2. Andere spezifische Themen
Die BAK drängt auf die Vorlage eines Rechtsvorschlags, um fortpflanzungsschädigende Stoffe auf die gleiche
Weise zu regeln wie krebserzeugende und erbgutverändernde Stoffe, insbesondere im
ArbeitnehmerInnenschutz.
Die besondere Schwere der Schäden durch fortpflanzungsschädigende Stoffe rechtfertigt, dass diese
Chemikalien genauso stringent geregelt werden wie krebserzeugende und erbgutverändernde Stoffe.
In mehreren Mitgliedstaaten (so auch in Österreich) ist diese Gleichstellung bereits erfolgt. Dies hat
beispielsweise zur Folge, dass die Exposition der ArbeitnehmerInnen gegenüber diesen Stoffen
jedenfalls soweit wie möglich minimiert werden muss.
Für Stoffe, die Wirkschwellen aufweisen, sind Grenzwerte an diesen Wirkschwellen auszurichten
(„gesundheitsbasiert“). Der Schutz vor Stoffen, deren Gefahren keine Wirkschwelle aufweisen, insbesondere
vor genotoxischen Karzinogenen, erfordert eine politisch akkordierte Festlegung eines gemeinsamen
Risikowertes, unterhalb dessen ein Stoff als kontrolliert gilt („risikobasierte Grenzwerte“). Dazu braucht es eine
breite öffentliche Diskussion unter Einbeziehung der Sozialpartner.
Kann bei einem Stoff unterhalb einer bestimmten Exposition eine Gefährdung der ArbeitnehmerInnen
mit Sicherheit ausgeschlossen werden, so ist schon jetzt die Höhe dieser Exposition als
Arbeitsplatzgrenzwert heranzuziehen ("gesundheitsbasierter Grenzwert"). Es gibt aber Stoffe, bei
denen dies nicht möglich ist. Die bedeutendste derartige Stoffgruppe sind genotoxische Karzinogene,
die durch direkte Schädigung des genetischen Materials krebserzeugend wirken. Für solche Stoffe
sollen in Zukunft "risikobasierte Grenzwerte" festgelegt werden. Derartige risikobasierte Grenzwerte
werden aus zwei Komponenten abgeleitet: aus der Expositions-Risiko-Beziehung und aus einem
politisch festgelegten Risikowert. Die Expositions-Risiko-Beziehung (ERB) ist ein Ergebnis der
Toxikologie und beschreibt, wie hoch das Risiko einer Krebserkrankung in Abhängigkeit von der
Exposition ist. Die Festlegung des Risikos ist ein politischer Vorgang, in den Vorstellungen von
Grundrechten und Gerechtigkeit einfließen. Diese Diskussion ist auf EU-Ebene überfällig. Dabei sind
die Öffentlichkeit und insbesondere die Sozialpartner einzubeziehen.
3. Strategischer Rahmen
Ein strategischer Rahmen erfordert, über die Einzelstoffbetrachtung und über die oben genannten sektoralen
Aspekte hinauszugehen. Unter anderem braucht es einen kohärenteren Rechtsrahmen, einen grundlegenden
Blick auf die Substitution gefährlicher Stoffe, die Stärkung des Vorsorgeprinzips, eine internationale
Perspektive zum Schutz vor Gefahrstoffen und eine Integration mit dem Ziel 12 der Ziele für Nachhaltige
Entwicklung (SDG 12).
Dies erfordert unter anderem, dass auf den jeweils zweckmäßigen Ebenen Ziele gesetzt werden, die
durch die Strategie erreicht werden sollen. Diese Ziele sollen spezifisch, messbar, akzeptiert,
realistisch und terminiert („smart“) sein; die Zielerreichung soll laufend kontrolliert werden; bei
mangelnder Zielerreichung sollen die Maßnahmen entsprechend angepasst werden.