Full text: Europarat; rev.ESC; 9. Bericht Österreichs über die Umsetzung der revidierten Europäischen Sozialcharta (Art. 3, 11, 12, 13 und 14)

Seite 12 satz 1“), ein teilweise fehlender Rechtsanspruch auf Leistungen oder ein zu komplexes Frei- betragssystem für Menschen, die (wieder) eine Erwerbsarbeit aufnehmen. Kritisch wird seitens der BAK auch angemerkt, dass sich im letzten Bericht nicht zu allen Bun- desländern eine detaillierte Darstellung der Situation in Bezug auf die Höhe der Sozialhilfe findet. Beispielhaft erlaubt sich die BAK die Situation im Bundesland Salzburg näher zu erläutern: Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (SHGG) schafft die Grundlage für die künftigen Sozialhilfe- leistungen in den Bundesländern. Das Inkrafttreten des Salzburger Sozialunterstützungsge- setzes (Sbg SUG) ist mit 1. Jänner 2021 vorgesehen. Das Sbg SUG wird einige bedenkliche, weil nochmals anspruchsreduzierende Änderungen im Vergleich zum derzeitigen Salzburger Mindestsicherungsgesetz (Sbg MSG) mit sich bringen. Die gravierendsten der geplanten Be- schränkungen, welche bereits im SHGG enthalten waren, konnten durch den VfGH zwar ab- gewendet werden. So etwa die Einführung eines Arbeitsqualifizierungsbonus, wonach ein Teil der Sozialhilfeleistung (35 %) nur bei ausreichender Qualifizierung für den Arbeitsmarkt zu- stehen sollte – diese Regelung hätte vorrangig nichtösterreichische Staatsbürger getroffen, da hier wesentliche Kenntnisse der deutschen bzw englischen Sprache gefordert waren. Als verfassungswidrig erkannt wurde außerdem die Staffelung der Leistungssätze für Kinder, die ab dem 3. Kind nur mehr 5 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes vorgesehen hätte – eine Be- darfsdeckung wäre hier definitiv nicht mehr gewährleistet gewesen. Auch die verbleibenden Regelungen, welche mit dem Sbg SUG auf Landesebene nun näher ausgestaltet werden, werden aber zu erheblichen Einschnitten im Vergleich zur bisherigen Rechtslage führen. Beispielhaft seien einige Punkte herausgegriffen: Die künftige Ausgestal- tung der Sozialhilfe wird auf Höchstsätzen basieren, wohingegen es sich bei der Mindestsi- cherung um Mindeststandards handelte. Eine bisher mögliche individuelle Anpassung der Leistung an die besonderen Gegebenheiten in den Bundesländern wird damit nicht mehr mög- lich sein. Anstelle von Geld- sollen zudem vorrangig Sachleistungen gewährt werden, was die selbstbestimmte Lebensführung in Frage stellt. Auf eine bestimmte Form der Leistungsge- währung besteht kein Rechtsanspruch – dementsprechend wird auch die Art der Gewährung nicht im Rechtsweg überprüfbar sein. Darüber hinaus wird es eine Leistungsdeckelung für Haushaltsgemeinschaften volljähriger Personen geben: Hier soll der Leistungsanspruch grundsätzlich mit maximal 175 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes begrenzt werden, solange den Betroffenen dabei zumindest 20 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes verbleiben. Dass der individuelle Bedarf hier ausreichend gedeckt werden kann, ist mehr als fraglich. Schließlich sollen Sonderzahlungen (13. und 14. Gehalt) künftig nicht mehr von der Einkommensanrech- nung ausgenommen werden, sie werden die Sozialhilfe in den Monaten ihrer Gewährung also entsprechend kürzen. Auch das bedeutet erhebliche Einbußen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage, die auch bisher nur ein Leistungsminimum garantierte und häufig eben bereits jetzt nicht ausreicht, um eine Existenzsicherung in Höhe der Armutsgefährdungsschwelle zu gewährleisten. Nicht zuletzt in Anbetracht der Schlussfolgerungen des Ausschusses für so- ziale Rechte zum Bericht aus 2017 wird daher erneut mit der Feststellung einer Unvereinbar- keit mit Art 13 Abs 1 der Charta zu rechnen sein.
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