Full text: Eine Zumutung! (2)

11Arbeit&Wirtschaft 2/2016 Historie getroffenen Maßnahmen Herrn Y nicht umstimmen konnten, fordern wir die zuständigen Behörden auf, Herrn Y das Recht auf Ausbildung (Ausbeutung) zu entziehen. Auf der Deckseite des Flugblatts stand die Aufforderung: Unterstützt die Fragebogen- aktion der Gewerkschaftsjugend zur Einhaltung der Gesetze zum Schutz der arbeitenden Jugend. Mit der Fragebogenaktion wurden die ÖGJ- Mitglieder und darüber hinaus alle erreich- baren Jugendlichen als AktivistInnen direkt angesprochen: Es ist gar nicht leicht, ein Unternehmen dieser Größenordnung durchzuführen, nicht einmal für eine Organisation von der Stärke der Gewerkschaftsbewegung. Darum brauchen wir Hilfe. Und die können wir nur von Ihnen bekommen. Von Ihnen ganz persönlich. Denn nur wenn Sie diesen Fragebogen beantwor- ten und an uns einsenden, wenn Sie nicht denken, dass sowieso genug an dere es tun und damit ihnen das Handeln abneh- men werden, nur dann haben Sie die Gewähr, dass tatsächlich etwas geschieht. Als Kampagnenziele formulierte der Frage- bogen: Das UNTERNEHMEN STOP will aufräumen mit » der Ausbeutung von Lehrlingen als billige Arbeitskräfte unter dem Deck- mantel des Lernens; Seit 1969 galten das Berufsausbildungsge- setz, das Kinder- und Jugendbeschäftigungs- gesetz und die Jugendschutzbestimmungen galten schon viel länger. Der Betriebsalltag der Lehrlinge und jugendlichen ArbeiterInnen verlief aber oft so, als würden diese Gesetze gar nicht existieren. 1972 startete die Ge- werkschaftsjugend deshalb eine österreich- weite Kampagne, um gegen diese Missstän- de anzugehen. Die Lehrlinge wurden animiert, fünfzig Fragen schriftlich zu beantworten, parallel dazu begann die ÖGJ mit Aktionen, die unzumutbare Bedingungen in einzelnen Betrieben aufs Korn nahmen. Eine Resolution der ÖGJ Vöcklabruck in Oberösterreich pran- gerte zum Beispiel die Zustände in einem Gastgewerbebetrieb an. Sie wurde der Be- zirkshauptmannschaft, dem Arbeitsinspek- torat, der Arbeiterkammer und der Handels- kammer (heute Wirtschaftskammer) übermit- telt und per Verteilaktionen auf einem Flug- blatt öffentlich gemacht – die Möglichkeiten, die das Internet bietet, gab es ja noch lange nicht. In dieser Resolution hieß es: Die zuständigen Behörden werden auf- gefordert, Maßnahmen zu setzen, um die unzumutbaren Ausbildungszustän- de der Lehrlinge im Gasthaus X, Vöck- labruck, (Besitzer Herr Y) abzustellen. Es geht nicht an, dass Lehrlinge unter dem Deckmantel des Lernens als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden… Es müsste den Behörden in der Zwischen- zeit bekannt sein, dass der Betrieb im Gasthaus X scheinbar nur unter Verlet- zung der Bestimmungen … aufrecht erhalten werden kann. Da alle bis jetzt Unternehmen STOP Die große Kampagne der Gewerkschaftsjugend gegen unzumutbare Ausbildungs­ bedingungen erregte Anfang der 1970er­Jahre viel Aufsehen. » der Verwendung von Lehrlingen zu berufsfremden Arbeiten …; » der Ausnutzung jugendlicher Ar- beitnehmer aufgrund ihrer relativen Unerfahrenheit – zum Beispiel durch Heranziehung zu unbezahlten Über- stunden, … und ähnliches; …. Etwa 10.000 Fragebögen kamen ausgefüllt zurück – ein Riesen-Mobilisierungserfolg. Ihre Auswertung stellte das Arbeitsprogramm der ÖGJ auf eine neue Basis. Ausgewählt und kommentiert von Brigitte Pellar brigitte.pellar@aon.at © S am m lu ng P el la r
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