25. Jahrgang ( 1 999), Heft 3 Wirtschaft und Gesellschaft
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Der Euro selbst erlebte, ebenso wie seine Einschätzung durch
Experten und Bevölkeru ng, in seinem kurzen Dasei n (und auch
schon davor) bereits ei nige Berg- und Talfahrten. Im Sommer
1 999 erreichte die Stimmung einen Tiefpunkt, hatte doch der Euro
seit Jahresbeginn gegenüber dem US-Dollar rund 1 2 Prozent, ge
genüber einem gewichteten Währungskorb rund 8 Prozent an
Wert verloren. Ist der Euro doch nicht so stabil wie erwartet? Miß
trauen die internationalen Finanzmärkte wirklich einem sozialde
mokratisch domin ierten Europa, welches bezügl ich Budget
disziplin wieder den Schlendrian walten läßt? Leidet der Euro u n
ter einer fundamentalen Schwäche?
Um diese Frage seriös zu beantworten , muß man zuerst ein
mal den Stabil itätsbegriff etwas präziser defi n iere n , bevor im
nachfolgenden Abschn itt dann d ie Entwicklung des Außenwertes
des Euro beleuchtet werden soll .
Vielfach glauben d i e d urch meh rere Geldentwertungen
traumatisierten Älteren irrigerweise, der Wohlstand hänge (immer
und überall) vom Wechselkurs ab, und sie geben ihre Erkenntnis
auch gerne und nachdrücklich an die nachfolgenden Generatio
nen weiter. Wenn auch selbstverständlich gewisse Beziehungen
zwischen der Entwicklung des Außenwertes einer Währung ei
nerseits und des realen Wertes von Einkommen und Vermögen
andererseits bestehen (wie etwa über die importierte I nflation), so
verlieren diese Zusammenhänge mit abneh mender außen
wirtschaftl ichen Verflechtung und mit der zunehmenden Verwen
dung der eigenen Wäh rung als i nternationale (Handels- und Re
serve-)Wäh rung an Bedeutu ng. Nach Jahrzehnten des Lernans
und Lehrens, in Modellen klei ner, offener Volkswirtschaften zu
denke n , wo der Wechselkurs tatsächl ich eine wichtige Bezugs
größe darstellt, und wo die Fixierung auf den Wechselkurs auch
durchaus rational war, müssen die Bewohner von Euroland offen
sichtlich erst lernen, in den neuen Dimensionen zu denken.
Genau in diesem Punkt hat die dritte Stufe der Wirtschafts- u nd
Währungsunion d ie Rahmenbeding ungen radikal verändert. Wa
ren bislang in den EU-Staaten Außenhandelsverflechtungen um
50 Prozent durchaus üblich (z. B . in den N iederlanden und Belgi
en; in großen Ländern wie Deutschland oder Frankreich immerhin
um 35 Prozent), so werden nun im Euroland 87 Prozent der "na
tionalen" Außenhandelsströme in nerhalb des Gebiets der Ein
heitswährung und nur 1 3 Prozent mit anderen Währungsgebieten
abgewickelt. Diese Veränderung und ihre Konsequenzen und da
mit auch die Stärku ng der internationalen Position der europäi
schen Wirtschaft ist- im Gegensatz zu Japan und den USA 1 , wo
ähnliche Außenhandelsrelationen vorherrschen - noch nicht wirk-
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