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Full text: Europarat; rev.ESC; 9. Bericht Österreichs über die Umsetzung der revidierten Europäischen Sozialcharta (Art. 3, 11, 12, 13 und 14)

Seite 11 Das Recht auf Fürsorge soll in Österreich im Besonderen durch die Leistungen der Sozialhilfe- bzw der Mindestsicherungsgesetze der Länder gewährleistet werden. Mit dem am 13.3.2019 beschlossenen Sozialhilfegrundsatz-Gesetz hat die (damalige) österreichische Bundesregie- rung die Fürsorge neu ausgerichtet. Offen kommuniziertes Ziel dieser Neuausrichtung war ein restriktiver Zugang zu Leistungen, vor allem für Menschen mit Migrationshintergrund. Wesent- liche Teile des Gesetzes wurde in der Folge vom Verfassungsgerichthof (VfGH) als verfas- sungswidrig aufgehoben. Das Sozialhilfegrundsatz-Gesetz gibt den Rahmen vor, für die Sozialhilfeausführungs-Geset- ze der Bundesländer und hat damit großen Einfluss auf die Ausrichtung. Zu den wichtigsten Neuerungen zählen: ? Einführung eines Höchstsatzes, statt einer Mindestleistung, wodurch es den Ländern nicht mehr möglich ist, potenzielle höhere Lebenserhaltungskosten zu kompensieren, ? eine regressive Leistungsstaffelung für Kinder, durch die Mehrkindfamilien massiv schlechter gestellt werden, die durch einen Entscheid des VfGH nur geringfügig ent- schärft wurde, ? Leistungskürzungen für Paare und Wohngemeinschaften, ? eine, inzwischen durch den Entscheid des VfGH stark eingeschränkte, Leistungsre- duktion für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen. Aus Sicht der BAK untergräbt das Sozialhilfegrundsatz-Gesetz das Recht auf Fürsorge. Die Schlechterstellungen sind weitreichend, betreffen aber im Besonderen Mehrkindfamilien so- wie Paare und Menschen, die in Wohngemeinschaften leben. Die Schlechterstellung von Men- schen mit geringen Deutschkenntnissen wurde zwar zum Teil aufgehoben, das Gesetz erlaubt aber grundsätzlich weiterhin Leistungskürzungen für diese Gruppe. Außerdem sieht es die BAK als grundsätzlich problematisch an, wenn Personen vor Vollen- dung des 18. Lebensjahres, die ein geringes Einkommen (wie zB ein Lehrlingseinkommen oder eine Ausbildungsbeihilfe bei der überbetrieblichen Lehrausbildung) beziehen und alleine leben müssen (zB aus familiären Gründen), keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben. Aufgrund des Ausbildungspflichtgesetzes haben Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Le- bensjahres nicht mehr die Wahl, eine Beschäftigung zur Sicherung des Lebensunterhaltes anzunehmen, sie müssen eine Ausbildung absolvieren. Allfällige Stipendien für SchülerInnen, geringes Lehrlingseinkommen und die vom Arbeitsmarktservice gewährte Ausbildungsbeihilfe für Jugendliche in der überbetrieblichen Lehrausbildung sichern aber den Lebensunterhalt nicht. Daher benötigt diese Personengruppe einen eigenständigen Anspruch auf Sozialhilfe. Generell ist das Fürsorgesystem teilweise stark mangelhaft. Zu kritisieren sind ua das Leis- tungsniveau, das unter der in Österreich gebräuchlichen Schwelle von 60 % des Median- Haushaltseinkommens liegt (siehe ausführlich unter „Zu den Artikeln 12 Absatz 1 und 13 Ab-
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