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Praktische Erfahrungen aus Deutschkursen zeigen allerdings, dass die alleinige
Berücksichtigung von Betreuungspflichten nicht ausreichend ist. Viele Eltern mit Kindern in
Österreich haben weder einen Kindergarten- noch einen Hortplatz. Leider übernehmen
faktisch immer noch Frauen die überwiegende Betreuung der Kinder; um eine strukturelle
Benachteiligung hintanzuhalten, ist eine professionelle und kostenlose Kinderbetreuung
während der Kurszeiten unabdingbar und dringend erforderlich.
Mütter bzw auch Väter müssen daher einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung während
des Besuchs der verpflichtenden Deutschkurse erhalten. Die Bereitstellung von qualitativ
hochwertigen Kinderbetreuungsangeboten durch die KursträgerInnen sollte verpflichtend in
den Qualitätsstandards vorgesehen werden.
Zu § 8 – Qualitätsstandards
Integration ist ein mehrseitiges Konzept; eine gelungene Integration muss sowohl vom Staat
wie auch von der Mehrheitsgesellschaft und den Zugewanderten selbst getragen werden. Die
Aufgabe des Staates ist es dabei, die Rahmenbedingungen für eine solche gelungene
Integration zu schaffen. Ein wichtiger Grundstein für die Integration von Frauen ist die
geschlechtsspezifische Gestaltung von Deutschkursen. Nur dann wird gewährleistet, dass
Frauen mit Migrationshintergrund nicht außerhalb der Mehrheitsgesellschaft leben. Das ist ein
Grundstein für ökonomische Unabhängigkeit, eigenständiges und selbstbestimmtes Leben.
Es muss insbesondere gewährleistet sein, dass Frauen, die verschiedene Formen von
Männerdominanz und -gewalt erlebt haben, einen geschützten Rahmen vorfinden, wo Frauen
unter sich sind und über ihre spezifischen Problemlagen und Lebenserfahrungen wie
häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Alleinerziehung, restriktive Geschlechterrollen usw
reden können. Nur so kann der Lernerfolg und damit auch ein rascher und guter
Arbeitsmarkteinstieg gewährleistet werden.
Zu §§ 12 ff bzw zu den Curricula – Qualitätsstandards der Prüfungen bzw
Wertevermittlung in den Curricula
In den Erläuterungen werden besonders die geplanten höheren Qualitätsstandards für
Prüfungen herausgestrichen. Zwar ist dies, wie richtigerweise angeführt, insofern von
Relevanz, als die sogenannte „B1-Integrationsprüfung“ zukünftig nicht nur
aufenthaltsrechtliche Folgen hat, sondern auch die Höhe staatlicher Geldleistungen im Sinne
des Sozialhilfe-Grundsatz-Gesetzes an diese geknüpft ist.
Nach Meinung der BAK liegt das Hauptproblem in diesem Kontext jedoch keineswegs bei zu
geringen Prüfungsstandards: So haben wir bereits in unserer Stellungnahme zum Sozialhilfe-
Grundsatzgesetz den sogenannten „Arbeitsqualifizierungsbonus“ kritisiert. Demnach sollen de
facto zugewanderte Personen nur eine um 35 % gekürzte Sozialhilfe erhalten, solange
„Vermittelbarkeit auf dem österreichischen Arbeitsmarkt“ nicht vorliegt, wobei dies an Sprach-