Seite 5
Das österreichische Jugendgerichtsgesetz (JGG) sieht in seiner aktuellen Fassung bereits
zahlreiche Regelungen vor, die die in der Richtlinie Jugendstrafverfahren vorgesehenen
Mindeststandards abdecken.
Mit dem vorliegenden Entwurf sollen nunmehr jene Bestimmungen der Richtlinie umgesetzt
werden, die von dem bisherigen Rechtsbestand des JGG noch nicht oder nicht ausreichend
umgesetzt erfasst werden.
Eine notwendige Verteidigung bereits im Ermittlungsverfahren ist für das österreichische
Jugendstrafrechtssystem jedenfalls neu. Die bestehende Bestimmung zur notwendigen
Verteidigung in § 39 JGG soll daher an die Voraussetzungen der Richtlinie
Jugendstrafverfahren angepasst werden.
Die Bundesarbeitskammer begrüßt grundsätzlich die vorgeschlagene Neufassung des
Jugendgerichtsgesetzes (JGG) mit dem Ziel der vollständigen Umsetzung der Richtlinie
Jugendstrafverfahren.
Insbesondere begrüßt die Bundesarbeitskammer die Einführung einer Zweifelsregelung (§ 1
Abs 2 JGG des Entwurfs), die Berichtspflicht der Kriminalpolizei zur raschen Beigabe eines
„Verteidigers in Bereitschaft“ (§ 32 Abs 3 und 3a JGG des Entwurfs iVm § 59 Abs 4 StPO),
die Zusammenfassung der Belehrungspflichten in § 32a JGG des Entwurfs, die Festlegung
einer ärztlichen Untersuchung auf Antrag des Kindes, gesetzlichen Vertreters oder
Verteidigers (§ 37a JGG des Entwurfs) sowie die Neuregelungen betreffend die
Jugenderhebungen (§§ 43 Abs 1 bis 3 und 48 Z 1 JGG des Entwurfs).
Zu Z 3, 23 und 25 (§§ 30, 54 und 63 Abs 2 JGG des Entwurfs):
Die Schaffung eines verpflichtenden Qualifikationsnachweises für die mit Jugendstrafsachen
betrauten Richter, Staatsanwälten und Bezirksanwälten sowie für mit der Behandlung von
jugendlichen Gefangenen betraute Personen und die Festlegung der weiteren Verpflichtung
dieser Personen regelmäßig an entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen,
wird seitens der Bundesarbeitskammer ausdrücklich begrüßt.
Allerdings wäre es nach Ansicht der Bundesarbeitskammer zweckentsprechend, zumindest in
den Erläuterungen festzuhalten bzw in § 57 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz
(RStDG) festzulegen, in welchen zeitlichen Abständen und in welchem Ausmaß derartige
Fortbildungsveranstaltungen besucht werden müssen.
Ganz allgemein hält die Bundesarbeitskammer in diesem Zusammenhang fest, dass der
Jugendgerichtshof in Wien als spezialisierte Einrichtung der Jugendgerichtsbarkeit, bis zu
seiner Abschaffung, als „Best Practice“-Beispiel für viele andere Staaten gegolten hat. Nach
Ansicht der Bundesarbeitskammer sollte daher die Wiedererrichtung eines
Jugendgerichtshofes erwogen werden.