Full text: Solidarität - Jänner 1991, Heft 720 (720)

Das soziale Gefälle in der EG Netto-Jahresverdienste je Arbeitnehmer Belgien Zn« 25 820 in DM Frankreich 93 950 24 500 24 960 — (1987) Dänemark ”^-— Spanien Irland 20 930 n 18 590 18 640 Griechenland I 13 680 Portugal | 8130 Hau, Stau wem? Stau mal, Freund: die Verkehrslawine wird weiter wach¬ sen. Alles Blech? ie Experten haben ? Meine bedrohliche Hoch- Ä#rechnung parat. Poe¬ tisch hätte sie ein alter Ge¬ heimrat so formuliert: „Über allen Wipfeln ist Ruh’. Warte nur, bald ruhest du auch.“ Denn nichts geht mehr. Im Jahr 2010 werden neunzig Prozent aller öster¬ reichischen Haushalte einen fahrbaren Untersatz besitzen, derzeit sind es 75 Prozent. Und zusätzlich steigt der Trend zum Zweit¬ wagen (im Gegensatz zum Zweitbuch). Im Jahr 2010 wird jeder dritte Haushalt ein zweites Wägelchen haben. Und damit Ihnen endgültig schwindelig wird: die Gesamtverkehrsleistung nimmt von 152 Millionen Kilometer (1983) auf 184 Millionen Kilometer zu. Zweifellos ein Zeichen des Wohlstands. Aber auch gewaltige zusätzliche Bela¬ stung für Mensch und Um¬ welt. Da wird uns rasch und energisch etwas einfallen müssen. Oder: stau mal. Ohne Illusionen Der Traum vom großen Wirtschaftsmarkt EG, in dem Milch und Honig fließen, ist eine Illusion: Auch dort gibt es ein sehr starkes soziales Gefälle Große und Kleine Der Fahrer hat sich mißmutig hinter ei¬ nem kleinen Auto älterer Bauart einge¬ reiht und wartet ungeduldig auf eine Chance zum Überholen. Erst jetzt merkt er, daß er einen Ausländer vor sich hat -Präsident Fritz Verzet- nitsch betont es immer wieder: „Wir wol¬ len ein soziales Europa. Und ein Europa der Arbeit¬ nehmer.“ Der Beitrag dazu muß allerdings im eigenen Land erfolgen. Verzetnitsch drastisch: „Seine Hausauf¬ gaben muß jeder selber machen.“ Und das sind umfang¬ reiche Hausaufgaben: So verdient etwa der portugie¬ sische Arbeitnehmer netto nur ein Viertel dessen, was der Beschäftigte in Luxem¬ burg nach Hause bringt. Als Draufgabe hat er die läng¬ ste Arbeitszeit von allen, nämlich 2025 Jahresar¬ beitsstunden, immerhin 328 mehr als der deutsche Arbeitnehmer. Wie stark das Gefälle ist, beweist eine Gesamt¬ sicht: Ganz oben mit dem Einkommen und den kürze¬ sten Arbeitszeiten rangie¬ ren die alten Industrienatio¬ nen im Norden und in der Mitte der EG, ganz unten sind die südlichen und westlichen Mitgliedsländer angesiedelt. Wie groß sind die Chancen der Nachzügler, hier aufzuholen? Sie sind zweifellos vorhanden. Be¬ sonders dann, wenn die Gewerkschaften internatio¬ nal Zusammenarbeiten. Im Osten kann man vorerst nur darauf hoffen, daß man im Westen einen Satz nicht vergißt, den Verzetnitsch lange vor der Öffnung der Ostgrenzen - manchmal belächelt - so formuliert hat: „Die EG ist nicht Euro¬ pa. Europa ist größer.“ dem Augenblick, in dem er erkannt hat, daß sein Vorder¬ mann aus der Türkei, aus Jugoslawien oder aus der ehemaligen DDR stammt, wird er erst recht nervös. Das kann doch schließlich nicht wahr sein, daß ein Österreicher von „so einem“ aufgehalten wird. Wo es doch fraglich ist, ob der überhaupt fahren kann und nicht noch vor zwei, drei Jahren auf einem Kamel gesessen ist. Unser Mann beginnt vor sich hin zu mur¬ meln. Und es ist nicht das Freundlichste, was er von sich gibt. Vorurteile auch beim Autofahren? Haben die äl¬ teren unter uns plötzlich vergessen, daß sie einst auch in so kleinen Wägel¬ chen gesessen sind, in den Puchs, den Lloyds und wie sie damals alle hießen bis zum Käfer, der die unbe¬ strittene Nummer eins war? Noch gibt es keine Un¬ tersuchungen darüber, ob sich rassistisches Denken auch auf den Straßenver¬ kehr überträgt. Aber es gibt jede Menge von Beobach¬ tungen, die das zu bestäti¬ gen scheinen. War es einst der Fahrer mit dem „N“ auf dem Kennzeichen, der vom Wiener mit Ausdrücken wie „Gscherter“ oder „Furchen¬ gänger“ belegt wurde, so sind es heute die Polen, die Tschechen, eben jene, die mit den Jrabis“ in allen Va¬ riationen unterwegs sind. Ihnen muß man zeigen, daß man der Bessere ist, derje¬ nige, der schon auf eine lange Erfahrung mit dem Auto zurückblicken kann. Immerhin ist man seit Jahr¬ zehnten unterwegs. Ganz im Gegensatz zu denen... Solidarität Nr. 720 Jänner 1991 DIE ILLUSTRIERTE DES ÖGB Österreichs gröBte Illustrierte für 1,643.586 Mitglieder Herausgeber: Österreichischer Gewerkschaftsbund, 1010 Wien, Hohenstaufengasse 10-12 Medieninhaber: Verlag des Österreichischen Gewerkschahsbundes Ges. m. b. H., 1232 Wien, Altmannsdorfer Straße 154-156, Telefon 67 26 22 Redaktion: 1010 Wien. Hohenstaufengasse 10-12, Telefon 534 44 Chefredakteur: Prof. Winfried Bruckner Redakteur: Hans Stefan Hintner Bildredaktion und Layout: Prof. Franz Stadlmann Thomas Linzbauer Hersteller: Elbemühl Graphische Industrie Ges. m. b. H., 1232 Wien, Altmannsdorfer Straße 154-156 Verlags- und Herstellungsort Wien TELEFONISCHE ADRESSENBERICHTIGUNG: 0 22 2/599 07/220 DW Solidarität 3
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