Kritik und Lob
In der Redaktion der „Solidarität"
lauien täglich viele Briefe ein, in
denen manchmal scharfe Kritik an
einzelnen Artikeln geübt wird. Wir
haben solche Leserbriefe schon sehr
oft veröffentlicht, weil wir von dem
Grundsatz ausgehen, daß in einem
demokratischen Land jeder Mensch
das Recht hat, in einer gebührenden
Form seine Meinung zu äußern.
Natürlich freut es uns, wenn wir
auch anerkennende Schreiben bekom¬
men. Gerade die Weihnachten haben
viele Kolleginnen und Kollegen aus
allen Bundesländern veranlaßt, uns
ihre Grüße zu übermitteln. So schreibt
Kollege Paul E. aus Wien, XV., kurz
und bündig „Frohe Weihnachten! Ich
lese die .Solidarität' sehr gerne.“ Und
Kollege Felix M. aus Rechenberg in
Kärnten wünscht in ungelenker
Schrift, der man ein arbeitsreiches
Leben anmerkt, allen Gewerkschafts¬
mitgliedern Gesundheit und Glück im
neuen Jahr.
Der Schluß seines Briefes lautet:
„Ich bekomme nach 45 Jahren Arbeit
eine Rente und kann als Mensch
leben. Nicht so wie früher, wo der
alte Arbeiter zerrissen und hungrig
von einem Bauern zum andern ge¬
schoben wurde."
Kritik und Lob — die Redaktion
der „Solidarität" wird für beide immer
ein offenes Ohr haben.
Das Ergebnis unseres
Weihnachtspreisausschreibens
Uber 25.000 Einsendungen
Das Weihnachtspreisausschreiben
hat bei unseren Lesern wieder großen
Anklang gefunden. Insgesamt haben
sich 25.710 Kolleginnen und Kollegen
daran beteiligt, von denen nur 70 die
Bedingungen nicht erfüllt haben.
Die Namen der 500 Gewinner der
Anerkennungspreise können wir aus
Raummangel leider nicht veröffent¬
lichen. Die Gewinner erhalten ihre
Preise, je ein wertvolles Buch
(Roman- oder Unterhaltüngsliteratur
aus dem Europa-Verlag, Volksbuch¬
verlag beziehungsweise der Bücher¬
gilde Gutenberg), in Hen nächsten
Tagen mit der Post zugesandt.
Am 2. Jänner 1954 hat eine junge
Kollegin 501mal in den gut durchein¬
andergeschüttelten Berg von Einsen¬
dungen gegriffen. Ihr erster Griff hat
den Kollegen
Max Oitzl, Kapfenberg,
Steiermark, Anton-Mühlbacher-Straße
Nr. 104, den 1. Preis, einen Motor¬
roller, Marke Löhner, in Luxusausfüh¬
rung, im Wert von 8650 Schilling oder
Wohnungseinrichtungsgegenstände im
gleichen Wert, gebracht.
Alle Kolleginnen und Kollegen, die
diesmal leer ausgegangen sind, mö¬
gen sich trösten, bald wird wieder in
der „Solidarität" ein neues Preisaus¬
schreiben angekündigt, und dann wer¬
den hoffentlich der eine oder der an¬
dere von ihnen unter den Gewinnern
sein.
Viele Einsender haben ihre Lösun¬
gen besonders schön und künstlerisch
ausgestattet. Wenn sich auch die
Glücksgöttin dadurch nicht beeinflus¬
sen ließ, wir danken ihnen dafür.
Das ist die richtige Lösung!
Rückblick und Vorschau
Von Generalsekretär Anton Proksch
Die Jahreswende bietet uns Anlaß, zunächst einmal Rückblick
auf das vergangene Jahr zu halten. Die Sorge des Gewerkschafts¬
bundes galt in diesem Zeitraum in erster Linie der Arbeitsbeschaf¬
fung, der wesentlichen Hebung des Beschäftigtenstandes. Im Jän¬
ner 1953 berieten der Vorstand des österreichischen Gewerk¬
schaftsbundes und die Präsidenten der Arbeiterkammern über die
Lage, und in einer Entschließung forderten sie von der Regierung
die Bereitstellung öffentlicher Mittel für die Fortführung der
großen Investitionen, wie Wasserkraftanlagen, Elektrifizierung der
Bundesbahnen und sozialer Wohnungsbau. Der Vorschlag, für
diese Zwecke 250 Millionen Schilling durch den Staat als Bank¬
kredit aufzunehmen, wurde zuerst von der Unternehmerseite als
inflatorisch bezeichnet, doch kurze Zeit später bekannte sich auch
der Finanzminister zu einem Programm, welches die Finanzierung
der großen öffentlichen Investitionen durch Kredite vorsieht.
Zur Sicherung der Renten für die Alten und Invaliden galt es
im abgelaufenen Jahr zunächst, die provisorische Regelung der
Renten und der Investitionen für die Zeit bis zur Regierungsbil¬
dung in eine solche für das ganze Jahr 1953 umzuwandeln. Bei
den Beratungen des Staatshaushaltes für das Jahr 1954 wurden
die Renten für dieses Jahr wieder in ihrer vollen Höhe gesichert.
Leider war es im abgelaufenen Jahr wieder nicht möglich, eine
Reihe sozialpolitischer Gesetze zu schaffen, welche die arbeiten¬
den Menschen dringend brauchen und deren Vorhandensein
eigentlich selbstverständlich wäre. Es fehlt vor allem noch immer
das Arbeitszeitgesetz, ferner das Heimarbeitsgesetz und auch die
gesetzlichen Regelungen für die Hausgehilfinnen und Hausbesor¬
ger. Am letzten Sitzungstag des Parlaments konnte wieder eine
Gruppe von Arbeitnehmern in die Arbeitslosenversicherung ein¬
bezogen werden, nämlich die Grenzgänger, die in der Fremde
arbeiten und während der Arbeitslosigkeit in ihrer Heimat leben.
Besonders bedauerlich muß es für jeden sozial denkenden Men¬
schen sein, daß sich im Parlament keine Mehrheit gefunden hat,
die auch den Saison-Landarbeitern die Arbeitslosenunterstützung
zu den gleichen Bedingungen wie den Grenzgängern zugestanden
hätte, so daß die arbeitslosen Landarbeiter im heurigen Winter
das Arbeitslosengeld nicht bekommen können, obwohl auch die
christlichen Gewerkschafter dafür eingetreten sind. Die Durch¬
führung dieser ausständigen gesetzlichen Regelung entspräche
nicht nur der sozialen Gerechtigkeit, sondern würde auch viel
zur Eindämmung der Landflucht beitragen.
Zum Jahreswechsel schauen wir aber nicht nur zurück, sondern
richten unsere Gedanken auch auf das kommende Jahr. Was er¬
hoffen sich die arbeitenden Menschen von ihm? Es sind vor allem
drei Dinge, die uns beschäftigen.
Vor allem wünschen wir die Wiedererlangung unserer staat¬
lichen Freiheit, also den Staatsvertrag und damit die Wiederher¬
stellung der vollen Souveränität Österreichs. Österreich soll wie¬
der den Österreichern gehören.
Dann wollen wir wieder einen Zustand der Wirtschaft errei¬
chen, von dem wir sagen können, daß die Vollbeschäftigung
wiederhergestellt ist. Die Arbeitslosigkeit tausender Menschen
bedeutet nicht nur harte Zeiten für die Betroffenen, sie ist auch
für jede Volkswirtschaft ein Luxus, den sich unser armes Land
durchaus nicht leisten kann! Es muß alles darangesetzt werden,
1954 die katastrophalen Arbeitslosenzahlen des Jahres 1953 zu
verhindern.
Ein weiterer großer Wunsch aller arbeitenden Menschen ist die
Verbesserung der Alters- und Invalidenversorgung der Arbeiter
und Angestellten der privaten Wirtschaft im kommenden Jahr.
Daß im Jahr 1954 die sozialpolitische Gesetzgebung durch die
Schaffung der noch ausstehenden Gesetze vervollständigt werde,
das wollen wir mit allem Nachdruck anstreben.
Um unsere Ziele zu erreichen, müssen wir unsere wirtschaft¬
lichen Organisationen, die Gewerkschaften, immer größer und
stärker machen, müssen wieder fest anpacken, um die gerechten
Ansprüche der Arbeitenden in Stadt und Land durchzusetzen und
den weiteren sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg der Arbeiter
und Angestellten zu ermöglichen.
Karl Komenda - 75 Jahre
Am 27. Jänner 1954 wird Karl
Komenda, der Vorsitzende der Ge¬
werkschaft der Arbeiter im Hotel-
und Gastgewerbe, 75 Jahre alt. Er hat
sein langes, arbeitsreiches Leben
dem gewerkschaftlichen Kampf um
die soziale Befreiung und Gleichstel¬
lung der gastgewerblichen Arbeitneh¬
mer gewidmet.
Von Beruf Kellner, gehört er zu
den wenigen gastgewerblichen Ar¬
beitnehmern, die schon frühzeitig er¬
kannten, daß auch sie nur durch ge¬
werkschaftlichen Kampf und Schulter
an Schulter mit den Arbeitern aller
anderen Berufe ihre trostlose Lage
bessern und menschenwürdige Lohn-
und Arbeitsbedingungen erreichen
können.
Kollege Komenda war Mitbegrün¬
der der im Jahre 1906 ins Leben
gerufenen Gewerkschaft der gast¬
gewerblichen Arbeiter, und er blieb
seither in guten und schlechten
Tagen ihr treuer Funktionär. Allen
Rückschlägen zum Trotz kämpfte er
unentwegt gegen die schier unüber¬
windlichen Hindernisse, die sich ge¬
rade im Hotel- und Gastgewerbe der
gewerkschaftlichen Arbeit entgegen-
slellten.
Nie ließ er den Mut sinken. Nicht
als während des ersten Weltkrieges
die Organisation auf ein kleines
Häufchen Unentwegter zusammen¬
schrumpfte, nicht als im Februar 1934
sein Lebenswerk zerstört wurde. Die
elf Jahre Krieg und Faschismus
haben ihm viele bittere Stunden und
zweimalige Kerkerhaft gebracht.
Als im Jahre 1945 mit der Befrei¬
ung Österreichs auch die öster¬
reichische Gewerkschaftsbewegung
wieder frei wurde, da war auch Kol¬
lege Komenda zur Stelle und hat mit
neuer Kraft die Gewerkschaft der
gastgewerblichen Arbeiter aufzubauen
geholfen. Er ist heute, trotz sei¬
ner 75 Jahre, auch Mitglied des Vor¬
standes des ÖGB. Seine Erfahrung
und sein Rat haben wesentlich zum
Ansehen der österreichischen Ge¬
werkschaftsbewegung beigetragen.
Die österreichischen Arbeiter und
Angestellten wünschen Karl Ko¬
menda zu seinem 75. Geburtstag wei¬
terhin Gesundheit und Erfolg.
Qute d&üchei*
unsere besten Freunde für die
langen Winterabende!
Sie wissen es noch nicht?
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Wien, III., Johannesgasse 18
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Telephon M 11-0-50, KI. 61, sowie ln allen
Gewerkschaftssekretariaten
SOLIDARITÄT Nr. 207 Seile C