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rInnen gesetzliche Verpflichtungen als den wichtigsten Grund für die Auseinandersetzung mit
Sicherheit und Gesundheit im Betrieb ansehen. Hier bedarf es einer klaren Schärfung beste-
hender Strafbestimmungen sowie der behördlichen Vorgehensweise. Das ILO-Übereinkom-
men Nr 81 legt unter anderem fest, dass „sofortige gesetzliche Verfolgung“ durch die Auf-
sichtsbeamtInnen zu erfolgen hat, wenn Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzes nicht
eingehalten werden (Art 17). Dass Beratung der Arbeitgeber grundsätzlich gegenüber Sank-
tionen priorisiert wird, ist sinnvoll, darf aber nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmerschutz
zu einem zahnlosen Tiger wird und damit die zitierten internationalen Standards nicht mehr
erfüllt werden. Die dadurch erzeugte normative Schwäche geltender Bestimmungen wird
durch niedrige, nicht abschreckende Strafsätze bei Übertretungen des ArbeitnehmerInnen-
schutzgesetzes, Arbeitsruhegesetzes oder Arbeitszeitgesetzes forciert.
Um den in Art 3 artikulierten Anspruch gerecht werden zu können, bedarf es daher einer klaren
Schärfung bestehender Strafbestimmungen sowie der behördlichen Vorgehensweise.
Dies wiederum setzt eine – vor allem personelle – Stärkung der Arbeitsinspektion voraus.
Einschließlich teilzeitbeschäftigter und karenzierter MitarbeiterInnen gibt es derzeit (Stichtag
31. Dezember 2018) 303 Arbeitsinspektionsorgane, die Kontroll- und Beratungstätigkeiten in
den österreichischen Betrieben durchführen. Die Zahl der im Außendienst arbeitenden (also
de facto kontrollierenden) ArbeitsinspektorInnen ist niedriger als die Vorgabe der ILO. Diese
legt im Übereinkommen Nr 81, Art 10, als Richtwert für industrielle Marktwirtschaften eine/n
AufsichtsbeamtIn pro 10.000 Beschäftigte fest.
Absatz 4
Abs 4 fordert schließlich den Zugang zu betriebsärztlichen Diensten für alle ArbeitnehmerIn-
nen in allen Wirtschaftszweigen und Unternehmen. Das in Österreich bestehende Präventi-
onssystem entspricht dem bereits. Vor dem Hintergrund der bestehenden Arbeitsbelastungen
ist aber eine effektivere, verstärkte und inhaltlich-adäquate Präventionsarbeit sinnvoll. Das
bestehende Präventionssystem orientiert sich hinsichtlich der Bestimmung zur Einsatzzeit der
Präventivfachkräfte an einer traditionellen Unterscheidung von Hand- und Kopfarbeit. Der
Kopfarbeit wird aufgrund der vermeintlich geringeren arbeitsbedingten Gefahren oder Belas-
tungen ein geringerer Bedarf an Präventionsarbeit unterstellt. Diese Unterscheidung hält einer
Analyse bestehender Arbeitsbelastungen jedoch nicht stand. Deswegen wäre eine Erhöhung
der jährlichen Präventionszeit für ArbeitnehmerInnen an Büroarbeitsplätzen sowie an Ar-
beitsplätzen mit vergleichbaren Belastungen von 1,2 Stunden auf 2 Stunden pro Arbeitneh-
merIn angebracht. Gleichzeitig sollte auch die Präventionszeit an allen anderen Arbeitsplätzen
(auf 2,5 Stunden) erhöht werden.
Im Jahr 2019 gab es in Österreich 105.449 Arbeitsunfälle (- 0,9 %) gegenüber dem Vorjahr
sowie 1.198 Berufskrankheiten (+ 5,1 % gegenüber dem Vorjahr). Mehr Präventionszeiten
erhöhen den Sensibilisierungsgrad. Ebenso sollten die Präventionszeiten auf Sicherheitsfach-
kräfte, ArbeitsmedizinerInnen sowie ArbeitspsychologInnen zu je 25 % verteilt werden und die
restlichen 25 % flexibel und bedarfsgerecht auf eine oder mehrere der genannten Präventiv-
fachkräfte.