Produktivitätsste geturg
wird nutzlos
Expansion. Jedes Steigen des An¬
teils der Handelsspannen an den
Konsumgüterpreisen ruft die Ge¬
fahr eines Sinkens der industriellen
Beschäftigung hervor.
Wirlschaftspolitisriies Eingieifen
eiforderiich
Es wird niemand ableugnen, daß der
Handel an sich die äußerst wichtige
Funktion einer bestmöglichen zeit¬
lichen und örtlichen Güterverteilung
hat. Aber es muß entschieden gefor¬
dert werden, daß von zuständiger
wirtschaftspolitischer Seite endlich
einmal jene Maßnahmen getroffen
werden, die es — sowohl im Interesse
der Konsumenten als aber letzten
Endes auch in dem des seriösen Han-
Besonders charakteristisch für die
Schäden, die den Konsumenten aus
der Machtposition des Zwischenhan¬
dels erwachsen, ist das Beispiel der
österreichischen Fettindustrie. Bei
einigen wichtigen Artikeln (zum Bei¬
spiel Margarine) haben sich die Er¬
zeuger in der letzten Zeit bemüht,
durch Produktivitätssteigerung Ko¬
stenersparnisse zu erzielen. Die zum
Teil in scharfer Konkurrenz zueinan¬
der stehenden Erzeugerfirmen haben
auch tatsächlich die Fabriksabgabe¬
preise gesenkt. Diese Senkung wurde
aber vom Groß- und Zwischenhandel
eingesteckt, und die Konsumenten ha¬
ben von dem Erfolg der Produktivi¬
tätssteigerung fast nichts verspürt. Da
der Zwischenhandel auf diesem Sek¬
tor aus verschiedenen Gründen prak¬
tisch darüber, entscheidet, welche
Marken von den Detaillisten gekauft
v/erden, dreht sich die ganze Konkur¬
renz zwischen den Fabriken um die
Gewinnung des Zwischenhandels, die
allerdings mit entsprechenden Rabat¬
ten und Gewinnspannen erkauft wer¬
den muß.
Das Ergebnis ist, daß der Zwi¬
schenhandel dann die Produktivi¬
tätseigebnisse, die eigentlich vor
allem den Konsumenten zugute
kommen sollen, in seine Taschen
steckt.
Eine derartige Produktivitätssteige¬
rung, die nur den funktionslosen Zwi¬
schenhandel mästet, wird aber vom
Standpunkt der Konsumenten letzten
Endes nutzlos. Das ist aber nicht nur
die Auffassung der Konsumenten. Be¬
reits so mancher ausländische Wirt¬
schaftsbeobachter, dem man sonsf
keine UnternehmerfeindJichkeit vor¬
werfen kann, hat in letzter Zeit fest-
gestellt, daß der Wert der an sich
notwendigen Produktivitätssteigerung
so ? lange problematisch bleibt, als
diese nur die Profite des Handels ver¬
größert und nicht in niedrigeren Kon¬
sumgüterpreisen ihren Ausdruck fin¬
det.
Das überwuchern des Zwischenhan¬
dels hat aber nicht nur eine preis¬
steigernde Wirkung, sondern kann
Der Zwischenhandel
preise der Konsumgüter zu einem
allzu großen Teil aus Handelsspannen
bestehen, geht nur mehr ein verhält¬
nismäßig geringerer Teil der Konsu-
mehteneinkommen als beschäftigungs¬
schaffende Nachfrage an die Industrie,
während der andere Teil der Konsu¬
menteneinkommen in den unproduk¬
tiven, nicht in einem solchen Aus¬
maß Beschäftigung schaffenden Ka¬
nälen des Verteilungsapparats ver¬
sickert.
Je größer also der Teil der Kon¬
sumenteneinkommen ist, der beim
Ankauf von Konsumgütern den ver¬
schiedenen Handelsstufen zufließt,
um so schwieliger wird die indu¬
strielle, beschäftigungsorientierte
dels und der Industrie — unmöglich
machen, daß ein unverhältnismäßig
großer Teil des Volkseinkommens von
funktionslosen, bloß verteuernden
Handelsfirmen in Anspruch genom¬
men wird.
Man dürfte sich dabei nicht nur auf
die durch die Liberalisierung erwar¬
tete Belebung des Wetlbewerbs ver¬
lassen, sondern müßte von seiten der
staatlichen Wirtschaftspolitik alle
jene innenhandelspolitische Werk¬
zeuge mobilisieren, Sie geeignet sind,
den erstarrten ugd viel zu teuer ar¬
beitenden überdimensionierten Han¬
delsapparat wieder zu einer angemes¬
senen produktiven Leistung zu zwin¬
gen.
Die Arbeitnehmer haben in den Jahren nach Kriegsende viele Opfer im
Interesse des Wiederaufbaus der österreichischen Volkswirtschaft auf sich
genommen. Die Hoffnungen der Lohn- und Gehaltsempfänger, daß nach der
sogenannten Stabilisierung eine Erhöhung ihrer Kaufkraft durch Senkung des
inflationistisch überhöhten Konsumgüterpreisniveaus eintrelen werde, haben
sich im großen und ganzen jedoch nicht erfüllt.
Der aufgeblähte, funktionslose Zwischenhandel ist auch in anderen Ländern
ein Problem, das dringend einer Lösung bedarf. Wir sehen in der Karikatur,
die wir der „New York Herald Tribüne" entnommen haben, daß sich zwischen
den Farmer und den Konsumenten ganz unmotiviert und rücksichtslos ein
gutgenährter Mann gedrängt hat: Sein Name ist Zwischenhändler.
Es wäre natürlich falsch, die Ver¬
antwortung für das hohe Preisniveau
nur. dem Handel oder dem Zwischen¬
handel im besonderen anzulasteh.
Kartelle, Monopole und Konzerne tra¬
gen im industriellen Bereich das-ihrige
dazu bei, den Konsumenten so viel
Geld als möglich aus der Tasche zu
ziehen.
Der Handel hat selbstverständlich
eine wirtschaftliche Funktion. In vie¬
len. Fällen ist es aber gerade der funk¬
tionslose Zwischenhandel, der die ent¬
scheidende Verteuerung der Waren ver¬
ursacht. Der Handelsapparat war be¬
reits in der Vorkriegszeit größer als
unbedingt notwendig. Begünstigt durch
d.e besonderen wirtschaftlichen Um¬
stände der Kriegs- und unmittelbaren
Nachkriegszeit, ist er aber seit damals
um ungefähr weitere zwei Drittel an¬
gewachsen, obwohl der LImsatz an
Konsumgütern ungefähr gleichgeblie¬
ben sein dürfte.
Besonders schädlich hat sich
diese Überdimensionierung im Gro߬
handelssektor ausgewirkt, wo heute
die meisten Güter — ohne wirK
schaftliche Notwendigkeit — meh¬
rere stark verteuernde Stufen
durchlaufen müssen.
So werden oft von der Vorarlber¬
ger Textilindustrie nach Wien gelie¬
ferte Stoffe durch den Zwischenhandel
auf das Doppelte verteuert, obwohl
dieser keine andere Funktion hat, als,
ohne die Waren je gesehen, manipu¬
liert oder finanziert zu haben, neue
Fakturen mit einem entsprechenden
Preisaufschlag zu schreiben.
darüber hinaus auch als Krisen¬
element wirksam werden. Die Ein¬
kommen der breiten Masse der Lohn-
und Gehaltsempfänger treten ja in
der Volkswirtschaft bald wieder als
Nachfrage nach Konsumgütern auf,
die dann in erster Linie in der Kon¬
sumgüter-, und in zweiter in der
Produktiönsgüterindustrie Beschäfti¬
gung schafft. Wenn aber die End-
(Mall Her
Samstag, 6. Februar 1954, in allen Sälen des Wiener Konzerthauses
Beginn 21 Uhr Ende 5 Uhr früh
Kabaretteinlagen prominenter Künstler — Überraschungen
Eintrittskarten S 22,—. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen!
GSCHNASFEST DER
unter der Devise „Zirkus Pallawatsch"
Samstag, 20. Februar 1954, in den Sälen des Künstlerhauses, Wien, I.,
Karlsplatz 5, mit den Originaldekorationen der Künsller-Gschnasfeste.
Beginn 21 Uhr * Kein Kostümzwang! Ende 5 Uhr früh
Eintrittskarten S 30,—. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen!
Kartenvorverkcuf im Verlag des Österreichischen Gewerkschaffsbundes, Wien, III.,
Rennweg I, Gassenlokab Telephon M 11-0-50, Kl. 61, sowie in allen Gewerkschaflssekre-
tariaten und bei den Gewerkschaffsvertrauensmännern in den Betrieben.
Zu diesen Maßnahmen, die auf der
Konsumgüter- und Liandelqebene ein
gesundes Wettbewerbsklima scha'ffen
müßten, gehören vor allem: aktive
Bekämpfung wettbewerbsfeindlicher
und preissteigernder Institutionen und
Abmachungen, Modernisierung des
Gewerberechtes, Ausschaltung des
Zwischenhandels beziehungsweise
Verringerung der Verteilungskosten
durch entsprechenden Einsatz der
direkt oder indirekt unter öffentlicher
Kontrolle stehenden Untern&hmungen
usw.
Weiters Wird es notwendig sein, un¬
ter Initiative der Verbraucher selbst,
nach amerikanischem odei schwedi¬
schem Vorbild, eine unabhängige Ver¬
braucherorganisation zu schaffen, die
d:e verlorengegangene Marktübersicht
dadurch wettmacht, indem sie die
Konsumenten auf breitester Basis mit
den für günstige und vernünftige Ein¬
käufe erforderlichen Informationen
(Qualität, Preis) beliefert.
Schließlich aber wird es von der
regen Mitarbeit der Konsumenten
selbst abhängen, ob die vor Jahrzehn¬
ten von den Arbeitnehmern geschaf¬
fene wichtige Organisation der Kon¬
sumgenossenschaften, die sie vo: der
Ausbeutung durch den Handel schüt¬
zen sollte, im Wettbewerb mit dem
übrigen Handel wieder zu einem
wirkungsvollen Instrument der He¬
bung des Lebensstandards durch Be¬
kämpfung ungesund hoher Handels¬
spannen werden kann, E. G.
^mwRecht
Wer eihält den Kinderzuschuß
T. P. bezieht von der Angestellten ver¬
sehe: ungsanstalt ein Ruhegeld und dazu
einen Kinderzuschuß für das außereheliche
Kind. Der Rentner weigerte sich, der Über¬
weisung des Kinderzuschusses an den
Vormund zuzustimmen. Der Magistrat der
Stadt Wien ersetzte mit Bescheid gem^ß
§ 1271 Abs. 6 der Reichsversicherungs-
ordnung (RVQ) die vom Bezugsberechtig¬
ten verweigerte Zustimmung zur Aushän
digung des Kinderzuschusses an den Vor
mund. (§ 1271 Abs. 6 RVÖ lautet:
Der Kindefzuschuß, auf den ein Be
rechtigter Anspruch hat, kann mit seine«
Zustimmung einem Dritten, auf dessen
Antrag ausgehändigt werden, wenn die
ser den Unterhalt des Kindes überwie¬
gend bestreitet.
Eine Verfügung des Berechtigten übei
den Kinderzuschuß auf diese Zeit ist un¬
wirksam. Verweigert der Berechtigte die
Zustimmung oder ist sie aus einem an¬
deren Grunde nicht zu erlangen, so kann
sie vom Amt der Landesregierung [Magi¬
strat der Stadt Wien), ersetzt werden.) Ge¬
gen den Bescheid des Magistrats der Stadt
Wien legte T. P. beim Verwaltungs¬
gerichtshof Beschwerde ein. Der Gerichts¬
hof wies die Beschwerde ab, bestätigte
den Bescheid und damit die Aushändigung
des Kinderzuschusses an den Vormund.
(Erkenntnis des Verwaltungsgerichtsholes
vom 23. September 1953, zi. 658/51.)
Nichtigkeit des schiedsgerichtlichen
Verfahrens
Frau M K. erhob gegen einen Bescheid
der Angestelltenversicherungsanstalt beim
Schiedsgericht der Sozialversicherung für
die Stadt Wien Berufung wegen zu niedri¬
ger Bemessung von Hinterbliebenenrenten.
Der Berufung wurde in Abwesenheit der
Anspruch s werbet in der Erf olg versagt.
Nach Schluß der Verhandlung erschien ^
ein Vertreter der Frau M. K. und wies
nach, daß die Berufungswerberin ver¬
sehentlich für 9 Uhr 45 anstatt für 9 Uhr
zur Schiedsgerichtsverhandlung geladen
worden war. Das Bundesministerium für
soziale Verwaltung stellte den Antrag, das
Schiedsgerichtserkenntnis wegen unrich¬
tiger Anwendung des Gesetzes auffcu-
heben,
da der Berufungswerberin die Möglich¬
keit genommen worden sei, vor dem
Schiedsgericht zu verhandeln, was einen
Nichligkeitsgrund nach der Zivilproze߬
ordnung (ZPO) darstelle.
Dieser Ansicht schloß sich der Verwal¬
tungsgerichtshof an, der ausführte, daß
ein Nichtigkeitsgrund nach der ZPO einer
Gesetzwidrigkeit im schiedsgerichtlichen
Verfahren gleichkomme. Daher wurde das
Schiedsgerichtserkenntnis aufgehoben und
eine neue Verhandlung vorgeschrieben.
(Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes
vom 18. Februar 1953, ZI. P. 30.1/52.)
Seite 4 Nr. 207 SOLIDARITÄT