Wir wollen frei sein!
Arbeitsruhe in Österreich am 30. Oktober
In imponierender Einmütigkeit haben am 30. Oktober 1953 alle öster¬
reichischen Arbeiter und Angestellten die Aufforderung des ÖGB befolgt
und von 9.00 bis 9.05 Uhr die Arbeit niedergelegt. Es war eine der
eindrucksvollsten Demonstrationen für Österreichs — vor zehn Jahren
in der Moskauer Deklaration versprochenen — Freiheit.
Das Ergebnis unseres
Photowettbewerbes
Die „Solidarität" hat anläßlich des
3. Gesamtösterreichiischen Gewerk¬
schaftstreffens einen Fhotowettbewerb
veranstaltet, an dem sich zahlreiche
Photoamateure aus allen Bundes¬
ländern mit sehr guten Bildern betei-
lioten.
Die Jury hat folgenden Kollegen
Preise zuerkannt:
1. Preis: Ein Elektronen-Blitz¬
gerät im Werte von rund 1500,—
Schilling bekommt Franz R a i-
m a n n, Wien XVIII, Ferrogasse
Nr. 15;
2. Preis: Einen Belichtungs¬
messer im Werte von rund
600,— Schilling bekommt Karl
B e n e s c h, Wien X, Gudrun-
slraße 55;
3. Preis: Ein Stativ im Werte
von rund 400,— Schilling be¬
kommt Karl Eberhard, Wien
XVII, Clemens-Hofbauer-Platz 2.
Die zehn Anerkennungspreise, je
ein Buch aus dem Verlag des ÖGB
„Österreich schöpferisch, schaffend,
ie.ernd" im Werte von 120,— Schilling
erhalten: Franz B i r n e r, St. Veit an
der Triesting; Rudolf Dvorak,
Wien VII; Karl Eberhard, Wien
XVII; Alois Hold, Wien XXI; Leo¬
pold Klingel, Wien XVII; Alexan¬
der K i e n d 1, Graz; Fritz König,
Wien XVIII; Albin Maderthoner,
Krieglach; Josef Mayr, Wien XV,
und Franz R a i m a n n, Wien XVIII.
Die Preise werden den Gewinnern
mit der Post zugesandt. Die Redaktion
der „Solidarität" hat ferner 32 der
eingesendeten Photos angekauft. Die
betreffenden Kollegen werden ver¬
ständigt. Einige der preisgekrönten
Photographien werden in der „Soli¬
darität" veröffentlicht. Die „Solidari¬
tät“ gratuliert allen Preisträgern zu
ihrem schönen Erfolg!
60 Jahre
Bühnenorganisation
Zum 60jährigen Bestand der öster¬
reichischen Bühnenorganisation wurde
am 1. November 1953 von der Sek¬
tion Bühnenangehörige der Gewerk-
schaft der Angestellten der freien
Berufe im Akademietheater in Wien
eine Großkundgebung veranstaltet,
bei der auch an 400 Mitglieder das
goldene beziehungsweise das silberne
Ehrenabzeichen des ÖGB überreicht
wurde.
Die Idee des gewerkschaftlichen Zu¬
sammenschlusses der Bühnenangehöri¬
gen ging vor sechzig Jahren von Wien
aus. Dem damab9en „Bühnenverein"
gelang es bereits 1912, einen Kollek¬
tivvertrag für Bühnenangehörige ab¬
zuschließen, der den Mitgliedern be-
c.eutende sozialrechtliche Besserstel¬
lungen brachte und die Theaterdirek¬
toren verpflichtete, Verträge nur mit
organisierten Künstlern abzuschließen.
Gegenwärtig sind, bis auf wenige
Ausnahmen, alle Bühnenangehörigen
Mitglieder ihrer Gewerkschaft.
Der ÖGB schließt sich mit aufrich¬
tiger Freude dem großen Kreis der
Gratulanten an.
Arbeiter und Angestellte
versichern bei der
Städtischen
Versicherungsanstalt
Wien, I., Tuchlauben 8
Tel.: U 28-5-90
Geschäfrsstellen im ganzen Bundesgebiet
Der Präsident des österreidri-
schen Gewerkschaftsbundes, Natio¬
nalrat Johann Böhm, hielt in den
fünf Minuten der Arbeitsruhe eine
Ansprache, die von allen österrei¬
chischen Sendern übertragen wurde
und die in den Büros, Werkstätten
und auf der Straße lebhaftes Echo
fand. In dieser Ansprache sagte
Präsident Böhm:
Am 1. November 1953 sind es
zehn Jahre her, daß in Moskau von
den Außenministern der Sowjet¬
union, Großbritanniens und der
Vereinigten Staaten eine Deklara¬
tion unterzeichnet wurde, in der es
heißt:
„Die Regierungen des Vereinig¬
ten Königreiches, der Sowjet¬
union und der Vereinigten Staa¬
ten von Amerika sind darin
einer Meinung, daß Österreich
als das erste freie Land, das der
typischen Angriffspolitik Hitlers
zum Opfer gefallen ist, von deut¬
scher Herrschaft befreit wer¬
den muß. Sie betrachten die
Besetzung Österreichs durch
Deutschland am 15. März 1938
als null und nichtig. Sie er¬
klären, daß sie wünschen, e i n
freies und unabhängi¬
ges Österreich wieder¬
errichtet zu sehen und dadurch
ebensosehr den Österreichern
selbst wie den Nachbarstaaten,
die sich ähnlichen Problemen
gegenübergestellt sehen, die
Bahn zu ebnen, auf der sie die
politische und wirtschaftliche
Sicherheit finden können, die die
einzige Grundlage für einen
dauerhaften Frieden ist."
Im April 1945 haben die Trup¬
pen der Alliierten Österreich be¬
setzt. Die Regierung der Sowjet¬
union erklärte in einem Aufruf an
die österreichische Bevölkerung,
daß sie auf dem Standpunkt der
Moskauer Deklaration stehe. Seit
damals befindet sich aber unser
Land in einem Zwitterdasein zwi¬
schen besiegtundbefreit.
Wohl traten in der Besetzung we¬
sentliche Erleichterungen ein, aber
das ändert nichts an der Tatsache,
daß mehr als adrt Jahre nach
Kriegsende das erste Opfer hitieri-
scher Aggression noch immer nicht
von den Truppen seiner Befreier
geräumt ist.
Durch die nazistische Fremdherr¬
schaft wurden wir sieben Jahre
lang unserer staatlichen Unabhän¬
gigkeit beraubt, nach mehr als acht
Jahren alliierter Besetzung haben
wir sie noch nicht zurückgewonnen!
Anläßlich der zehnten Wieder¬
kehr des Jahrestages der Unter¬
zeichnung der Moskauer Deklara¬
tion wiederhole ich feierlich, daß
zum Zeitpunkt des Kriegsbeginnes
Österreich keine staatliche Souve¬
ränität mehr hatte und sein Volk
in den Krieg hineingezwungen
wurde. Die überwiegende Mehrheit
der österreichischen Bevölkerung
hat durch ihre Haltung ihre Geg¬
nerschaft gegenüber ihren Unter¬
drückern und den von ihnen ent¬
fesselten Weltbrand bewiesen.
Österreichs Volk hat in beispiel¬
haftem Opfermut sein Land wie¬
deraufgebaut und inmitten der
Nachkriegswirren beispielgebend
den sozialen Frieden bewahrt.
In diesen Minuten ruht in ganz
Österreich t'ic Arbeit. Ich er¬
hebe, nicht nur als Sprecher der
österreichischen Arbeiter und
Angestellten, sondern im Namen
des gesamten österreichischen
Volkes, mit dem ich mich einig
weiß, meine Stimme, um vor der
Welt wieder, wie schon so oft,
das große Unrecht aufzu¬
zeigen, das unserem Volke an¬
getan wird.
Ich wende mich an die verant¬
wortlichen Staatsmänner der Al¬
liierten, insbesondere an die der
Sowjeiunion, endlich die vor
zehn Jahren gegebene Zusage zu
erfüllen und aus einem Sorgen¬
kind Europas ein vollberechtigtes
Mitglied der Gemeinschaft der
Völker zu machen.
Österreich ist heute, obwohl es
kein kriegführendes Land war, in
einer wreit schlechteren Lage als
die besiegten Länder Europas.
Was immer es an Gegensätzen
zwischen den Großen der Welt
geben mag, die Entwicklung zeigt,
daß es niemandes Interessen dient,
dafür ein kleines Volk büßen zu
lassen. Nie und nimmer ist es vom
Standpunkt des Völkerrechtes zu
rechtfertigen, daß wir mehr als
acht Jahre nach Kriegsende noch
immer besetzt und unfrei sind.
Man möge uns endlich die v o. 11 e
FreiheitundUnabhängig-
k e i t geben, die uns durch die
Moskauer Deklaration feierlich ver¬
sprochen wurde und auf d:e wir
Anspruch haben.
Weihnachtsunterstützungen
des Gewerkschaftsbundes
Das Präsidium des österreichischen Ge-
werkschaftsbimdes hat beschlossen, anlä߬
lich der Weihnachtsfeiertage allen Ge¬
werkschaftsmitgliedern, welche in der
Zeit vom 1. Dezember 1953 bis 31. Dezem¬
ber 1953 arbeitslos sind und im Bezug
der geweikschaft’ichen Arbeitslosenunter¬
stützung stehen, eine außerordent¬
liche Unterstützung in Höhe von
S 50.— zu gewähren.
Auch jene arbeitslosen Gewerkschafts¬
mitglieder, die bereits von der gewerk¬
schaftlichen Arbeitslosenunterstützung aus¬
gesteuert sind, erhalten diese Weihnachts-
unterstützung von S 50,—r jedoch nur
unter der Voraussetzung, daß sie minde¬
stens seit 15G Wochen beziehungsweise
seit 36 Monaten (also seit drei Jahren)
Mitglied sind und in der Zeit vom 1. De¬
zember 1950 bis 30. November 1953 min¬
destens 78 Wochen- beziehungsweise
18 Monatsvollbeiträge geleistet haben.
In jedem dieser Fälle muß der Unter¬
stützungswerber den Nachweis des zustän¬
digen Arbeitsamtes erbringen, daß er in
der Zeit vom 1. Dezember 1953 bis 31. De¬
zember 1953 arbeitslos gemeldet ist.
Ferner wird jenen Gewerkschaftsmit¬
gliedern, welche Empfänger der gewerk¬
schaftlichen Alters- und InvaliditäUunter-
stützung sind, anläßlich der Weihnachts¬
feiertage eine Weihnachtsgabe in
der Höhe der jeweiligen Unterstützung,
die monatlich zwischen S 20,— und
S 60,— liegt, ausbezahlt.
Wichtig für alle Rentner!
Zur Erfassung der Lohnsteuerpflich¬
tigen werden nunmehr die Lohn¬
steuerkarten für die Jahre 1954 55
ausgestellt. Um überflüssige Verwal¬
tungsarbeit zu vermeiden, soll für
Rentenberechtigte der Allgemeinen In¬
validenversicherungsanstalt, der All¬
gemeinen Unfall Versicherungsanstalt
und der Land- und forstwirtschaft¬
lichen Invalidenversichemngsanstalt
eine Lohnsteuerkarte nur in ganz be¬
stimmten Fällen ausgestellt werden.
Dies trifft dann zu, wenn der Ren¬
tenberechtigte als einziges Ein¬
kommen eine Rente bezieht und diese
den Betrag von S 769,— (S 708,— plus
S 65,— weniger S 4,— als Kranken¬
versicherungsbeitrag des Rentners)
übersteigt, oder wenn der Renten¬
berechtigte neben seiner Rente noch
andere Bezüge aus einer nicht selb¬
ständigen- Tätigkeit — also Arbeits¬
einkommen — hat, und in diesem Fall
die Rente den Betrag von S 561,—
(S 769,— abzüglich des Hinzurech¬
nungsbetrages von S 208,—) über¬
steigt.
Während im ersten Fall für den
Rentenbezug eine Steuerkarte aus¬
gestellt wird, ist im zweiten-. Fall für
die Rente eine zweite Steuerkarte,
auszustellen. Die betroffenen Rentner
mögen sich rechtzeitig um die Aus¬
stellung der Steuerkarte kümmern
und diese der Versicherungsanstalt
einsenden, da sonst für lohnsteuer-
pflichtige Rentenbezüge ein Mehr¬
betrag an Lohnsteuer zu entrichten
ist.
VERANSTALTUNGSKALENDER
der
28. November 15.30 Uhr
Volkstheater
Wien, VII., Neustiftgasse 1
Frohes Wochenende
Ein großes, buntes Unterhaltungsprogramm
Eintrittskarten zum Preise von S 3,— bis S 10,—
sind im Verlag des Österreichischen Gewerk¬
schaftsbundes, Wien, III., R e n n w e g 1,
Gassenlokal, Telephon M 11-0-50, Klappe 61,
sowie in allen Gewerkschaftssekretariaten
erhältlich.
Eigentümer, Herausgeber und Verleger: öster¬
reichischer Gewerkschaftsbund. Chefredakteur:
Fritz Klenner. Verantwortlicher Redakteur:
Karl Franta. Für die Bildbeilage verantwort¬
lich: Fritz Konir. Gestaltung der Bildbeilage:
August Makart. Alle Wien, I., Hohenstaufen¬
gasse 10—12. Druck: Waldheim-Eberle, Wien,
VIF, Seidengasse 3—11.
SOLIDARITÄT Nr. 203 Seite 3