20. Jahrgang (1994), Heft 4 Wirtschaft und Gesellschaft
KOMMENTARE
Replik
EMMERICH TALOS,
GERDA FALKNER
Replik auf den Kommentar von
Bernhard Schwarz in Wirtschaft und
Gesellschaft 20/3 { 1994) 43 1-434 zu
unserem Artikel "Sozialpolitik auf
dem Rückzug? Tendenzen in west-
europäischen Sozialstaaten" in
Wirtschaft und Gesellschaft 20/2
( 1994) 247-279 .
1. Nach Herrn Schwarz stellt unser
von ihm mit einem Kommentar be
dachter Artikel "in keiner Weise eine
Herausforderung für die aktuelle So
zialpolitik in Europa, wie sie bitter
nötig wäre" , dar. Der unserem Artikel
zugrunde liegende Anspruch war aller
dings ein anderer. Daß dies Schwarz
entgangen ist, ist zwar unverständlich,
aber umso folgenreicher: Nicht nur im
Hinblick darauf, was Schwarz über
haupt perzipiert hat. Es ist auch fol
genreich im Hinblick darauf, was er
selbst, der sich als Gradmesser dafür
versteht, was kritisch ist und was nicht
(S. 434), als Kritik den Leser/innen re
produzierte. Worum es uns geht, haben
wir in der Einleitung unseres Beitrages
klargestellt: die in einem geänderten
Umfeld erfolgten Veränderungen so
zialpolitischer Regelungen verglei
chend zu analysieren und darzustellen.
Im Wortlaut: "Die seit den 80er Jahren
realisierte Sozialpolitik wird in einem
ersten Punkt an acht ausgewählten
westeuropäischen Ländern mit unter-
schiedlicher Größe und verschiedenen
sozialstaatliehen Prinzipien und
Strukturen - Großbritannien, Schwe
den, Frankreich, Deutschland, Italien,
Spanien, Niederlande und Österreich -
aufgezeigt. Zweitens versuchen wir in
vergleichender Perspektive die Ent
wicklungstrends in den - in die Unter
suchung einbezogenen - ,Sozialpoli
tikfeldern' zu analysieren: Es handelt
sich hiebei (A) um den Bereich der
Gleichbehandlung von Mann und
Frau, (B) um die Regulierung von Ar
beitsverhältnissen - am Beispiel der
Arbeitszeit, der Arbeitsformen und des
Bestandsschutzes, (C) um die soziale
Sicherung im Fall der Arbeitslosigkeit
und des Alters. Drittens und abschlie
ßend gehen wir der Frage nach, ob und
inwiefern die Sozialpolitik seit den
80er Jahren durch Kontinuität
und/oder Wandel geprägt ist. " Wenn
Herr Schwarz seinen Zeilen den Titel
"Sozialpolitik in Österreich auf dem
Rückzug?" voranstellt, so ist dies allein
für seine Perzeption unseres Beitrages
zutreffend. Denn er blendet darin die
Darstellung der sozialpolitischen Maß
nahmen und deren Entwicklung in den
anderen Ländern tatsächlich aus. Dies
ist durchaus konsequent, wenn
Schwarz die Auseinandersetzung mit
einer Analyse zur Glaubenssache
macht: "Entweder glaubt man alles,
was im Artikel steht . . . Oder man
glaubt spätestens auf der zweiten Seite
nichts mehr" (S. 434) . Schwarz bezieht
eindeutig letztere Position. Wie immer
er es in Glaubensangelegenheiten hal
ten mag: Glaube ist unseres Erachtens
eine untaugliche Methode, um über das
Zutreffen von Aussagen über die so
zialpolitische Entwicklung zu befin
den. Bemerkenswert ist zudem: Ob
wohl sein Blick auf unseren Beitrag
zum einen ein äußerst begrenzter ist,
wird von ihm andererseits das Fehlen
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