1 9. Jahrgang (1 993), Heft 4 Wirtschaft und Gesellschaft
zwischen dem Ausmaß der vertikalen Zentralisierung einerseits und
dem Reallohn andererseits.
Berücksichtigt man sowohl die eingangs angestellten Überlegungen
im Hinblick auf Marktmacht, Wettbewerbsverhältnisse und Grad der in
ternationalen Öffnung, welche zu den verschiedenen Modifikationen der
"Buckel"-Hypothese führten, als auch die angeführten Externalitäten,
so bestehen auch in einer offenen Wirtschaft bei Zentralisierung der
Lohnsetzung alles in allem stärkere Anreize zu gemäßigten Lohnforde
rungen als im Falle dezentraler Lohnsetzung (Abbildung 1) . Intermediä
re Zentralisierung, d. h. Lohnsetzung auf Branchenebene, schneidet hin
sichtlich der Beschäftigungseffekte am ungünstigsten ab.
Abbildung 1:
Der Zusammenhang zwischen vertikaler Zentralisierung
und Reallohn in einer offenen Wirtschaft
Reallohn
Firmen- bzw.
Betriebsverhandlungen
Branchen
verhandlungen
Grad der vertikalen
Zentralisierung
Verhandlungen auf
nationaler Ebene
Ferner ist in Rechnung zu stellen, daß die Präferenzen der Gewerk
schaften nicht unabhängig von der Verhandlungsebene sind. (3) Die Be
reitschaft von Betriebsgewerkschaften, gemäßigte Lohnforderungen zu
stellen, hängt von der Arbeitslosigkeit unter den eigenen Mitgliedern ab.
Umfassende Dachorganisationen haben hingegen eine breitere Definiti
on der Insider: Sie berücksichtigen sowohl die Arbeitslosigkeit unter
Mitgliedern als auch unter Nicht-Mitgliedern. Dies führt zu einer im
Verhältnis zu dezentraler Lohnfestsetzung erhöhten Bereitschaft, die
Lohnforderungen zugunsten zusätzlicher Beschäftigung zurückzuneh
men. Der Insider-Outsider-Aspekt liefert mithin ein weiteres Argument
für zentralisierte Lohnsetzung.
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