Ein Denkmal im Herzen der Arbeiterschaft
Rede von Präsident Böhm
anläßlich der Enthüllung des Anton-Hueber-Denkmales
Am 29. August wurde im Anton- eine unüberwindliche Kraft steckt,
Hnetrer-Hof Wien-Favoriten ein Denk- wenn sje 6i(-h nur dieser Kraft
««*} für den Nestor der Österreich!-
ganisator bei Gründungen von
Gewerkschaften, bei Verhand¬
lungen, bei Streiks und bei an¬
deren gewerkschaftlichen Ak¬
tionen im Verlaufe seines Lebens
und Wirkens geleistet hat, ist für
uns größer und bedeutender, als
es durch ein Denkmal veranschau-
acben Gewerkschaftsbewegung, An- bewußt wird und zu gewerk- licht werden könnte.
?®n H u e b e r, enthüllt. Damit wurde schaftlichen Organisationen zu¬
gleichzeitig das 3. Gesamtösterreichi- gammenschließf.
»che Gewerkschaftstreffen festlich er- ,,
Hueber schloß sich frühzeitig
der Arbeiterbewegung an und ging
als Arbeiterfunktionär den Weg
öffnet. Wir veröffentlichen nach¬
stehend einen Auszug aus der Rede,
die der Präsident des österreichi¬
schen Gewerkschaftsböisdes, Natio- _ ;1 r
nalrat Johann Böhm, anläßlich der vom Schriftführer eines Gehllfen-
ausschusses bis zum Vorsitzenden
des Bundes der Freien Gewerk-
Denkmalenthüllung hielt,
Die österreichische Gewerk-
Seine einzigartige Pionier¬
leistung ist für sich ein Denk¬
mal in den Herzen aller selbst¬
bewußten, gewerkschaftlich or¬
ganisierten Arbeiter unseres
Landes.
Dennoch, oder gerade deshalb,
ist es dem Gewerkschaftsbund
Schaftsbewegung feiert in diesen schäften, vom Vertrauensmann und den österreichischen Arbeiter-
Tagen die sechzigste Wiederkehr ™ Fachverein zum Nationalrat kämmern ein inniges Bedürfnis,
eines für die gesamte Arbeiter- der ersten Republik und hervor- dem Manne, der seine großen or-
schaft unseres Landes denkwürdi- ragenden Sprecher der Österreich!- ganisatorischen Fähigkeiten, sein
gen Ereignisses, nämlich die sehen Werktätigen. Lebensglück und seine Lebens-
Gründung der Gewerkschafts- Am Ersten österreichischen Ge- kraft so erfolgreich dem Dienste
kommission Österreichs. Diese werkschaftskongreß, einberufen der österreichischen Gewerk-
Gewerkschaftskommission war der von der vor sechzig Jahren ge- Schaftsbewegung widmete, auch
erste zentrale Zusammenschluß gründeten Gewerkschaftskommis- ein sichtbares Denkmal zu setzen,
der verschiedenen Freien Gewerk- sion, nahm Anton Hueber bereits das der Nachwelt Symbol sein
Schaftsorganisationen, die damals als Delegierter und Schriftführer möge für die Kraft einer Idee, die
schon bestanden. Es war der Be- teil. Am 3. Jänner 1895 wurde er immer siegreich bleiben wird, so
ginn einer neuen Epoche der ge- Sekretär dieser Gewerkschafts- lange sich die arbeitenden Men-
werkschaftlichen Entwicklung, kommission und blieb es bis zur sehen ihrer eigenen Würde und
einer Epoche, die gekennzeichnet Bildung des Bundes der Freien ihres eigenen Wertes bewußt sind,
ist durch einen gewaltigen Auf- Gewerkschaften im Juni 1928. Ich danke dem Künstler und
stieg der Gewerkschaftsbewegung, Nun wurde er geschäftsführender den Arbeitern, die diese Anlage
wie auch durch den großartigen Vorsitzender und von 1931 an geschaffen haben. Professor Mario
Ehrenvorsitzender dieses Gewerk- P'etrucci
schaftsbundes.
Es war eine tragische Bestim
In dieser stolzen, Schicksals- mung, daß Anton Hueber erst Gewerkschaften haben den Ar-
schweren, kämpfereichen und sein Lebenswerk vernichtet sehen beiter aus einem Proletarier¬
leider auch sehr wechselvollen mußte, ehe er für immer die dasein in Not und Elend her-
Geschichte des gewerkschaft- Augen schloß. Er starb am 9. Juli ausgeführt — die fortschrittliche
liehen Aufstieges leuchtet der 1935, mehr als ein Jahr nach der Politik der Gemeinde Wien hat
Name eines großen Mannes Zerstörung der österreichischen ihm schöne und gesunde Woh-
vom Anbeginn an bis in die Gewerkschaften durch das im nungen gegeben. Es gibt jedoch
Gegenwart als Inbegriff all des Jahre 1934 errichtete autoritäre sowohl für die Gewerkschaften in
Strebens, all des Kämpfens und Regime. Aber vielleicht bot in bezug auf die Hebung der Lebens¬
all des Leidens, die jener Ge- der Sterbestunde die Zuversicht haltung als auch für die Gemein-
neration gewerkschaftlicher Pio- ihm Trost, daß die Gewerkschafts- den und den Staat in bezug auf
niere eigen war — Anton bewegung eines Tages neu und die Wohnbautätigkeit noch viel
Hueber. kraftvoller denn je Wiedererstehen zu tun.
Anton Hueber war ein Arbeiter- werde, wie es ja auch tatsächlich
kind. Als vierzehntes Kind in dann der Fall gewesen ist.
sozialen, materiellen und kulturel
len Aufstieg der arbeitenden Men
sehen in Österreich.
hat die Gedenkstätte
sinnvoll dem Wohnhausbau der
Gemeinde Wien eingefügt. Die
einer armen Arbeiterfamilie wurde
er im Jahre 1861 in Pilsen geboren.
Trotz seinem Bildungshunger
konnte er nicht einmal die er¬
sehnte Bürgerschule absolvieren,
sondern mußte schon als Kind
schwer arbeiten, mußte Ziegel
schleppen, um zum Unterhalt der
Familie beizutragen, war doch
auch die Mutter lange Jahre
krank.
ln Wien erlernte er dann das
Drechslerhandwerk und wurde
ein tüchtiger Arbeiter. Er lernte
aber auch noch etwas anderes,
was später zum Inhalt seines
Lebens werden sollte, daß näm
Zum Schluß seiner Rede ersuchte
Präsident Böhm den Herrn Bundespräsi¬
denten die Enthüllung des Denkmales
Was Anton Hueber als Or- vorzunehmen.
Gewerkschaft und Kultur
Von Generalsekretär Nationalrat Anton Pro ksch
Mit einer Aufführung von William nicht außer Funktion. Aber auch
Shakespeares „König Lear" im Wiener die soziale Gesellschaftsordnung,
Volkstheater wurde die Arbeiterkultur- . _ . . , ?, deren Zeitalter sich abzuzeichnen
beginnt, ist erst teilweise in
woche 1953 eingeleitet. Der General¬
sekretär des österreichischen Gewerk¬
schaftsbundes, Nationalrat
P r o k s c h, eröffnete die Arbeiter-
kulturwoche mit folgenden Worten:
Die Feier der vor 60 Jahren er¬
folgten organisatorischen und
ideellen Zusammenfassung der be¬
stehenden schwachen gewerk-
Anton Funktion. Da aber die Kultur
lieh in der Arbeiterschaft selbst ®ch1afDtli^he" r Organisationen ist
Anlaß, den Weg und che Erfolge der
österreichischen Gewerkschaftsbe-
wegung auf den verschiedenen
Gebieten zu betrachten. Die an-
ARBEITERBANK
AKTIENGESELLSCHAFT WIEN
Prompte und gediegene Durchführung aller
bankmäßigen Geschäfte. — Entgegennahme
vo» Spareinlagen. — Finanzielle Beratung
WIEN 1 '
SE1TZERGASSE 2-4
TELEPHON: R 50-5-40 SERIE
ZWEIGSTELLE WIENZEILE,
W;EN, IV., RECHTE WIENZEILE 37
TELEPHON, B 26-0-91
FILIALEN,
GRAZ, ANNENSTRASSE 24
KLAGENFURT, BAHNHOFSTR. 44,
LINZ, WEINGARTSHOFSTRASSE 3
Ausdruck einer bestimmten
Lebensform ist, befinden wir uns
auch in einem Zwischenstadium
der Kultur.
Die Kultur von heute isl
keine blühende bürgerliche
Kultur mehr, sie ist aber auch
noch keine Kultur des Volkes.
Die organisierte Arbeiter- und
Angestelltenschaft, die ihre Kultur
Eigentümer und Herausgeber: österreichischer
Gewerkschattsbund Verleger: Verlag des
österreichischen Gewerkschaftsbundes. Chef¬
redakteur: Fritz Klenner Verantwortlicher
Redakteur: Karl Franta Für die Bildbeilage
verantwortlich: Fritz Konir Gestaltung der
Bildbeilage. Augivst Makart Alle Wien, I.,
H*>henstaufengasse 10—12 Druck: Waldheim-
Ehrerle. Wien. VfT., Scidengasse 3—11.
läßlich dieser Feier veranstaltete erst auf dem Boden der sozialen
Arbeiterkulturwoche soll Gesellschaft voll entwickeln kann,
der sinnfällige Ausdruck des so- bemüht sich aber, unter den ge-
zialen Aufstieges der arbeitenden gebenen Voraussetzungen Mit-
Klasse sein. träger des Kulturlebens zu sein,
Der Umwandlungsprozeß zum soweit sie nicht bewußt oder un¬
sozialen Zeitalter bringt Perioden bewußt von den Kultureinrich-
des Gleichgewichtes der Klassen- tungen ausgeschlossen wird. Um
kräfte. Wir leben in einer solchen ihre Kulturidee verwirklichen zu
Zeit. Die bürgerlich-kapitalistische können, braucht sie feste Stützen,
Gesellschaftsorganisation funktio- einen Boden für ihre eigene Ent-
niert nicht mehr, aber sie ist noch faltung.
WIENER
INTERNATIONALE MESSE
6. BIS 13. SEPTEMBER 1953
Eine solche feste Stütze der
Volkskultur ist das Volks¬
theater.. Das Volkstheater ist
nicht ein vom Gewerkschaftsbund
geführtes Theater, sondern in der
Geschäftsführung wirken Gewerk¬
schafter mit. Gewerkschaftsbünd
und Arbeiterkammer leisten Zu¬
schüsse. Die Geschäftsführung, in
der ein ausgezeichneter künst¬
lerischer Theaterleiter, ein Kultur¬
referent des Gewerkschaftsbundes
und ein Finanzmann sitzen und
Zusammenarbeiten, hat aus diesem
Theater eine künstlerisch an¬
erkannte und wirtschaftlich gut
geführte Kultureinrichtung Wiens
gemacht. Damit erscheint wohl
hinreichend bewiesen, daß sich
große Sozialorganisationen mit
Erfolg zu Mitträgern des künst¬
lerischen Lebens machen können,
wenn ihre sachverständigen Ber
auftragten aus eigener Überzeu¬
gung und eigenem Gewissen die
Grenzen ihrer Funktionen erken¬
nen, der Kunst freie Bahn lassen
und ihre Helfer sind.
Ehe persönliche Initiative wird
durch das Leistungskollektiv
dieses Hauses nicht im geringsten
gestört. Im Gegenteil. Wir wissen
aus dem Munde des künstleri¬
schen Leiters dieses Hauses, daß
ihm in der Erreichung seiner
Ziele durch diese gemeinschaft¬
liche Leitung mehr Hilfe und
mehr Ermutigung zuteil wurde,
als er sich je erhoffte. Niemals
erfuhr er die geringste Hemmung.
So ist das Volkstheater ein
weiterer Beweis, daß ein Kol¬
lektiv die persönliche Initiative
und die persönliche Freiheit
keineswegs einengen oder gar
auslöschen, und daß die kluge
Zusammenfassung aller Kräfte
die Gememscha^^uLeismngeir
befähigt und ihr Wirkungs¬
grundlagen gibt, welche die
rein private Kulturstätte nicht
mehr zu erfüllen imstande ist.
Diese Feststellungen kann ich
am ersten Tage der Arbeiter¬
kulturwoche mit Freude und Ge¬
nugtuung im Müsentempel der
Arbeiterschaft machen. 22.000
Mitglieder umfaßt die Volks¬
theatergemeinde und ist eine
ebenso feste Stütze dieses Hauses,
wie das Interesse der Arbeiter¬
organisationen an ihr.
Die Künstler des Volkstheaters,
von unseren Kolleginnen und
Kollegen liebevoll geachtet,
mögen Freude für ihr Schaffen
und das Gefühl engster Zuge¬
hörigkeit zu diesem Theater aus
der Tatsache schöpfen, daß sie
ihre Kunst weiten Kreisen des
arbeitenden Volkes von Wien
schenken.
Damit nehme die erste Auf¬
führung der Arbeiterkulturwoche
1953 ihren Anfang.
Arbeiter und Angestellte
versichern bei der
Städtischen
Versicherungsanstalt
Wien, I., Tuchlauben 8
Tel,: U 28-5-90
Geschäftsstellen im ganzen Bundesgebiet
Seite 2 Nr. 198 SOLIDARITÄT