33. Jahrgang (2007), Heft 3 Wirtschaft und Gesellschaft
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nach 1945 der Integration der rechts
orientierten Akademiker in den BSA
widmen konnte.
Günther Chaloupeks interessanter
Aufsatz über den mühevollen Umgang
der SPÖ mit der Idee einer Wirtschafts-
planung beschreibt – weitgehend ohne
Waldbrunner-Zitate – das schrittweise
Wachsen der Einsicht, dass eine mehr-
jährige sektorale Datailplanung des
Wirtschaftsablaufs mit zunehmender
Normalisierung im Zuge des raschen
Wiederaufbaus sowohl unmöglich als
auch unnötig wurde. Wenn am Ende
dieses Prozesses in den Fünfziger-
jahren die keynesianische Globalsteu-
erung stand, so wurde diese Wende
kaum theoretisch explizit gemacht
– viemehr scheint man die marktwirt-
schaftliche Liberalisierung und ihre
Erfolge eher „still nachvollzogen“ zu
haben.
Ulrike Felbers Beitrag über öffent-
liche Verwalter als Instrument der Ver-
staatlichung (mit Fragezeichen) rückt
den „Staatskapitalisten“ Waldbrunner
etwas mehr ins Zentrum. Sie betont
die Notwendigkeit, nach 1945 ein-
fach wieder die Wirtschaft physisch in
Gang zu bringen, aber auch das von
Waldbrunner perfekt beherrschte „Be-
setzen von Positionen“. Die wichtige
Rolle des externen Beraters Gustav
Wihrheim und der Treuhand AG beim
ersten Waldbrunner’schen Versuch
der Etablierung der Organisations-
strukturen der künftigen verstaatlich-
ten Industrie beleuchtet übrigens, dass
Waldbrunner hier gar nicht so sehr auf
den Beamtenapparat setzte. Jeden-
falls erwarb er sich damals, in der un-
mittelbaren Nachkriegszeit, beim poli-
tischen Gegner jenen Ruf als äußerst
machtbewusster Politiker, der ihn nie
verlassen sollte.
Robert Stöger hat sich auf nur
zwanzig Seiten dem Thema „Ver-
staatlichte Industrie“ zu widmen – ein
Fragenkreis, dem einst große Werke
gewidmet wurden. Waldbrunners Ära
galt, wie Stöger mit Recht feststellt,
als Blütezeit dieses Sektors. Mit der
damaligen Verankerung des Partei-
enproporzes im Managementbereich
wurden allerdings damals schon die
Keime für schwere spätere Probleme
gelegt, und die Übernahme der zu-
meist sanierungsbedürftigen USIA-
Betriebe, die die „Verstaatlichte“ nach
1955 um ein Viertel vergrößerte, war
auch eine Art Danaergeschenk. Stö-
ger eilt im Schnellgang bis zur großen
Verstaatlichtenkrise der 1980er Jahre
und zur seither herrschenden Perio-
de der Privatisierung, ohne letztere zu
problematisieren.
Nostalgischer dagegen gibt sich Os-
kar Grünwald, der auch die Aktualität
von Waldbrunners Nachkriegsposition
betont. Eine gewisse Parallele zeigt
sich zwischen Fritz Webers Keynesi-
anismus-Beitrag und jenem von Cha-
loupek. Auch Weber behandelt den
Abschied der SPÖ vom Planungsopti-
mismus und den langen Weg von den
unpraktischen marxistischen Formeln
zur Realpolitik, wobei er aber stark auf
die 1930er Jahre zurückgreift und die
fatale Ablehnung jeglicher Arbeitsbe-
schaffung durch marxistische Denker
wie Rudolf Hilferding und Otto Bauer
erörtert. Weber verweist besonders
auf die Gewerkschaften als Bahnbre-
cher des Keynesianismus in der Ar-
beiterbewegung. Mit der Einbindung
Waldbrunners in seine Argumenta-
tionslinie hat er es allerdings etwas
schwer. Der Kraftwerksingenieur war
„kein Theoretiker“.
Im Anschluss daran würdigt Wolf-
gang Maderthaner die „fordistische
Wohlfahrtsstaatlichkeit“ Österreichs,
die ihre eigentliche Blüte erst nach der
weltweiten Energie- und Finanzkrise