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Lässt es sich aus ihrer Sicht anhand konkreter Anhaltspunkte einschätzen, inwieweit sich die
Wirksamkeit der in Österreich geltenden Mindestarbeitsbedingungen im Verhältnis zu Entsen-
deunternehmen erhöht hat und inwieweit nicht?
Grenzüberschreitend entsandte und überlassene ArbeitnehmerInnen sind auf Grund der ein-
schlägigen rechtlichen Vorschriften fast immer in ihrem Heimatland sozialversichert. Folglich
sind sie auch nicht Mitglieder der Arbeiterkammern. Für diese ArbeitnehmerInnen besteht also
kein Anspruch auf Beratung und Rechtsvertretung durch die Arbeiterkammern. Da die Hintan-
haltung von Lohn- und Sozialdumping jedoch (auch) im Interesse der Mitglieder der Arbeits-
kammern ist, erfolgen im Einzelfall auch Beratungen sowie Rechtsschutz durch die Arbeiter-
kammern. Die bisherigen Erfahrungen (Näheres dazu siehe oben die Antwort zu I. Evaluierung
ASRÄG 2014, Ziel 1, Maßnahme 1) haben jedoch gezeigt, dass selbst die Geltendmachung
unstrittiger Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin extrem schwierig und
auf Grund der näheren Umstände meist nicht erfolgversprechend ist.
Vor diesem Hintergrund sind unsere unmittelbaren Einblicke daher nur bruchstückhaft und
eine Antwort auf die Frage, ob sich die Wirksamkeit der in Österreich geltenden Mindestar-
beitsbedingungen im Verhältnis zu Entsendeunternehmen erhöht hat und inwieweit nicht, ist
daraus schwer ableiten. Von der AK Wien in Auftrag gegebene Studien zum Thema Lohn-
und Sozialdumping geben keinen Hinweis darauf, dass sich die Situation nachhaltig gebessert
hat. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass einerseits das LSD-BG 2017 die Möglichkeiten der
Bekämpfung von Lohndumping zum Teil verbessert hat, es jedoch andererseits zu heftigen
Rückschlägen auf Grund der Judikatur des EuGHs gekommen ist. So etwa haben sich be-
kanntlich die Möglichkeiten der Einbringung von Verwaltungsstrafen bei grenzüberschreiten-
dem Bezug seit der Entscheidung Èepelnik im November 2018 wesentlich verschlechtert und
das Risiko ausländischer ArbeitgeberInnen für eine Strafe tatsächlich einstehen zu müssen,
hat sich wesentlich verringert.
Das grobe bzw vermeintliche Missverständnis mancher ArbeitgeberInnen, dass entsendeten
ArbeitnehmerInnen nur der Grundlohn zu zahlen ist (siehe oben), besteht jedenfalls nicht
mehr.
Ziel 2:
Entgeltansprüche entsandter Arbeitnehmer von ausländischen Dienstleistungserbringern kön-
nen in einem erhöhten Ausmaß durchgesetzt werden. Die präventive Wirkung der Bestimmun-
gen zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping wird erhöht.
Dazu gehörige Maßnahme 2:
Schaffung einer Auftraggeberhaftung im Baubereich.
Fragen für die Evaluierung:
Wie beurteilen sie die besondere Haftungsregelung des § 9 LSD-BG?
Insbesondere: Haben sie Grund zur Annahme, dass die Haftungsregelung zu einer Verringe-
rung von Unterentlohnungen geführt hat? Wenn ja, bitte geben sie nähere Informationen zu
den Umständen bzw Daten.