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ausinlle«; durch Witterungseinflüsse,
welche Arbeiten im Freien unmöglich
machen, nicht ihnen allein auige-
bindet wird.
Ist dieses Verlangen wirklich un¬
billig? Und ist es tatsächlich geeignet,
die Stabilisierung unserer Wirtschait
zu gefährden? Sicherlich nicht!
Entweder die Preise oder die Löhne
Aber ganz allgemein gesprochen:
Es ist durchaus möglich, daß die
Forderungen mancher Gewerkschaften
unterblieben oder zumindest wesent¬
lich bescheidener ausgefallen wären,
wenn die Preissenkung, von der die
Bundeswirtschaftskammer und alle
sogenannten Wirtschaftskreise nun
schon seit Jahren reden, doch recht¬
zeitig Gestalt angenommen hätte. Die
„vielfach sinkenden Preise", auf die
sich die Flandelskammer beruft, exi¬
stieren für Massengebrauchsartikel
vorläufig nur in ihrer Phantasie.
Trotzdem die Produktivität in der
letzten Zeit eingestandenermaßen im
Steigen begriffen ist, hat die Allge¬
meinheit von Preissenkungen bisher
herzlich wenig zu spüren bekommen.
Bisher sind die Ergebnisse der Pro¬
duktivitätssteigerung fast ausschlie߬
lich den Erzeugern und dem Handel
zugute gekommen.
So aber haben wir die Produktivi¬
tätssteigerung von vornherein nicht
verstanden. Wir haben verlangt —
und dieses Verlangen besteht auch
heute noch —•, daß der Nutzen aus der
Produktivitätssteigerung vornehmlich
den Konsumenten zugute kommen
soll, während der Rest derselben zum
Teil für Lohnverbesserungen und zum
anderen Teil zur Ausgestaltung der
Betriebe Verwendung finden soll.
Diese Forderung besteht — wie
schon gesagt — unsererseits nach wie
vor. Wir können von ihr nicht Ab¬
stand nehmen, und die „Wirtschaft"
wird ihr wohl oder übel Rechnung
tragen müssen, sonst sind Lohnforde¬
rungen unvermeidbar.
Aber es wird auch noch etwas an¬
deres geschehen müssen: Man wird
den Arbeitern und Angestellten die
Überzeugung vermitteln müssen, daß
ihre berechtigten Forderungen, beson¬
ders dann, wenn sie der Wirtschaft
nichts kosten, nicht einfach deswegen
abgelehnt werden, weil sich unsere
Herren Arbeitgeber sagen, den Ge¬
werkschaftsbund dürfe man nicht zu
groß werden lassen.
Gewerkschaftsbeiträge soll verboten
sein?
Der Gewerkschaftsbund hat seine
Forderung nach Novellierung des in
Rede stehenden Gesetzes schon vor
Jahren erhoben. Immer wieder ließ er
sich vertrösten, und immer wieder ist
die Erfüllung seines berechtigten
Wunsches hinausgezögert worden.
Wundert man sich da, wenn sich der
Gesamtarbeiterschaft der Glaube be¬
mächtigt, daß sie in diesem Staate
keine Rücksicht zu erwarten hat?
Glauben die Herren Arbeitgeber
nicht, daß es gefährlich ist, eine
solche Meinung aufkommen zu las¬
sen? Sie würde doch zwangsläufig
dazu führen, daß wieder ein Kampf
aller gegen alle in der Wirtschaft
Tätigen entbrennen müßte!
Ganz Österreich Notstandsgebiet
Die Leistungen
müssen anerkannt werden
Die Arbeitnehmer haben — das
darf ich ohne Überheblichkeit sagen
— in der ganzen Nachkriegszeit für
die Bedürfnisse unserer Wirtschaft
und unseres Volkes viel Verständnis
aufgebracht. Nicht selten mehr als
andere Kreise. Sie waren an vor¬
derster Stelle, als es galt, unsere
Wirtschaft wiederaufzubauen, die In¬
flation zu hemmen und die Stabili¬
sierung unseres Schillings herbeizu¬
führen, sie haben dafür auch nicht
unwesentliche Opfer gebracht.
Ich möchte unseren Arbeitgebern
ernstlich sagen:
Geht hin und tuet desgleichen!
Dann wird weder unser demokra¬
tisches Staatsw'esen noch unsere
Wirtschaft gefährdet sein!
Also, meine Herren, wenn Sie
wünschen, daß die Arbeiterschaft
Rücksicht übt, dann vor allem wer¬
den auch Sie sie anwenden müssen!
Sie werden dafür sorgen müssen, daß
die Preise, dort wo dazu die Möglich¬
keit besteht, herabgesetzt werden, Sie
werden ungerechtfertigte Preis¬
erhöhungen, wie sie durch Kartell-
und Preisvereinbarungen immer wie¬
der angestrebt werden, unter allen
Umständen verhindern, und Sie wer¬
den auch unsere Forderung nach
Novellierung des Antiterrorgesetzes
erfüllen müssen!
Das amerikanische Arbeits-
deparlement hat dieser Tage
das Industriegebiet von Detroit
zu einem Notstandsgebiet er¬
klärt. Detroit wird demnach auf
Anordnung der Regierung bei
Vergebung von Arbeitsaufträ¬
gen bevorzugt behandelt wer¬
den. Solche Maßnahmen wer¬
den in Amerika ergriffen, wenn
in einem Gebiet die Arbeits¬
losigkeit sechs Prozent der Be¬
schäftigten überschritten hat.
Und bei uns?
In Österreich beträgt die Arbeits¬
losigkeit derzeit 16,5 Prozent der Be¬
schäftigten, und immer noch versucht
man, von „saisonbedingt" und „nor¬
maler" Entwicklung zu sprechen.
Mögen sich Österreichs Wirt¬
schaftskreise, die ja Amerika immer
als Vorbild hinstellen, ein Beispiel an
dem amerikanischen Arbeitsdeparte¬
ment nehmen. Dort hat man längst er¬
kannt, daß eine unverhältnismäßig
hohe Arbeitslosenzahl auf jede wirt¬
schaftliche Entwicklung hemmend
wirkt. Nach gesunden wirt¬
schaftlichen Begriffen ist
aiso ganz Österreich ein
Notstandsgebiet.
Endlich werden nun die ständigeüx
dringlichen Forderungen und kon¬
kreten Vorschläge des Gewerkschafts¬
bundes und der Arbeiterkammern, die
in einem zehn Punkte umfassenden
Programm festgelegt sind, teilweise
verwirklicht. Die zehn Punkte sehen
unter anderem die Bereitstellung
öffentlicher Mittel für ein xNotpro-
gramm, unter besonderer Berücksichti¬
gung von Wildbachverbauungen, Fluß-
regulierungen, Ausbau der Sirorfr^^^
leiiungen, sofortiger Verwendung der ^
aus Counterpartmitteln für den Woh¬
nungsbau bereitgestellten 95 Millio¬
nen Schilling iür Zwecke des Arbeiter¬
wohnhausbaues und Senkung des
Kreditzinsfußes einschließlich der
Kreditspesen der Banken, vor.
Forderungen und Vorschläge der Arbeitnehmerorganisationen
werden teilweise verwirklicht
Handelsminister Dr. Illig gab am
18. Februar 1954 bei einer Pressekon¬
ferenz in Wien, der auch die Staats¬
sekretäre Ing. Gebart und Dr. Bock
beiwohnten, das Bmiaesstrallenbau-
programm für 1954 bekannt. Während
Der Gewerkschaftsbund ist zu allem
bereit. Er wird Krieg führen, wenn
Sie den Krieg wünschen, und er wird
Frieden halten, wenn auch Sie frie¬
densbereit sind!
im Vorjahr nur 355 Millionen Schil¬
ling dafür zur Verfügung standen,
sollen es heuer mehr als 480 Mil¬
lionen sein. Sofort nach dem Nach¬
lassen der Winterkälte sollen dadurch
insgesamt 14.000 Arbeiter Beschäfti¬
gung finden.
Die wichtigsten Bauvorhaben seien
unter anderem der weitere Ausbau
der sogenannten Eisenstädter Bundes¬
straße, der lebenswichtigen Nord-Süd-
Verbindung des Burgenlandes; die
Weiterführung der Mölltal-Bundes-
straße in Kärnten von Möllbrücke
bis „Mittleres Mölltal"; als bedeu¬
tendstes Baulos in Niederösterreich
der Ausbau der Straße über den
Wechsel von Wien nach Graz; die
Verbesserung der Achenseestraße
und der Gerlosstraße in Tirol; in
Oberösterreich vor allem der Ausbau
der Schallerbacher Bundesstraße; in
Salzburg die Umfahrung von Hof¬
gastein und in der Steiermark die
Verbesserung im Zuge der Triester
Bundesstraße.
Dazu kommt noch die 600-Millionen-
Anleihe für die Bundesbahnen für die
Fortsetzung der Elektrifizierung und
u^n Wr ll"lil rl i'-r BThnli('i,‘^-
Dr. Illig erklärte, daß die Erträg¬
nisse des Bundeszuschlages zur Mine¬
ralölsteuer die angesetzte Summe von
420 Millionen übersteigen düriten.
Wenn es gelänge, auch noch die für
die Straßenbenützung entrichteten
direkten Abgaben ihrer richtigen
Zweckbestimmung zuzuleiten, so
könnte bei gleichzeitig steigender
Dotierung des Straßenetats aus dem
außerordentlichen Haushalt die all¬
jährliche Bausumme auf eine Milliarde
Schilling gebracht werden.
Gcwerkschaffsbund und Arbeiter¬
kammern haben ihren Teil dazu bei¬
getragen, daß jetzt dem Problem der
Arbeitsbeschaffung doch mehr Auf¬
merksamkeit geschenkt wird. _Sie
haben rmmer wieder die Bekampiung
der Arbeitslosigkeit gefordert und
immer wieder konstruktive Vor¬
schläge erstattet. Nun wird ein Teil
ihrer Forderungen erfüllt.
Wo bleibt das Verständnis auf der
Gegenseite?
Ich spreche in diesem Zusammen¬
hang wieder einmal von der Novel¬
lierung des Antiterrorgesetzes. Es be¬
steht kein Zweifel, daß dieses Gesetz
als Ganzes eine gehässige Ausnahme¬
bestimmung gegen die Arbeitnehmer
darstellt, dessen Entstehung man sich
nur aus den Verhältnissen erklären
kann, welche zur Zeit des Heimwehr-
lerrors geherrscht haben. Die Ar¬
beiterschaft wäre zweifellos berech¬
tigt, die Aufhebung des ganzen Ge¬
setzes zu verlangen, aber wir sind
mit unseren Forderungen gar nicht so
weit gegangen, wir haben uns darauf
beschränkt, zu verlangen, daß das
Verbot der Einhebung der Gewerk-
schaftsbeiträge^ durch den Arbeit¬
geber, auch dann, wenn er dazu bereit
ist, aufgehoben wird.
Man vergegenwärtige sich nur,
welchen Unsinn diese Gesetzesbestim¬
mung bedeutet' Der Arbeitgeber kann
ohne weiteres, wenn eine diesbezüg-
liche Vereinbarung zwischen ihm und
dem Arbeitnehmer getrolien w’orden
ist, Ratenzahlungen für gewisse Ein¬
käufe seiner Arbeitnehmer vom Lohn
abziehen, ja, in gewissen Fällen ist
der Arbeitgeber sogar gesetzlich ver¬
pflichtet, Abzüge von Lohn und Ge¬
halt vorzunehmen und weiterzugeben.
Ausgerechnet d'e Einhebung der
Zum Scheitern der Berliner Außenministerkonferenz
Der Vorsitzende des Landesbezir¬
kes Berlin des Deutschen Gewerk¬
schaftsbundes, Ernst S c h a r n o w ski,
hat ein Telegramm an den österrei¬
chischen Gewerkschaftsbund gerich¬
tet, in welchem er bedauert, daß die
Hoffnungen, die Österreich und
Deutschland in die Berliner Außen¬
ministerkonferenz setzten, durch die
Haltung der Sowjets zerschlagen
wurden.
Molotow habe damit dem sowje¬
tischen Volk eine Verantwortung
und Bürde aufgeladen, die vor der
Geschichte nicht bestehen kann.
Im Namen des österreichischen
Gewerkschaftshundes richteten Präsi¬
dent Böhm und Generalsekretär
P r o k s c h folgendes Antworttele¬
gramm an Ernst Scharnowski:
Wir danken herzlich für die Be¬
kundung der brüderlichen Solidarität.
Die österjöiCffTschen Arbeiter und An-
gesiarrten sind über den Ausgang der
Berliner Außenministerkonferenz ent¬
täuscht, aber sie sind nicht ent¬
mutigt.
Auf die Dauer kann weder dem
deutschen noch dem österreichi¬
schen Volk die Freiheft und bnab-
hängigkeit verwehrt wyH-derT.
Eigentümer Herausgeber und Verleger: öster*
reichischei Gewerkschaftsbund Redaktion:
Fritz Kiennet und Franz Nekida Verantwort¬
licher Redakteur Karl Franta Für die Bild-
beilage verantwortlich: Fritz Konir Gestaltung
der Bijdbeilage August Makart Alle Wien,
i Hohenstaujengasse 10—12 Duick; Wald-
heim-Eberle Wien. VII., Seidengasse 3—11
Musterbeispiel
Österreich
Epilog zum Staats-
Ein geeintes jjrrtTfreies Deutschland
und ein unabhängiges Österreich in
einem befriedeten Europa werden die
besten Garanten des Friedens sein.
Wir grüßen die Berliner Kolleginnen
und Kollegen, die trotz aller Be¬
drückungen mutig für Freiheit und
Demokratie kämpfen.
vertrag
„Deutsche Zeitung"
13. Febru'ar 1954
„Gehn S' zu, wo's
doch bei mir so
einfach wär‘: Eine
Regierung, keine
EVG, keine Oder-
Neiße-Grenze, kei¬
ne Besorgnis für
Ost und West, kein
ehemaliger Kriegs¬
gegner, dazu rund
250 Besprechungen
— und da hab n Sie
glaubt, Sie Tscha-
perl, daß die in
lumpigen 15 oder
20 Sitzungen über
Sie ins reine kom¬
men? -“
Der Generalsekretär des Internatio¬
nalen Bundes freier Gewerkschaften,
J. H. Oldenbroek, hat eine Erklärung
zu der Berliner Konferenz abgegeben,
in der es unter anderem heißt:
„Daß eine Einigung über Öster¬
reich nicht zustande gekommen ist,
war wohl das offenkundige Beispiel,
sowjetischer Unnachgiebigkeit.
Nachdem alle anderen verbliebenen
Streitfragen um den geplanten Staats¬
vertag beigelegt worden^aren, wurde
eine endgültige Regahfng einzig da- •
durch unmöglich gemacht, daß .die
Sowjets auf unbefristetes Verbleiben
der Besatzungstruppen in Österreich
selbst nach Unterzeichnung eines Ver¬
trages bestanden. Das österreichische
Volk hat allen Grund zu bitterer Ent-
täuschuno."
Seile 2 Nr. 211 SOLIDARITÄT
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