uns schlie߬
lich bei jeder Gelegenheit offen zu
unserer Gewerkschaft bekennen.
Denn nur dadurch können wir den
Gegnern der Gewerkschaften un¬
sere Stärke beweisen.
Vom 29. August bis 6. Septem¬
ber 1953 findet in Wien das 3. Ge¬
samtösterreichische Gewerkschafts¬
treffen statt. Es wird durch die da¬
mit verbundene 60-Jahrfeier des
Bestandes der österreichischen Ge¬
werkschaftskommission ein beson¬
ders festliches Gepräge erhalten.
Kolleginnen und Kollegen aus
allen Bundesländern, das ist nun
so eine Gelegenheit, sich offen zu
der Gewerkschaft zu bekennen.
Beteiligt euch daher an dieser
Manifestation aller österreichischen
Arbeiter und Angestellten!
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Eigentümei und Herausgeber: Oslerreichischer
Gewerkschaftsbund Verleger: Verlag des
Österreichischen Gewerkschaftsbundes Chef¬
redakteur: Fritz Klenner Verantwortlicher
Redakteur: Karl Franta Für die Bildbeilage
verantwortlich: Fritz Konir Gestaltung der
Bildbeilage: Ajugust Makart Alle Wien. I.,
Hohenstaufengässe 10—12. Druck: Waldheim-
J Eberle. Wien VII.. Seidengasse 3—11.
Produktivitätssteigerung nicht ohne Gewerkschaften
Als in den Jahren 1950 und 1951,
auf dem Höhepunkt der USA-Auslands-
hilfe, amerikanische Politiker, Journa¬
listen, Gewerkschafter und auch Ge¬
schäftsleute Europatereisten, machten
sie die Feststellung, daß, wie es Sena¬
tor Benton treffend ausdrückte, „die
Reichen durch die Auslandshilfe immer
reicher“, die anderen Schichten aber in
den Staub getreten werden. Das Re¬
sultat dieser Untersuchungen und
Berichte war eine Novelle zum Aus¬
landshilfsgesetz, die nach ihrem
Schöpfer genannte Benton-Novelle,
die der Verwaltung der Auslandshilfe
die Förderung der Produktivität, der
Konkurrenz, ' Hebung des Lebens¬
standards und die Unterstützung der
Gewerkschaften zum Ziel setzte.
Zu diesem Zweck wurden heuer
100 Millionen Dollar von den USA
zur Verfügung geslelll, wovon
Österreich 10 Millionen erhalten
soll, das sind 260 Millionen Schil¬
ling. Die österreichische Bundes¬
regierung hat bekanntlich im ver¬
gangenen Monat diese 10 Mil¬
lionen Dollar angenommen und
sich verpflichtet, sie im Sinne des
US-Gesetzes, auf Grund dessen sie
gegeben wurden, zu verwenden.
Einige Scharfmacher wollen keine
Zusammenarbeit
Von allem Anfang an war man sich
darüber klar, daß die Produktivitäts¬
steigerung und die Hebung des
Lebensstandards der Arbeiter und
Angestellten selbstverständlich nur
im Wege der Mitarbeit der Ge¬
werkschaften erreicht werden könnte,
ganz abgesehen davon, daß der
amerikanische Gesetzgeber die
Stärkung der Gewerkschaften als
Ziel setzte.
Der logische Weg zur Produk¬
tivitätssteigerung bei Erhöhung des
Lebensstandards und der Sicherung
der Beschäftigung wäre eine Zu¬
sammenarbeit von Arbeitgebern und
Arbeitnehmern unter Mitwirkung
der Gewerkschaften gewesen. Aber
gerade das wollten einige Scharf¬
macher und Totengräber der Zu¬
sammenarbeit in den Unternehmer¬
verbänden verhindern.
und somit kam es über die ent¬
scheidende Frage der Zusammenarbeit
von Gewerkschaften und Unter¬
nehmungsleitungen bei Verwendung
der Hilfsgelder und der Steigerung
der Produktivität zu keiner Einigung
zwischen den Sozialpartnern.
Bei der nun einmal bestehenden
Rechtslage und den wirtschattlichen
und politischen Verhältnissen kann
eine Produktivitätssteigerung in
Österreich nur in Zusammenarbeit
mit den Gewerkschaften abgewickelt
werden, soll sie nicht zu einer Über¬
vorteilung der Arbeitnehmer führen,
zu einer rücksichtslosen Ausbeutung
der Arbeitskraft oder zu, massiven
Entlassungen, wie sie die Arbeit¬
nehmer noch in Erinnerung haben.
Nur um die Gewerkschaften aus¬
zuschalten, deren rechtliche und
sachliche Befähigung, die Inter¬
essen der Arbeiter und Angestellten
bei der Durchführung der Pro¬
duktivitätskampagne zu wahren,
nicht einmal diskutiert werden kann,
sind die Unternehmer auf die aus¬
gefallensten Ideen hinsichtlich ihrer
möglichen Partner für eine Durch¬
führung der Produktivitätskampagne
auf Betriebsebene verfallen.
Einmal will man jedem Gewerbe¬
treibenden ein paar tausend Schilling
zukommen lassen, selbstverständlich
nur nach Befürwortung der Landes¬
kammer der gewerblichen Wirtschaft
dann will man ohne gesetzliche und
rechtliche Grundlage Produktivitäts¬
ausschüsse in den Betrieben bilden,
die überwachen sollen, ob die Ar¬
beiter und Angestellten, die an der
Produktivitätskampagne teilnehmen,-
auch als Gesamtheit materiell auf
ihre Rechnung kommen und als ein¬
zelne gerecht an der Verteilung der
Produktivitätsgewinne partizipieren.
Soll der Betriebsrat schuldig
werden?
Schließlich sind die Unternehmer
auf die Idee gekommen, zu ihrem
Partner bei der Abwicklung der Pro¬
duktivitätskampagne an Stelle der
Gewerkschaften die Betriebsräte aus¬
zuersehen. Ein Argument war dafür
schnell gefunden. Die Betriebe dürfen
nicht politisiert werden, war die
Parole. Als ob eine Teilnahme der
Gewerkschaften an den Verhandlun¬
gen über Produktivitätsprämien, Ver¬
änderungen im Betrieb, Arbeitsplatz¬
bewertung, Preissenkung usw. eine
Politisierung des Betriebes .mit sich
gebracht hätte.
In Wirklichkeit war aber auf Seite
der Unternehmer der Wunsch ma߬
gebend, sich unter den möglichen
Partnern den rechtlich und sachlich
schwächsten auszusuchen, da man
hoift, mit ihm eher fertig zu werden
als mit der Gewerkschaft,
da man hofft, auf ihn alle Fehler und
Mißerfolge bei der Produktivitäts¬
steigerung abladen zu können und
ihn zum Prügelknaben für Unter¬
nehmer und Belegschaft zu machen.
Die Unternehmer wissen selbst sehr
genau, daß der Betriebrat nicht die
rechtlichen Grundlagen hat, um seine
Kollegen bei der ungeheuer schweren
Abwicklung der Produktivitätsver¬
träge zu schützen und zu vertreten.
Geht die Abwicklung der Produktivi¬
tätsverträge gut vor sich, dann war
es ein Erfolg des Unternehmers, geht
etwas schief, so müßte es der Be¬
triebsrat jeden einzelnen seiner Kol¬
legen, der bei der Produktivitäts¬
steigerung übervorteilt wird, von
dem eine unzumutbare Mehrleistung
verlangt wird oder der infolge einer
schlechten Durchführung der Pro¬
duktivitätssteigerung seine Existenz,
seinen Arbeitsplatz verliert, über-
Dennoch beschloß der Nationalrat
am 9. Juli 1953, mit Unterstützung
der Gewerkschafter, ein Jugendein¬
stellungsgesetz. Der Grund hiefür ist
der Umstand, daß bisher zur Be¬
kämpfung der Jugendarbeitslosigkeit
so gut wie nichts geschehen ist, der
erste starke Jahrgang von Jugend¬
lichen vor wenigen Tagen jedoch die
Schule bereits verlassen hat und die
dringende Frage nach einem Arbeits¬
platz an uns alle richtet.
In dieser Situation, um Punkt
12 Uhr, hat die Diskussion über
ein solches Gesetz der nackten Tat¬
sache, daß etwas geschehen muß,
zu weichen. Festgehalten soll je¬
doch werden, daß dieses Gesetz
weder einen Idealzustand schafft,
noch auch ausreichen wird, um die
Jugendarbeitslosigkeit auch tatsäch¬
lich wirksam beheben zu können.
Das Gesetz ist ein erster beacht¬
licher Schritt, dem noch viele an¬
dere ergänzende nachfolgen müssen.
Dieses Gesetz wurde ähnlich dem
bereits beklebenden Invalideneinstel¬
lungsgesetz abgefaßt und verpflichtet
die Betriebe nach einem bestimmten
Schlüssel im Verhältnis zur Beleg¬
schaft zur Beschäftigung beziehungs¬
lassen, einen Weg zu finden, wie er
zu seinem Recht kommt, wie er sich
schützt.
Freilich würde eine derartige
Durchführung der Produkiivitäts-
kampagne den scharfmacherischen
Unternehmern, die in dieser Frage
das große Wort führen, ganz in
ihr Konzept passen. Die Gewerk¬
schaften werden ausgeschaftet, die
Betriebsräte diskreditiert, die Han-
deiskamarilla verteilt Kredite und
Subventionen an ihre politischen
Freunde —
und das alles aus der Tasche des
amerikanischen Steuerzahlers. Und
wenn dann irgend welche Mißerfolge
und Mißstände allzu sehr zum Himmel
stinken, wenn die Rationalisierungs¬
arbeitslosigkeit steigt, dann wird die
US-Auslandshilfe Verwaltung schuld
sein und verantwortlich gemacht
werden.
Produktivitätssteigerung: la —
Antigewerksriiaftspolitik: Nein
Der österreichische Gewerkschafts¬
bund hat sich aus gesamtwirtschaft¬
lichem ' Verantwortungsbewußtsein
immer wieder zur Notwendigkeit der
Produktivitätssteigerung bekannt.
Österreich muß sein Inlandpreis¬
niveau senken, es muß im Ausland
billiger anbieten können, es muß
wirtschaftlich stärker werden. Der
österreichische Gewerkschaftsbund
hat sich auch immer dazu bekannt,
daß diese Produktivitätssteigerung
im Wege einer aufgeschlossenen und
fortschrittlichen Zusammenarbeit
sehen Arbeitgebern und Arbeit¬
nehmern zustande, kommt.
Was aber nicht geduldet werden
darf, ist eine Politik der widmungs¬
widrigen Verwendung der Aus¬
landshilfe zu politischen Zwecken,
zur Schwächung der Gewerkschaft^..
und Spaltung der Arbeiterschaft in
den Betrieben. Die Parole war
doch: Produktivität hilft allen. Soll
sie auf einmal nur einigen Unter¬
nehmern helfen auf Kosten der Ar¬
beiter und Angestellten? k.
weise Einstellung von Jugendlichen.
Als Schlüssel wurde festgelegt, daß
alle Betriebe auf 5 Arbeitnehmer min¬
destens einen Jugendlichen, und auf
je weitere 15 Arbeitnehmer je einen
weiteren- Jugendlichen zu beschaiti-
gen haben. Sind in einem Betrieb
mehr als 300 Arbeitnehmer beschäftigt,
gilt für die ersten 300 Arbeitnehmer
der vorhin erwähnte Schlüssel: ab
300 Arbeitnehmer ist jedoch auf je
25 Arbeitnehmer je ein werterer
Jugendlicher zu beschäftigen. Den
Jugendlichen werden die Absolventen
von Fachschulen, mittleren Lehr¬
anstalten und Hochschulen gleich¬
gestellt. Die Gleichstellung dieser Ab¬
solventen erstreckt sich jedoch höch¬
stens auf zwei Jahre seit dem Termin
der Abschlußprüfung beziehungsweise
bis zur Erreichung der Anwartschaft
für die Inanspruchnahme der Unter¬
stützungsleistung aus der Arbeits¬
losenversicherung.
Die Einstellungspflicht kann durch
die Beschäftigung der Jugendlichen
sowohl als Lehrling wie auch als
Arbeiter oder Angestellter erfüllt
werden und hat möglichst der Auf¬
teilung der Belegschaft nach männ-
Das Jugendeinstellungsgesetz
Seit Jahren wurde von der Gewerkschaftsseite immer wieder auf das
Problem der von Jahr zu Jahr anwachsenden Anzahl von Schulabgängern und
den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten, Jugendliche in den Arheü's-
prozeß einzugliedern, liingewiesen. In umfangreichen Forderungsprogrammen
wurden Vorschläge zur Bekämpfung einer sich anbahnenden Jugendarbeits¬
losigkeit erstellt. Bet der Erstellung dieser Vorschläge wurde auch über die
Frage der gesetzlichen Einstellungsverpflichtung von Jugendlichen diskutiert.
In Anbetracht der sozialpolitischen Probleme, die sich aus der Zwangsein¬
stellung von Jugendlichen ergeben müssen, ist ein Jugendeinstellungsgesetz
in das vor Jahren bereits ausgearbeitete Forderungsprogramm des ÖGB nicht
aiifgenommen worden.
Seile 2 Nr. 195 SOLIDARITÄT