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ermöglicht letztlich die Ermittlung des Lohnanteils an der Wertschöpfung in einem
Sektor. Eine erschöpfende Analyse der verteilungsbeeinflussenden Wirkungen der
Globalisierung hat daher mehrere Dimensionen: Die Entwicklung der Löhne und der
Beschäftigung, sowie der Anteil der Löhne von unqualifizierten und qualifizierten
ArbeitnehmerInnen an der Wertschöpfung sowohl für den betreffenden Sektor als
auch auf aggregiertem Niveau.
Eine weitere interessante Entdeckung, die in der Literatur zu finden ist, ist die
Tatsache, dass die negativen Handelsauswirkungen nicht nur auf den inter-
industriellen Handel mit Niedriglohnländern zurückzuführen sind, sondern auch auf
intra-industriellen Handel mit entwickelten Ländern. Die Untersuchungsergebnisse
weisen diesbezüglich aber signifikante Heterogenität auf und zeigen, dass die
Zusammensetzung und die Herkunft der jeweiligen Importe berücksichtigt werden
müssen. Ebenfalls uneinheitlich sind die Ergebnisse für die diversen Branchen. Daher
ist es wichtig hier zwischen den importierten Intermediärgütern und den Fertiggütern
zu unterscheiden, sowie deren Herkunftsländer (Niedriglohn- versus Hochlohnländer,
bzw. sog. „Aufhol-Länder“ versus andere Entwicklungsländer und entwickelte
Länder) und nicht zuletzt den unterschiedlichen Qualifikationsgruppen in den
Sektoren (d.h. hochqualifizierte, qualifizierte und niedrigqualifizierte).
Die Auswirkungen von Kapitalflüssen werden meist in Firmenstudien analysiert,
wobei jedoch eine Beurteilung der Auswirkungen des Foreign Direct Investment-
(FDI-) Abfluss auf die Löhne und auf die Beschäftigung je nach Branche eine
wichtige (relevante) Ergänzung der Studien zu Handels- und Outsourcing-Einflüssen
sind. Man kann dadurch die Droheffekte untersuchen, sofern sie FDI-Strömen
enthalten sind.
Sollte sich letztlich herausstellen, dass Handel oder Kapitalmobilität einen Einfluss
haben auf die Elastizität der Arbeitskräftenachfrage und auf die
Lohnverhandlungsstärke der ArbeitnehmerInnen, so führt dies nicht nur zu einer
Verschiebung im Arbeitskräftebedarf oder in der Lohnverhandlungskurve, sondern es
verändert auch die Reagibilität der Beschäftigung auf Produktion und Löhne sowie
jene der Löhne auf Produktivität und Arbeitslosigkeit. Viele Studien kommen zu dem
Schluss, dass die Außenöffnung sich auf den Arbeitsmarkt viel stärker auswirkt als es
allein die bloßen Zahlen vermuten lassen, und sie einher geht mit einer allgemeinen
Verschiebung der Kräfteverhältnisse bei den Lohnverhandlungen und der
Arbeitskräftenachfrage in Zeiten von harter Konkurrenz und hoher Kapitalmobilität.
Daher ist es im Grunde nicht die Marktöffnung an sich, sondern sind es die
Bedingungen unter denen sie stattfindet – d.h. die Verschiebung der
Kräfteverhältnisse als Folge der Außenöffnung, die dem Faktor Arbeit schaden. Wenn
dies so ist, sollte die Wirtschaftspolitik dieser Frage mehr Aufmerksamkeit widmen.
Die wirtschaftspolitische Diskussion über die Auswirkungen der Globalisierung auf
den Arbeitsmarkt kann als ein weites Spektrum an Ansichten mit zwei
Extrempositionen gesehen werden, welche die Unterschiede der theoretischen
Zugänge am besten charakterisieren: Auf der einen Seite findet man hauptsächlich die
Forderung des ökonomischen Mainstreams nach weiteren
Arbeitsmarktderegulierungen sowie nach Methoden um die Lohnflexibilität und die
Mobilität niedrigqualifizierter Arbeitskräfte zu erhöhen (z.B. OECD, 2005). Auf der
anderen Seite findet man politökonomische Auffassungen, die einerseits den
Nachdruck legen auf die Rolle der Industriepolitik bei der Förderung von
Investitionen und bei der Unterstützung des Arbeitsplatzbeschaffungspotenzials der